Auch für Compliance heißt es jetzt: Umschalten auf Grün!
Autoren: WP StB Ullrich Hartmann, Partner Sustainable Finance, WP Ass. iur, Martina Rangol
Der Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung hat gestern seinen Zwischenbericht „Die Bedeutung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft für die große Transformation“ vorgelegt. Er beinhaltet erste konkrete Handlungsansätze für eine deutsche Sustainable Finance Strategie und kann in einem Konsultationsprozess bis 3. April 2020 kommentiert werden.
Finanzstaatssekretär Dr. Jörg Kukies: „Deutschland soll zum führenden Sustainable Finance-Standort werden. Der Zwischenbericht zeigt, welche Ansätze der Sustainable Finance-Beirat für eine deutsche Sustainable Finance-Strategie sieht. Wir hoffen jetzt, dass sich viele an der Konsultation beteiligen. Wir treiben weitere Initiativen voran. Neben der geplanten Emission grüner Bundeswertpapiere im Jahr 2020 wurde ein Nachhaltigkeitskonzept für bestimmte bundesnahe Anlagen beschlossen. Klar ist aber auch, dass wir nur erfolgreich sein können, wenn Initiativen nicht nur vom Staat ausgehen. Wir sehen nun vor allem die Finanzmarktakteure am Zug.
Quelle: https://www.bundesfinanzministerium.de
Der Sustainable Finance-Beirat hat in eigener Verantwortung einen Zwischenbericht erarbeitet, der als eine erste Diskussionsgrundlage hin zu einer Sustainable Finance Strategie für Deutschland dienen soll.
Sein Zwischenbericht enthält u.a. folgende Empfehlungen an die Bundesregierung:
- Risikomanagement: Einführung der systematischen Berücksichtigung von wesentlichen (auch zukunftsorientierten) Nachhaltigkeitsparametern in das Risikomanagement- und Strategiebildungsprozesse bei allen institutionellen Investoren (z.B. KVGen, Finanzdienstleistungsinstitute) und Kreditinstituten (einschließlich öffentlicher Sektor) – soweit nicht schon durch EU-Vorgaben abgedeckt.
- Produktbezogene Maßnahmen: Als zentrale Empfehlung regt der Beirat ein auf der EU-Taxonomie aufbauendes verpflichtendes Produktklassifizierungssystem an, welches für alle Klassen von Finanzprodukten die Beiträge zu den Sustainable Development Goals und den Pariser Klimazielen deutlich macht. Gleichzeitig enthält der Zwischenbericht auch Vorschläge zur Förderung des Angebots an nachhaltigen Produkten, z.B. für
- Banken: Angebot einfacher Sparprodukte für retail Kunden
- Asset Manager:
- Einführung von sog. Impact Produkten nach der neuen EU Transparenz Verordnung (SFDR) mit besonderen, ggf. vereinfachten Zulassungsanforderungen, z.B. vergleichbar mit Mikrokreditfonds, § 222 KAGB
- Wiederbelebung des Fondsvehikels der Real Estate Investment Trusts (REITs), insbesondere in der Form von Infrastruktur REITs
- Banken, Asset Manager und Versicherungen: Angebot von Altersvorsorgeprodukten mit Sicherungsvermögen, ggf. unterstützt durch erleichterte Fondszulassungen
- Governance- und Anreizsysteme:
- U.a. Unterstützung der EU-Kommission bei der Ausgestaltung von klimagerichteten Steuern;
- Mindestanforderungen an den Kenntnisstand über Nachhaltigkeit für Finanzberater (Vorschläge zur Berücksichtigung im Rahmen der vorgesehenen Änderungen der MiFID II Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 vom 25. April 2016, zuletzt geändert durch EU delegierte Verordnung (EU) 2017/2294 vom 28. August 2017) oder im Rahmen des Referentenentwurfs zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die BaFin).
- Transparenz und Offenlegung sowie Unternehmensberichterstattung
- Erreichung eines hohen Maßes an Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit auf europäischer und internationaler Ebene und Verbesserung des Informationsflusses zwischen Unternehmen der Realwirtschaft und dem Finanzsektor
- Unternehmensberichterstattung: U.a. Erweiterung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten in quantitativer und qualitativer Hinsicht (vgl. dazu auch die aktuelle Konsultation der Europäischen Kommission zur Änderung der Non-financial reporting Directive (NFRD),z.B in Anlehnung an internationale Branchenstandards wie die Principles for Responsible Investments (PRI) oder die Vorschläge des International Integrated Reporting Council (IIRC).
Auch wenn es sich bei dem Zwischenbericht des Nachhaltigkeits-Beirats um allererste Diskussionspunkte für den Umbau des Finanzsektors zu einer nachhaltigen „grünen“ Finanz- und Realwirtschaft handelt, wird immer deutlicher, dass nahezu keine Organisationseinheit das Thema Nachhaltigkeit länger als bloßes „nice-to have“ betrachten sollte.
Stand spätestens mit dem BaFin Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken vom Dezember 2019 die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in das Risikomanagement bei alle Sparten des Finanzsektors auf der Agenda, so spricht der Zwischenbericht z.B. jetzt konkret auch Fragen der Qualifikation der Mitarbeiter in Bezug auf Nachhaltigkeit an, z.B. in der Anlageberatung.
Damit steht auch die Compliance Funktion als wesentliche unternehmensinterne Kontrollinstanz, insbesondere aber auch als unternehmensinterner Berater zu Beginn des neuen Jahrzehnts vor neuen „grünen“ Aufgaben.
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