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Steuern & Recht

Keine aufwandsbezogene Begrenzung der typisierten privaten Kfz-Nutzungsentnahme


Auch wenn die Anwendung der sogenannten 1 Prozent-Regelung voraussetzt, dass das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, bedeutet es nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes nicht gleichzeitig, dass die nach der 1 Prozent-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme auf 50 Prozent der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen ist.

In seinem Betriebsvermögen hielt der gewerblich tätige Kläger in 2009 einen im Jahr 2006 gebraucht erworbenen PKW (Listenpreis einschließlich Umsatzsteuer 64.000 Euro), den er auch privat nutzte. Die Gesamtkosten des PKW ermittelte er mit 11.000 Euro. Circa 50 Prozent dieser Kosten (5.500 Euro) setzte er für die private Nutzung des PKW an. Ein Fahrtenbuch führte er nicht. Der Kläger wollte den Wert der Nutzungsentnahme auf maximal 50 Prozent der Gesamtkosten im Streitjahr begrenzt wissen. Finanzgericht und BFH lehnten dies jedoch ab.

Die private Nutzung sei zwingend nach der 1 %-Regelung zu ermitteln, wenn ein Fahrtenbuch wie vorliegend nicht geführt werde. Eine gesetzliche Grundlage, die Entnahmen für die private Nutzung auf 50 % der tatsächlich entstandenen Kosten zu begrenzen, bestehe nicht. Verfassungsrechtliche oder sonstige logische Bedenken gegen diese Typisierung gebe es nicht. Insbesondere habe der Gesetzgeber den ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Soweit Steuerpflichtige dieser Typisierung entgehen wollten, hätten sie die Möglichkeit, den tatsächlichen Sachverhalt durch die Vorlage eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs nachzuweisen.

Typisierte Pauschalierung der Privatnutzung…
Diese erfolgt mit monatlich 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer. Dies sei, so der BFH, insoweit eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung. Deshalb bleiben individuelle Besonderheiten hinsichtlich Art und Nutzung des Kfz grundsätzlich ebenso unberücksichtigt wie nachträgliche Änderungen des Fahrzeugwertes. Dementsprechend ist der inländische Listenpreis auch dann Bemessungsgrundlage, wenn das Fahrzeug gebraucht angeschafft wurde. Nur wenn das Kfz zu nicht mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, muss die Nutzungsentnahme nach den allgemeinen Regeln mit dem darauf entfallenden Aufwand bewertet werden, gegebenenfalls im Wege einer Schätzung. Der auf die Privatfahrten entfallende Aufwand kann bei einem zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzten Kfz nur dann angesetzt werden, wenn ein Fahrtenbuch geführt wurde beziehungsweise die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Fazit der Richter: Da der Kläger das Kfz zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt und kein Fahrtenbuch geführt hat, ist die 1 Prozent-Regelung die einzig zwingende Folge.

…ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich
Die Typisierung dient der Praktikabilität und der Steuervereinfachung. Der Gesetzgeber verfügt hierbei über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Die Anknüpfung der 1 Prozent-Regelung an den Listenpreis stellt eine „typisierend-pauschalierende Regelung“ dar, die sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bewegt. Es handelt sich um einen sachgerechten Maßstab, wodurch die Entnahmen für die private Lebensführung nach dem Nutzungsvorteil bemessen werden sollen, der dem Steuerpflichtigen zukommt, also auch Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur- und Wartungskosten, Treibstoffkosten erfasst. Der BFH geht noch weiter und hält die 1 Prozent-Regelung sogar für eine „grob“ typisierende Regelung, die aber nie die Grenzen des Zulässigen überschreite. Zum einen betreffe sie einen Bereich, in dem wegen der äußerst engen Verknüpfung zwischen privater und betrieblicher Sphäre einzelfallbezogene Ermittlungen der Finanzverwaltung nahezu ausgeschlossen sind.

Keine Deckelung des pauschalen Privatanteils auf 50 Prozent der tatsächlichen Kosten
Zum anderen sei die 1 Prozent-Regelung nicht als zwingende und unwiderlegbare Typisierung konzipiert. Denn jeder Steuerpflichtige könne deren Anwendung durch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts mittels eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs entgehen. Dies verhindert auch die – vom Kläger ins Feld geführte – Übermaßbesteuerung. Eine Deckelung der Nutzungsentnahme auf die Gesamtkosten kommt für die obersten Steuerrichter deshalb nicht in Betracht beziehungsweise war nicht erforderlich.

Fundstelle
BFH-Urteil vom 15. Mai 2018 (X R 28/15), veröffentlicht am 20. August 2018