Meilenstein für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Wieso die Gründung des International Sustainability Standards Board eine gute Nachricht ist
Auf dem Klimagipfel in Glasgow Anfang November 2021 hat die International Financial Reporting Standards (IFRS) Foundation die Gründung des International Sustainability Standards Boards (ISSB) bekannt gegeben. Das internationale Gremium mit Sitz in Frankfurt am Main soll künftig für weltweit einheitliche Vorgaben bei der Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsinformationen sorgen – ein wichtiger Schritt in Richtung einheitlicher Standards für die Unternehmensberichterstattung zu ESG-Aspekten.
Ob der Klimagipfel in Glasgow ein Erfolg war oder doch eine Enttäuschung – darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Gründung des International Sustainability Standards Boards (ISSB), die in Glasgow verkündet wurde, ist aber definitiv eine gute und wichtige Initiative. Sie ist aus meiner Sicht nicht weniger als ein Meilenstein in der Berichterstattung über Nachhaltigkeit.
Denn das ISSB wird in Zukunft die Schaffung weltweit einheitlicher Standards für das Nachhaltigkeitsreporting verantworten und damit die Grundlage bilden für eine konsistente und weltweit einheitliche Berichterstattung zu Aspekten aus den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG). Somit haben Unternehmen die Werkzeuge zur Hand, um transparent über ESG-Faktoren zu berichten, die ihr Geschäft beeinflussen.
Bis Juni 2022 sollen das Climate Disclosure Standards Board (CDSB) und die Value Reporting Foundation (VRF) im ISSB aufgehen. Diese Ankündigung halte ich ebenfalls für eine positive Entwicklung. Denn der strategische Zusammenschluss trägt dazu bei, dass das ISSB bestehende Standards wirksam weiterentwickeln kann.
Good News – auch für Investor:innen
Auch aus Sicht der Investor:innen ist die Gründung des ISSB eine gute Nachricht. Denn ihr Wunsch nach transparenten Informationen zu ESG-Aspekten ist groß: In unserem „Global Investor ESG Survey“ haben drei von vier Befragten angegeben, dass sie besser informierte Entscheidungen treffen könnten, wenn Unternehmen einheitliche ESG-Standards anwenden würden. Fast ebenso viele Investor:innen sprachen sich in unserer Umfrage dafür aus, dass Unternehmen beim ESG-Reporting auf ein anerkanntes Rahmenwerk setzen.
Dank zweier Prototypen kommt Tempo rein
Es wurden bereits zwei Prototypen veröffentlicht: einer zur klimabezogenen Berichterstattung und ein zweiter zu allgemeinen Anforderungen an die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen.
Diese Prototypen stellen zwar noch keinen offiziellen Standardentwurf dar, sondern dienen nur der Information über die Richtung, die das ISSB im Rahmen der Standardentwicklung einschlagen wird. Dennoch halte ich die Veröffentlichung der beiden Prototypen für sehr hilfreich: Auf dieser Basis kann das neue Board nun sehr schnell vorangehen und sein Ziel erreichen, bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022 den ersten Klimastandard zu veröffentlichen.
Klima hat Priorität – andere ESG-Aspekte sollten schnell folgen
Ich finde es wichtig und richtig, dass sich das ISSB nicht nur auf den Klimaaspekt fokussiert, sondern sich schnell auch anderen ESG-Aspekten widmet. Die Reaktion der Unternehmen auf die Klimakrise ist aktuell am dringlichsten – daran besteht kein Zweifel. Der initiale Fokus auf Klimaaspekte ist daher sinnvoll.
Genauso wichtig ist es aber, auch für andere zentrale ESG-Aspekte schnellstmöglich Standards zu entwickeln. Neben der Offenlegung der CO2-Emissionen spielen für Unternehmen insbesondere soziale Aspekte eine wichtige Rolle, etwa die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter:innen oder Diversität und Inklusion.
Die Standards des IASB werden sich darauf fokussieren, das Bedürfnis der Investor:innen nach Nachhaltigkeitsinformationen zu stillen, um den Unternehmenswert besser beurteilen zu können und fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen. Wir sind jedoch der Ansicht, dass das langfristige Ziel darin bestehen muss, zu einer umfassenderen Berichterstattung über die gesellschaftlichen Auswirkungen von ESG zu gelangen, um den Bedürfnissen breiterer Interessengruppen gerecht zu werden. Diese breite Perspektive wird aktuell von der Europäischen Kommission verfolgt und nimmt in Form der von der EFRAG entwickelten Sustainability Reporting Standards Gestalt an. Diese werden über delegierte Rechtsakte ab 2023 verbindlich in Europa angewendet werden müssen. Langfristig wird es deshalb entscheidend sein, dass eine Harmonisierung von europäischen und internationalen Standards erfolgt. Hier sind EFRAG und ISSB gefordert, künftig eng zusammen zu arbeiten, nicht als Wettbewerber, sondern als Partner.
Die gleiche Messlatte anlegen wie bei finanziellen Informationen
Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass die Standards und Erwartungen an die Berichterstattung zu nichtfinanziellen Aspekten ebenso hoch sein sollten wie für die finanzielle Berichterstattung. Die Gründung des ISSB ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung: Sie bildet die Basis für ein Reporting-System mit weltweit einheitlichen Nachhaltigkeitsstandards, die vergleichbare Kennzahlen und Offenlegungen liefern.
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Nicolette Behncke
Partnerin
Frankfurt am Main