Sustainable Cities: Wieso Städte beim Kampf gegen den Klimawandel eine besondere Rolle spielen

Städte haben eine Vorbildfunktion auf dem Weg zu Net Zero

Im städtischen Raum kommen viele der für die Energiewende wichtigen Themen zusammen: Verkehr, Energie, Industrie, Gebäude und Infrastruktur. Da ergeben sich gute Synergien, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren und zur Erfüllung von Klimazielen beizutragen. Wie das funktionieren kann, zeigen erfolgreiche Modellprojekte (in Deutschland).

Städte spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel, denn sie sind ein großer Emittent von CO2. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt in Städten. Weltweit sind es 57 Prozent, in Deutschland mit knapp 78 Prozent sogar noch mehr. Und der Anteil der Stadtbevölkerung wird weltweit weiter zunehmen.

Außerdem kommen viele der Schlüsselthemen, die für die Energiewende zentral sind, im städtischen Raum zusammen: Verkehr, Energie, Industrie, Gebäude und Infrastruktur – und das sehr kondensiert. Da ergeben sich gute Synergien, um den CO2-Fußabdruck zu verringern.

Drei erfolgreiche Modellprojekte aus Deutschland

1) CO2-freie Wärme für Hamburger Haushalte

Ein gutes Beispiel für erfolgreiche Sektorkopplung ist die Kupferhütte Aurubis in Hamburg. Sie speist industrielle Abwärme ins Fernwärmenetz ein. Das Prinzip der Fernwärme ist zwar nicht neu, das Besondere an diesem Projekt ist aber: Die Wärme entsteht nicht durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, sondern als chemische Reaktion bei der Kupfererzeugung. Die Energie ist also CO2-frei. Mit diesem Projekt lassen sich bald 20.000 Hamburger Haushalte mit Wärme versorgen und bis zu 100.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Meiner Meinung nach sollte industrielle Abwärme überall effizient genutzt werden, wo es Möglichkeiten dazu gibt.

2) Wasserstoff-Züge im Großraum Frankfurt

Im Raum Frankfurt entsteht gerade die weltweit größte Wasserstoff-Zugflotte. Dafür wird Wasserstoff, der im Industriepark Höchst als Nebenprodukt der Chlorproduktion entsteht, genutzt, um emissionsarme Züge in der Region zu betreiben. Ich finde die synergetische Nutzung von Nebenprodukten eine sinnvolle und lohnende Methode zur CO2-Reduktion.

3) Solar-Radweg in der Fahrradstadt Freiburg

Ende 2022 ist in Freiburg der erste Solar-Radweg in Deutschland entstanden. Mehrere Hundert Meter Radweg wurden mit Solarmodulen überdacht. Das Projekt zeigt: Photovoltaik ist im urbanen Raum an sehr vielen Orten umsetzbar. Aus meiner Sicht gehören Photovoltaik-Anlagen auf alle Dächer und Fassaden im urbanen Raum.

Deutsche Städte sparen noch nicht genug CO2

Viele deutsche Städte haben mittlerweile Klimastrategien formuliert und sich Ziele gesteckt. Die derzeitigen Maßnahmen reichen aber häufig noch nicht aus, um die ambitionierten Ziele zu erreichen. Insbesondere im Gebäudebestand, in der Industrie und im Mobilitätsbereich klafft oft eine Emissionslücke. Sprich: Es wird noch nicht genug CO2 eingespart. Der Grund: Die in den Klimastrategien festgelegten Ziele sind häufig freiwillig. Ob die Umsetzung dann funktioniert, hängt davon ab, inwiefern die Politik die Klimaagenda priorisiert und mit voller Kraft vorantreibt.

Wieso es sich lohnt, in grünere Städte zu investieren

Maßnahmen für nachhaltige Städte erhöhen zum einen die Lebensqualität der Menschen und steigern die Attraktivität einer Stadt. Die Reduktion von Emissionen wirkt sich positiv auf das Stadtklima und die Gesundheit der Bewohner:innen aus. Dazu kommen wirtschaftliche Vorteile: Städte mit nachhaltigen Zukunftskonzepten bieten Unternehmen ein hohes Maß an Sicherheit und sind resilienter aufgestellt.

Nichts tun birgt große Risiken für Deutschland

Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung innovativer Technologien zufällt. Bei der Implementierung hinken wir aber häufig hinterher, weil wir aktuell noch zu langsam sind. Wenn wir nicht aufpassen, verlieren wir den Anschluss. Denn viele Länder sind in puncto innovativer Klimaprojekte schon deutlich weiter. So gibt es in Korea beispielsweise weltweit führende Brennstoffzellenkraftwerke. Damit verschaffen sich die koreanischen Technologiefirmen einen Vorteil gegenüber ihren deutschen Wettbewerbern, die für ihre Energieversorgung noch nicht darauf setzen.

Die Erfolgsfaktoren auf dem Weg zu nachhaltigen Städten

Neben der nötigen Investitionssumme kommt es auf weitere Faktoren an, damit der Übergang zu nachhaltigen Städten gelingt:

  • Regulatorik: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Freiwilligkeit nicht funktioniert. Wir benötigen klare Leitplanken wie ein Verbrenner-Verbot und verbindliche Gebäudestandards.
  • Aus- und Weiterbildung: Mit Blick auf den Fachkräftemangel ist es essenziell, die für die Energiewende benötigten Fachkräfte auszubilden. Es gibt aktuell zum Beispiel nicht genügend Handwerker, die Wärmepumpen einbauen. Hier müssen die Lehre und die Industrie schnell reagieren.
  • Alle an einem Tisch: Vertreter von Politik und Industrie, Energieanbieter, Finanzgeber und auch die Bewohner:innen der Stadt müssen gemeinsam an Lösungen arbeiten.

Die wirksamsten Maßnahmen für Städte, um CO2 zu reduzieren

  • Besonders großes Potenzial für die CO2-Reduktion bieten elektrisch betriebene Wärmepumpen, die Reduktion der Beleuchtung und die verbesserte Isolierung von Gebäuden.
  • Wichtig ist zudem der Ausbau und die Dekarbonisierung des ÖPNV, etwa durch elektrische Busflotten, Optionen zum aktiven Transport und die Förderung der Elektromobilität im Individualverkehr.
  • Alternative Brennstoffe und ein gut ausgebautes Fernwärmenetz tragen ebenfalls maßgeblich dazu bei, den CO2-Fußabdruck von Städten zu reduzieren.
  • Insbesondere die Verknüpfung von Aspekten wie Energie, Industrie und Gebäude in Form von Fernwärme aus Industrieprozessen lohnt sich.

Im Endeffekt muss jede Stadt eine genaue Kostenkalkulation vornehmen, mit welchen Maßnahmen und zu welchem Preis sich CO2-Emissionen einsparen und Klimaziele erreichen lassen.

Dabei helfen auch Tools wie das Pathways-to-Paris-Transformationstool von WWF & PwC Deutschland, ebenso wie das Climate Excellence Tool.

Weitere Insights zu nachhaltigen Städten finden Sie in der (englischsprachigen) Studie „Sustainable Cities“.

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Prof. Dr. Jürgen Peterseim

Prof. Dr. Jürgen Peterseim

Director
Berlin

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