Earth Day: Vier Warnsignale für die Gefährdung der nachhaltigen Transformation

Unter dem Motto „Invest in Our Planet“ findet am 22. April der Earth Day statt und erinnert uns an die Verantwortung, die wir gegenüber unserem Planeten haben.

Vieles deutet derzeit aber darauf hin, dass wir dieser Verantwortung in verschiedenen Bereichen noch nicht gerecht werden. Daher blicken wir an dieser Stelle auf vier der drängendsten Warnsignale bei der nachhaltigen Transformation – und zeigen anhand konkreter Handlungsempfehlungen, wie wir diese Herausforderungen angehen können.

1. Der Aufholbedarf bei der Dekarbonisierung wächst rasant.

Widmen wir uns direkt dem Elefanten im Raum: Das Tempo der Dekarbonisierung reicht nicht aus, um die Erderwärmung im erforderlichen Maße zu reduzieren. Unser Net Zero Economy Index 2022 hat gezeigt, dass die weltweite Dekarbonisierungsrate im Jahr 2021 0,49 % betrug. Um das 1,5-Grad-Ziel zu halten, sind aber mindestens 15,2 % erforderlich. Insgesamt braucht es 77 % weniger Emissionen, um die Pariser Klimaziele zu halten, mit einer Steigerung von 1,67 % verzeichnete Deutschland 2021 aber einen Negativtrend. Die gute Nachricht: Deutsche CEOs sind mit ihren ESG-Initiativen auf globaler Ebene vergleichsweise ambitioniert. Unserem CEO Survey zufolge implementieren 81 % der Befragten bereits Maßnahmen, um CO₂-Emissionen zu reduzieren – oder haben diese sogar schon vollständig umgesetzt. Weitere 77 % entwickeln klimafreundliche Produkte oder haben die Entwicklung bereits abgeschlossen.

2. Der Mittelstand ächzt schon jetzt unter den neuen ESG-Pflichten.

Damit uns als Gesellschaft eine ganzheitliche, nachhaltige Transformation gelingt, brauchen wir das Engagement aller Unternehmen – nicht nur das der großen Konzerne. Doch die vielen Krisen haben dem Mittelstand in den vergangenen Jahren enorm zugesetzt. Zusatzbelastungen, wie eine verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung, bringen daher viele Unternehmen an ihre Grenzen. Einer unserer aktuellen Umfragen zufolge misst nur ein Viertel der mittelständischen Unternehmen die Fortschritte ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen. Und nur ein Drittel verfolgt dabei ESG-Kriterien, weil sie dem eigenen Selbstverständnis entsprechen.

Fakt ist, dass Unternehmen auf belastbare Kennzahlen angewiesen sind, um die Transformation zu meistern und sich an den Klimawandel anzupassen. Nur wer die eigenen Fortschritte kennt, kann auch Defizite identifizieren und aufarbeiten. Um diesen Schritt zu erleichtern, haben wir gemeinsam mit dem WEF das Whitepaper „Accelerating Business Action on Climate Change Adaptation” veröffentlicht. Darin untersuchen wir nicht nur die Risiken und Chancen, die mit dem Klimawandel verbunden sind – wir stellen auch einen Rahmen für Unternehmen vor, um einen Ansatz zur Klimaanpassung zu entwickeln.

3. Es klafft bei vielen Unternehmen eine Lücke zwischen ESG-Ambitionen und dem tatsächlichen Umsetzungsgrad.

Eine wichtige Erkenntnis unseres Global ESG in Operations Survey: Guter Wille allein genügt nicht, um die Herausforderungen eines nachhaltigen Wandels zu meistern. Wunsch und Wirklichkeit liegen vielerorts noch weit auseinander. So planen zwar 77 % der Befragten bis 2050 das Net-Zero-Ziel für ihre Wertschöpfungsketten zu erreichen. Doch nur ein Drittel der Unternehmen hat bisher umfassende Maßnahmen umgesetzt, um Emissionen zu reduzieren. Die meisten dieser Initiativen konzentrieren sich zudem auf Scope 1 und 2. Nur 21 % der Unternehmen adressieren mit ihren Initiativen auch Scope-3-Dimensionen. Um hier Boden wettzumachen, müssen Unternehmen ihre ESG-Ziele stärker aus der Führungsebene heraus unterstützen – ein Merkmal, das unter ESG-Champions besonders verbreitet ist. Diese Unternehmen befinden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium des Wandels und haben ihre gesamte Wertschöpfungskette hinsichtlich ESG-relevanter Risiken gut im Blick. Allerdings macht diese Gruppe der Studie zufolge bisher nur 6 % aller Unternehmen aus.

4. Unternehmen setzen dem globalen Rückgang der Artenvielfalt noch zu wenig entgegen.

Laut der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind derzeit mehr als 42.000 Tier- und Pflanzenarten bedroht. Dabei steigen vor allem die klimabedingten Bedrohungen für Meeresarten signifikant an. Um diese Entwicklung zu stoppen, hat sich die Weltgemeinschaft beim 15. Weltnaturgipfel (COP15) auf einen weltweiten Rahmen für den Erhalt der globalen Ökosystem- und Artenvielfalt geeinigt. Um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen, ist aber auch die Wirtschaft zunehmend gefragt. Denn die Umsetzung der Ziele und Vorgaben des Global Biodiversity Frameworks ist auch eine wichtige Voraussetzung, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Biodiversität hängt eng mit dem Klimawandel zusammen – und sollte daher auch von Unternehmen gleichbedeutend mit Aufgaben wie Dekarbonisierung behandelt werden.

Unsere Handlungsempfehlungen

Der Blick auf die Warnsignale an der Schnittstelle von Wirtschaft und nachhaltiger Transformation zeigt, dass weiterhin große Investitionen erforderlich sind, um dem Wandel gerecht zu werden. Das Motto des diesjährigen Earth Days – „Invest in our Planet“ – könnte daher kaum besser gewählt sein. Entscheidend ist nun, dass sich Unternehmen auf vier zentrale Bereiche konzentrieren:

  • Klimarisiken stärker in die unternehmerische Entscheidungsfindung einfließen zu lassen: Ein wichtiger Schritt besteht darin, ein besseres Verständnis dafür aufzubauen, was der Klimawandel für das eigene Unternehmen bedeutet. Eine Analyse der Klimarisiken und -chancen kann Führungskräften dabei helfen, neue Möglichkeiten für Produkte oder Geschäftsmodelle zu identifizieren und sich so Wettbewerbsvorteile zu sichern.
  • Überzeugende Use Cases entwickeln und auf Digitalisierung setzen: Um Zweifler:innen auf Stakeholderseite von Investitionen in den nachhaltigen Wandel zu überzeugen, braucht es starke Argumente. Diese liefern unter anderem belastbare Zahlen und überzeugende Proof of Concepts. Eine grundlegende Voraussetzung: die richtigen Technologien. Denn ohne Digitalisierung ist der Weg zum überzeugenden Anwendungsfall kaum noch zu bewältigen.
  • Biodiversität stärker in den Fokus nehmen: Ein Ziel des Global Biodiversity Frameworks sieht vor, dass Unternehmen ihre Auswirkungen auf die biologische Vielfalt streng überwachen, regelmäßig bewerten und Risiken transparent offenlegen. Ein guter Anlass, um die eigenen Auswirkungen auf biologische Ökosysteme genauer unter die Lupe zu nehmen – zumal auch Regularien wie die SFDR, CSRD oder EU-Taxonomie entsprechende Angaben erfordern.
  • Die Energiewende vorantreiben: Ohne Transformation des Energiesystems keine nachhaltige Transformation – das liegt auf der Hand. Aus diesem Grund ist es elementar, schon jetzt den Umstieg auf erneuerbare Energien zu beschleunigen und die Finanzierung - auch über Fördermittel - sicherzustellen. Nur so nimmt auch die Dekarbonisierung deutlich an Fahrt auf.

Und wie gehen wir selbst als PwC Deutschland mit dem Thema Nachhaltigkeit um?

„Als großes Unternehmen ist es für PwC Deutschland Verantwortung und Chance zugleich, uns für eine nachhaltige und wertebasierte Wirtschaft einzusetzen.“ Daniela Geretshuber
Mitglied der Geschäftsführung PwC Deutschland, CSO

Der Weg zu einer nachhaltigen und wertebasierten Wirtschaft ist anspruchsvoll und komplex. Am Anfang steht das Bewusstsein – Unternehmen müssen im Sinne von good corporate citizens Verantwortung für den Schutz des Planeten übernehmen und das über die Unternehmensgrenzen hinaus.

  • Net Zero: Im Jahr 2020 hat sich das PwC-Netzwerk der Initiative “Business Ambition for 1.5°C” angeschlossen. Alle Mitgliedsfirmen haben sich zu Klimazielen im Einklang mit einer 1,5°C-Erderwärmung und einer Net Zero Zukunft verpflichtet. Für eine erfolgreiche Erreichung haben wir uns bereits wissenschaftlich fundierte Ziele bis 2030 gesetzt und diese durch die Science Based Target Initiative (SBTi) validieren lassen. Diese sogenannten near-term targets beinhalten die Reduzierung unserer CO₂ Emissionen aus Scope 1, 2 und 3 (Business Travel) um 50% bis 2030. Ein weiterer Fokus im Rahmen unserer Net Zero Verpflichtung liegt auf der Dekarbonisierung unserer Wertschöpfungskette.
  • Climate Ambition: Unser Net Zero Commitment sowie weitere Handlungsfelder (z.B. Going Circular, Biodiversität, Chancen & Risiken) fassen wir unter unserer Climate Ambition zusammen. Dabei richten wir unser Handeln auf ein Wirtschaften im Einklang mit den planetaren Grenzen aus. Wir stellen uns entlang unserer Wertschöpfungskette an den Grundsätzen des UN Global Compact auf und leisten einen messbaren Beitrag zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens sowie den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Die Umsetzung unserer Climate Ambition erfolgt im Rahmen unseres nach der ISO 14001 zertifizierten Umweltmanagementsystems, welches wir bereits seit 2011 betreiben.
  • Klima-Risiken und -Chancen: Der Klimawandel kann erhebliche Risiken und Chancen für unser Unternehmen mit sich bringen. Wir arbeiten intensiv daran, diese zu erheben, um sie systematisch in unserem Geschäftsmodell und -betrieb berücksichtigen zu können. Unsere bisherigen Ergebnisse veröffentlichen wir im Rahmen unseres Klimaberichts, der den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) folgt.

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Rainer Kroker

Rainer Kroker

Partner, Sustainability Leader
Berlin

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