Starke KI und neue Liefermodelle gegen Geldwäsche

Moderne Technologie könnte einen Paradigmenwechsel im Kampf gegen Kriminalität bringen.

Geldwäsche boomt weltweit. Professionell agierende Kriminelle kaufen mit Geld, das meist aus Korruption, Bestechung, Raub, Erpressung, Menschen-, Drogen- und unerlaubtem Waffenhandel oder Steuerhinterziehung stammt, gezielt auch in Deutschland Immobilien, Kunst, Wertpapiere, Schmuck, Autos oder andere teure Luxusgüter. So werden jährlich sehr hohe Summen illegaler Einkünfte dem regulären Finanz- und Wirtschaftskreislauf zugeführt und dadurch „gewaschen“.

Der finanzielle Schaden allein in Deutschland soll Schätzung der Europäischen Union zufolge bei etwa 140 Milliarden Euro liegen, und die Europäische Kommission sieht in „Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eine ernsthafte Bedrohung für die Integrität unseres Wirtschaft- und Finanzsystems“. Kein Wunder also, dass der Bundesfinanzminister der Geldwäsche den Kampf angesagt hat. Von mehr Personal, einer Superbehörde mit eigenen Ermittlungsbefugnissen und ganz neuen Methoden, sogar von einem Paradigmenwechsel ist die Rede.

Das Problem der grauen und schwarzen Schwäne

Wie tiefgreifend dieser Paradigmenwechsel werden muss, zeigt der Blick in die Compliance-Industrie. Denn trotz der zahlreichen Software- und technologischen Fortschritte im Bereich RegTechs (Regulatorische Technologie) tun sich nicht nur Banken und Verpflichtete im Nichtfinanzsektor wie die Immobilienbranche, Casinos, Juweliere, Autohändler, Rechtsanwälte und Notare, sondern auch der Staat sehr schwer, echte Geldwäschefälle von den sogenannten False Positives zu unterscheiden.

Das liegt daran, dass die meisten Risiko- und AMLAnsätze („Anti-Money Laundering“) auf einfachen Filtersystemen und klassischen relationalen Datenbanklösungen basieren. Damit sind zwar statistische Ausreißer und Abweichungen innerhalb typischer Transaktionen zu erkennen. Jedoch helfen sie nicht, um „vor die Welle“ zu kommen und auch nicht, um sogenannte graue Schwäne – ganz zu schweigen von den schwarzen – wie Wirecard, Cum Ex, Dankse, Lux Leaks oder Panama Papers frühzeitig zu erkennen.

Es wird nur mit starker KI gehen

Die Frage also, ob es tatsächlich gelingen wird, an die „dicken Fische“ in Sachen Geldwäsche heranzukommen, hängt wesentlich davon ab, wie rasch und systematisch Effizienz und Produktivität der Analysen durch Einsatz von Technologie gesteigert werden kann. Das geht bei der hohen Komplexität grenzüberschreitender Netzwerke aus echten und falschen Identitäten, Konten und Briefkastenfirmen nur mit Hilfe der neuesten Verfahren aus dem Bereich Advanced Data Science und starker Künstlicher Intelligenz (KI).

Das wiederum erfordert jedoch auch neue Liefermodelle seitens der Privatwirtschaft. In Zukunft werden Management-Berater, Start-ups der innovativen Gründerszene und etablierte Technologiedienstleister ihre Kompetenzen nicht mehr sequenziell, sondern von Anfang an integrativ liefern müssen, um Geldwäscheaufklärung effektiver und ihre Prävention überhaupt möglich zu machen.

Eine Kernherausforderung dabei ist: Data Science muss im Fähigkeitenkonzert einen zentralen Platz einnehmen. Evidenzgetriebene Modellierungs- und Simulationsverfahren sind mehr denn je gefragt, gerade wenn es darum geht, amorphe, unsichtbare, schattenartige, widerstandsfähige und weit verzweigte Gebilde wie Geldwäsche- und Terrornetzwerke zu kartieren und aufzuklären. Dies ist nur möglich, wie unter anderem die Aufklärung der Schattennetzwerke von 9/11 gezeigt hat, mit den neuesten Verfahren in der Graphen- und Netzwerkmodellierung.

Digitalisierung und Technologie allein werden nicht reichen

Dafür braucht es die Bündelung von Kompetenzen aus Industrie-Expertise, stringentem Management sowie Expert:innen und Methoden aus dem Bereich Dynamische Systeme, Entscheidungs- und Komplexitätstheorie, die nicht nur „Noise“, das heißt Standardabweichungen von der Norm, detektieren, sondern vor allem Muster, Strukturen und Bedeutung aus vielfältigen Zusammenhängen und Verbindungen zwischen Personen, Konten, Unternehmen und Transaktionen ziehen können, egal ob viele oder wenige Daten vorliegen.

Allein Digitalisierung und die Beschaffung von Technologie werden nicht reichen, um Geldwäsche effektiv zu bekämpfen. Dies wird nur mit neuen Liefermodellen, modernsten methodischen Ansätzen und starker KI gehen, welche das Beste aus allen Welten geschickt miteinander verbinden. Gefordert werden funktionsfähige Prozessketten, von technologischen Lösungen bis hin zu personeller Unterstützung – auch vor dem Hintergrund des immer größer werdenden Fachkräftemangels.

Ansprechpartnerin:
Dr. Caroline Mükusch

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Prof. Dr. Rainer Bernnat

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Frankfurt am Main

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