Neue Kriterien für „grünen“ Wasserstoff
Durch eine europaweite Neuregelung könnte ein funktionierender Wasserstoffmarkt entstehen.
Die EU-Kommission hat im Juni 2023 die lang erwartete Delegierte Verordnung (EU) 2023/1184 verabschiedet. Nun lässt sich Strom, der zur Erzeugung von Wasserstoff (H2) bzw. von H2-Derivaten (renewable fuels of non-biological origin/RFNBO) genutzt wird, nach festgelegten Kriterien als erneuerbar („grün“) qualifizieren. Dadurch ist erneuerbarer Wasserstoff künftig auch im Treibhausgas (THG)-Quotenhandel einsetzbar. Damit der zur H2-Erzeugung genutzte Strom als erneuerbar gelten kann, muss er drei wesentliche Kriterien erfüllen: Zusätzlichkeit sowie zeitliche und geografische Korrelation.
Sektorübergreifende Relevanz
In Deutschland werden die Vorgaben der Delegierten Verordnung unverändert mit der 37. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) umgesetzt. Ein Referentenentwurf liegt vor. Die Regelungen galten ursprünglich nur für die THG-Quote und damit ausschließlich für den Verkehrssektor. Doch über entsprechende Verweise sind die Kriterien auch für das Erneuerbare-Energien-Gesetz relevant.
Wasserstoff auf die THG-Quotenverpflichtung anzurechnen, soll künftig zulässig sein, wenn die Anforderungen an den im Elektrolyseur zur Wasserstoff- bzw. RFNBO-Herstellung eingesetzten Strom erfüllt sind. Außerdem muss die RFNBO-Nutzung die Treibhausgasemissionen um mindestens 70 Prozent senken. Die neuen Kriterien betreffen ausschließlich die Erzeugung erneuerbaren Wasserstoffs nicht biogenen Ursprungs. Wasserstoff aus biogenen Quellen kann bereits seit dem 1. Juli 2023 auf die THG-Quote angerechnet werden – etwa Wasserstoff aus biogenem Abfall.
Klarheit für Geschäftsmodelle
Mit seinem Einsatz im THG-Quotenhandel lassen sich perspektivisch Zusatzerlöse für erneuerbaren Wasserstoff generieren – insbesondere mit Blick auf potenziell steigende THG-Quotenpreise. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Preisdiskussion im Zusammenhang mit der Wasserstoffproduktion ist die Neuregelung positiv, weil sie mehr Klarheit für potenzielle Geschäftsmodelle schafft.
Dies ist wichtig, damit Unternehmen Projekte angehen, aus ihnen lernen – und so Technologiesprünge überhaupt erst ermöglichen. Und diese braucht es, damit in den kommenden 10 bis 15 Jahren ein funktionierender Markt für erneuerbaren Wasserstoff entstehen kann.
Ansprechpartner:
Matthias Stephan
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Prof. Dr. Rainer Bernnat
Partner
Frankfurt am Main