Liquiditätsrisiko - Nur eine Rückkehr zur Normalität oder doch mehr?

Am 15. Juni 2023 hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ihren nunmehr dritten Bericht zur Überwachung der Umsetzung der Liquiditätsdeckungsquote und der strukturellen Liquiditätsquote veröffentlicht.

EBA Report #3 LCR und NSFR

Auf Grundlage der ihr vorliegenden Meldedaten hat die EBA den von Banken in der EU zu deckenden Liquiditäts- und Finanzierungsbedarf untersucht, der benötigt wird, um die aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen LCR- und NSFR-Niveaus einzuhalten.

Kernstück der Analyse sind die potenziellen Auswirkungen der bevorstehenden Rückzahlung von Zentralbankmitteln im Wesentlichen aus der Rückzahlung der gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTRO) der EZB auf die LCR und die NSFR sowie ein potenzielles Szenario eines höheren Liquiditätsrisikos, das sich im Zusammenhang mit einem höheren Zinsumfeld, Inflations- und Rezessionsrisiken insbesondere auf Staatsanleihen, Derivate und Repo-Märkte auswirkt. Zu diesem Zweck entwickelte die EBA verschiedene Projektionen für die Entwicklung der LCR- und NSFR-Werte in den Jahren 2023 und 2024, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

  • Durch die Rückzahlung ausstehender Wertpapierleihgeschäften im Kontext des Auslaufens der TLTRO werden sich die zur Verfügung stehenden liquiden Aktiva reduzieren. Gleichzeitig sinkt damit die Höhe der belasteten Vermögensgegenstände und wirkt dem zuvor genannten Effekt in der LCR entgegen. Analog verhält sich das Auslaufen der TLTRO-Tender auf die NSFR mit einem Rückgang sowohl in der verfügbaren als auch der benötigten Refinanzierung.
  • Infolge der Leitzinserhöhung werden die Marktwerte von Wertpapieren des Liquiditätspuffers - insbesondere sog. Level 1-fähiger Staatsanleihen - absinken mit negativen Auswirkungen auf die LCR.
  • Aus der Kombination von Faktoren wie dem Zinsanstieg, einer höheren Länderrisikoprämie und einer sich eintrübenden Konjunktur werden die Marktwerte von zur Sicherung gestellten Vermögenswerten sinken, Nachschusspflichten im Zusammenhang mit Derivaten auslösen und damit zu erhöhten Liquiditätsabflüssen führen. Auch hierdurch ist mit einem negativen Effekt auf die LCR und NSFR-Level zu rechnen.

Ausgehend von den prognostizierten Auswirkungen auf die Liquiditätsquoten beleuchtet die EBA die potenziellen Finanzierungsalternativen - insbesondere für die auslaufenden TLTRO-Geschäfte. Hierzu wird eine Kombination aus den folgenden Instrumenten angenommen:

  • Beschaffung von Einlagen
  • Ausgabe von gedeckten Schuldverschreibungen
  • Emission von vorrangingen Schuldtiteln

Infolge des Zinsanstiegs seit Mitte des Jahres 2022 sind bei den genannten Finanzierungsquellen die Kosten für die Liquiditätsbeschaffung signifikant gestiegen. Vor diesem Hintergrund appelliert die EBA an die Banken ihre Finanzierungspläne auf den Prüfstand zu stellen.

Diese sollten die notwendige Ersetzung der Zentralbankfinanzierung in Betracht ziehen, sinnvolle Finanzierungsalternativen für LCR und NSFR gleichzeitig berücksichtigen und alle potenziellen zusätzlichen Risiken einbeziehen, die im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld entstehen könnten, um die Einhaltung der vorgeschriebenen Liquiditätsmindestanforderungen sicherzustellen.

Nächste Schritte:

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass infolge der Abkehr von der Nullzins-Politik die Liquiditätsrisiken für Banken wieder an Bedeutung gewinnen. Nicht zuletzt der Zusammenbruch einer Reihe von US-Regionalbanken und die anschließenden Marktturbulenzen können hierfür als mahnende Beispiele der jüngsten Vergangenheit ins Feld geführt werden.

Mit dem Fokus auf dem Thema Liquidität reagiert die Aufsicht auf die angesprochenen Entwicklungen im Jahr 2023 und auch bei den Instituten sollte das Thema hoch auf der Agenda stehen. Zur Verbesserung ihrer Liquiditätssituation stehen den Banken vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung. Hierzu zählen:

  • Die Optimierung von Refinanzierungsquellen
  • Die Analyse von speziellen Positionen wie operativen Einlagen und HQLA-fähigen Wertpapieren und deren bestmögliche Abbildung in den Prozessen zur Einhaltung der Säule I-und Säule II-Anforderungen
  • Die Weiterentwicklung von internen Liquiditätsrisikomodellen im Rahmen der Banksteuerung

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Christoph Himmelmann

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