Liquiditätssteuerung im Wandel
Neue Impulse aus dem vierten EBA-Monitoringbericht
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 14. Mai 2025 ihren mittlerweile vierten Bericht zur Überwachung der Liquiditätskennzahlen LCR (Liquidity Coverage Ratio) und NSFR (Net Stable Funding Ratio) veröffentlicht. Der Bericht wird vor dem Hintergrund der Marktturbulenzen im März 2023 veröffentlicht, die die Relevanz einer stärkeren Überwachung von Liquiditätsrisiken verdeutlichten. Er ergänzt frühere Veröffentlichungen aus den Jahren 2019, 2021 und 2023 und zielt darauf ab, divergierende Auslegungspraxen zu harmonisieren und mehr Klarheit bei der Anwendung regulatorischer Vorgaben zu schaffen.
Behandlung von offenen Reverse-Repo-Geschäften
So werden die in der EBA Q&A 2024_7053 angesprochenen Nachweise zur Anerkennung von Liquiditätszuflüssen aus offenen Reverse-Repo-Geschäften im Rahmen der LCR-Berechnung konkretisiert. Grundsätzlich wird von der Fortführung der Geschäfte ausgegangen, es sei denn, die Institute können der Aufsicht nachweisen, dass sie bei Bedarf deren Beendigung erwirken können. Die EBA beschreibt dazu zwei mögliche Nachweiswege:
- Der erste Ansatz basiert auf der internen Liquiditätsrisikopolitik der Bank. Diese muss klar definieren, welche Ereignisse das Ziehen der offenen Reverse-Repo-Geschäfte auslösen – und sicherstellen, dass dies innerhalb eines festgelegten Zeitraums erfolgt.
- Der zweite Ansatz stützt sich auf historische Beobachtungen: Wenn eine Bank nachweisen kann, dass sie in Stressphasen regelmäßig auf eine Verlängerung solcher Geschäfte verzichtet hat, dürfen entsprechende Zuflüsse berücksichtigt werden.
Abgrenzung von operativen Einlagen
Darüber hinaus stellt die EBA fest, dass sich bei einigen Banken der gemeldete Bestand an operativen Einlagen erhöht und gleichzeitig der weniger vorteilhaft anzurechnende Überschuss an operativen Einlagen reduziert hat. Aufgrund dessen konkretisiert sie ihre Erwartungen an die Klassifikation im Rahmen der LCR-Ermittlung:
- Banken sollen nachvollziehbar darlegen, welche Einlagen tatsächlich operativen Charakter haben – etwa durch stabile Kundenbeziehungen oder vertragliche Einschränkungen bei der Verfügbarkeit.
- Bei der Bestimmung überschüssiger Einlagen wird empfohlen, den zugrunde liegenden Handelszyklus realistisch zu modellieren und auf konservative statistische Methoden zurückzugreifen.
Abbildung: Gewichtete LCR der 84 Institute, die ihre operativen Einlagen erhöhten und die überschüssigen operativen Einlagen verringerten.
Privilegierungsvoraussetzungen für Privatkundeneinlagen
Auch die Voraussetzungen für von der Anrechnung auf die LCR-Abflüsse ausgenommenen Privatkundeneinlagen werden erneut beleuchtet. Hierbei stellt die EBA eine Erhöhung der gemeldeten Einlagen im Jahr 2023 fest. Sie betont deshalb, dass die Definition einer „materiellen“ Strafzahlung als Voraussetzung zur Anwendung der Privilegierung besonders in einem volatilen Zinsumfeld kritisch zu prüfen ist – beispielsweise dann, wenn attraktive Alternativangebote anderer Banken den Anreiz zur vorzeitigen Kündigung erhöhen. Banken sollten zudem über belastbare Daten verfügen, die belegen, dass bei vorzeitigen Auflösungen tatsächlich Strafzahlungen erhoben wurden – auch in Phasen steigender Zinsen.
Ausweitung des Anwendungsbereichs für interdependenten Vermögenswerte und Verbindlichkeiten
Abschließend wird die Behandlung interdependenter Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf Grundlage von Artikel 428f der CRR im Rahmen der NSFR thematisiert. Diesbezüglich ergänzt die EBA ihre bisherigen Empfehlungen aus dem Jahr 2023, indem sie insbesondere auf indirekte Derivate-Clearing-Aktivitäten eingeht. Sie kommt zu dem Schluss, dass diese – sofern vertraglich festgelegt keine Garantien gegenüber Kunden bestehen – kein höheres Refinanzierungsrisiko darstellen als direkte Clearing-Beziehungen. Die EBA empfiehlt daher, die bestehenden Regelungen entsprechend zu erweitern, um alle Formen indirekter Clearing-Aktivitäten abzudecken.
Nächste Schritte:
Die aktuellen Entwicklungen rund um die LCR und NSFR zeigen: Die seitens der Aufsicht steigenden Anforderungen an das Liquiditätsmanagement werden komplexer. Die EBA konkretisiert ihre Erwartungen und Institute sind gut beraten, ihre Prozesse, Klassifikationen und Nachweislogiken kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
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