EBA finalisiert Leitlinien zur Risikogewichtung von ADC-Exposures
Konkretisierung der Anforderungen für Wohnimmobilien
Am 1. Juli 2025 hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ihre finalen Leitlinien (EBA/GL/2025/03) zur Anwendung eines reduzierten Risikogewichts auf ADC-Exposures (Acquisition, Development and Construction, deutsch: Risikopositionen aus Grunderwerb, Erschließung und Bau) in Bezug auf Wohnimmobilien veröffentlicht (Link). Die Leitlinien konkretisieren die Bedingungen, unter denen Institute künftig unter spezifischen Voraussetzungen statt eines Risikogewichts von 150% ein reduziertes Risikogewicht von 100 % gemäß Artikel 126a Abs. 2 CRR ansetzen dürfen.
Einordnung und Hintergrund
Im Rahmen der Einführung der CRR III zum 1. Januar 2025 bilden die ADC-Risikopositionen eine neu geschaffene Unterkategorie innerhalb der durch Grundpfandrechte besicherten Risikopositionen im Kreditrisikostandardansatz (KSA).
Sie umfassen Engagements gegenüber Unternehmen oder Zweckgesellschaften, die Wohn- oder Gewerbeimmobilien erwerben, erschließen oder errichten. Aufgrund der inhärenten Projekt- und Marktunsicherheiten gelten diese Positionen per se als risikobehafteter und werden mit einem pauschalen KSA-Risikogewicht von 150% unterlegt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch ein reduziertes KSA-Risikogewicht von 100% für Wohnimmobilien zulässig.
Zur Spezifizierung dieser Voraussetzungen hat die EBA nun Leitlinien gemäß Art. 126a Abs. 3 CRR veröffentlicht. Damit setzt die EBA einen wichtigen Baustein des EU-Bankenpakets um und schafft zugleich mehr Klarheit für die Institute.
Zentrale Voraussetzungen für die Anwendung des 100%-Risikogewichts
Ein zentraler Bestandteil der neuen Leitlinien ist die Definition der Voraussetzungen, unter denen Institute für ADC-Exposures an Wohnimmobilien ein reduziertes Risikogewicht von 100% ansetzen dürfen. In jedem Fall sind solide Bau- und Überwachungsstandards einzuhalten. Zudem muss eines der zwei nachfolgenden Kriterien erfüllt sein:
Das erste Kriterium gilt gemäß Art. 126a Abs 2 Buchstabe a) CRR:
a. „Rechtsverbindliche Vorverkaufs- oder Vormietverträge, bei denen der Käufer oder Mieter eine erhebliche Bareinlage hinterlegt hat, die bei Vertragsbeendigung eingezogen wird, oder bei denen die Finanzierung auf gleichwertige Weise sichergestellt ist, oder rechtsverbindliche Verkaufs- oder Mietverträge, einschließlich derer, in deren Fall die Zahlung entsprechend dem Fortschritt der Bauarbeiten in Raten erfolgt, machen einen erheblichen Teil der gesamten Verträge aus“;
Hinsichtlich der Definition der erhebliche Bareinlage wurden zwei getrennte Schwellenwerte festgelegt:
- für Vorverkaufsverträge gilt eine Schwelle von mindestens 10% des Verkaufspreises, und
- für Vormietverträge gilt mindestens das Dreifache der monatlichen Miete.
Im Hinblick auf den Begriff der Finanzierung auf gleichwertige Weise spezifizieren die EBA-Leitlinien, dass zwei gleichwertige Maßnahmen als Bareinlage anerkannt werden: geleistete Ratenzahlungen sowie auf einem separaten Konto verwahrte Barmittel, die beide bei Vertragsauflösung verfallen können.
Als Definition für den erheblichen Teil der gesamten Verträge gilt eine Mindestgrenze von 50%.
Folglich gilt, dass, sofern zusätzlich zu soliden Bau- und Überwachungsstandards eine vertragliche Absicherung durch 50% der gesamten Verträge anhand der genannten Kriterien sichergestellt ist, ein Risikogewicht von 100% angesetzt werden kann.
Alternativ kann für eine Erleichterung das zweite Kriterium gemäß Art. 126a Abs 2 Buchstabe b) CRR in Betracht gezogen werden:
b. „für den Schuldner besteht ein erhebliches Eigenkapitalrisiko im Sinne eines angemessenen Betrags an vom Schuldner beigetragenem Eigenkapital im Verhältnis zum Wert der Wohnimmobilie bei Fertigstellung.
Die Definition des angemessenen Betrags an vom Schuldner beigetragenem Eigenkapital bedeutet, sofern der Schuldner mindestens 25% Eigenkapital bezogen auf den Immobilienwert bei Fertigstellung einbringt, kann eine Erleichterung in Anspruch genommen werden. Als erhebliches Eigenkapital zählen auch konkret in den Leitlinien (EBA/GL/2025/03, Paragraph 20) benannte Leistungen wie Eigenmittel, Grundstücke oder bereits erbrachte Baukosten.
Erleichterungen für sozialen Wohnungsbau
Für Projekte des sozialen Wohnungsbaus gelten ergänzend erleichterte Bedingungen: Die Schwelle für das einzubringende Eigenkapital liegt hier bei 20%. Zudem kann auf den Nachweis vertraglicher Bindungen verzichtet werden, wenn belegt werden kann, dass die Nachfrage nach Wohnraum das verfügbare Angebot auf Projekt- oder Gemeindeebene übersteigt. Darüber hinaus werden auch zugesagte – noch nicht ausgezahlte – Fördermittel, Zuschüsse oder nachrangige Darlehen mit Vorzugszinssätzen als Eigenmittel berücksichtigt.
Handlungsempfehlung für Institute
Offiziell werden die Leitlinien (EBA/GL/2025/03) zwei Monate nach der Veröffentlichung der Leitlinien in allen EU- Amtssprachen in Kraft treten. Dass sich die jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden über das „Comply-or-Explain“-Verfahren gegen eine Übernahme der Leitlinien in die Aufsichtspraxis entscheiden werden, ist typischerweise nicht zu erwarten. Das Datum der Erstanwendung dürfte demnach in nicht allzu weiter Ferne liegen.
Laut einer EBA-Studie (QIS) vom Dezember 2023 erfüllen rund 32% der ADC-Exposures der betrachteten europäischen Banken die neuen Anforderungen – was eine potenzielle Reduktion der RWA um 10,6% in diesem Bereich bedeutet. Für Institute ergibt sich hier ein konkreter Hebel zur Eigenmittelentlastung – sofern die relevanten Parameter systematisch erhoben und belegt werden können. Aufgrund der Einführung des Output Floor können auch IRBA-Institute von dieser Konkretisierung profitieren.
Zudem wird die Umsetzung der Leitlinien nicht nur die risikogewichtete Bewertung von ADC-Exposures beeinflussen, sondern auch Anforderungen an Vertragsdokumentation, Projektstrukturierung sowie Datenverfügbarkeit stellen. Folgende Maßnahmen sollten Institute jetzt prüfen:
- Portfolioanalyse: Identifikation und Bewertung bestehender ADC-Exposures im Hinblick auf die neuen Kriterien (bspw. Anteil rechtsverbindlicher Vorverkaufs- oder Vormietverträge, erhebliches Eigenkapital, Fördermittelanteil).
- Anpassung interner Prozesse: Nachweisführung für Bareinlagen, Vorverträge oder Förderzusagen, Dokumentationspflichten und Kontrollprozesse im Kreditprozess sowie IT-seitige Abbildung und Reporting-Fähigkeit der relevanten Parameter
- Aufsichtsdialog: Frühzeitige Einbindung der zuständigen Aufsicht zur Klärung von Auslegungsfragen – insbesondere bei der Behandlung von Mischprojekten oder Fördermitteln.
Fazit
Die neuen EBA-Leitlinien zu ADC-Forderungen schaffen einen europaweit einheitlichen Rahmen zur Risikobewertung von Wohnimmobilienentwicklungen. Sie bieten Banken unter bestimmten Bedingungen einen aufsichtsrechtlichen Vorteil durch reduzierte Eigenmittelanforderungen, erfordern aber zugleich präzise Daten, belastbare Prozesse und ein aktives Management der Projektstruktur.
Insbesondere für Institute mit relevanten Engagements im Bauträger- und Wohnungsbausegment besteht akuter Handlungsbedarf, um frühzeitig regulatorische Chancen zu nutzen und Risiko zu begrenzen.
Mit der finalen Umsetzung der CRR III beginnt für Institute die Phase der operativen Anwendung und laufenden Optimierung. Auch nach der Erstmeldung bleibt der Handlungsdruck hoch – sei es bei der Interpretation neuer Detailregelungen, der Integration in bestehende Prozesse oder bei der Erschließung von Potenzialen zur Eigenmittelentlastung.
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