Große Bühne und langer Atem für innovative Klimaschutztechnologien

Ergebnisse unseres „State of Climate Tech“-Berichts

Die diesjährige Jahrestagung des World Economic Forum (WEF) hat gezeigt, dass innovative Klimaschutztechnologien mehr Aufmerksamkeit brauchen. Noch immer kommen die Kapitalströme nicht dort an, wo sie den größten Effekt haben könnten. Um unterfinanzierte, aber vielversprechende Technologiebereiche besser zu fördern, müssen aber auch die Anleger umdenken.

Von emissionsfreien Lieferketten über die richtigen Infrastrukturen für saubere Energie bis zur Finanzierung wichtiger Dekarbonisierungslösungen am Kapitalmarkt – das Zusammenspiel von Technologien und nachhaltiger Transformation war auf dem diesjährigen WEF in Davos präsenter denn je. Innovative Klimaschutztechnologien nehmen auf dem Weg zur Netto-Null-Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle ein. Das zeigt auch unser aktueller „State of Climate Tech“-Bericht, der weiterhin hohe Investitionen in dem Bereich verzeichnet: Rund ein Viertel des weltweiten Wagniskapitals entfiel 2022 auf diesen Sektor. Eine ordentliche Zwischenbilanz, aber noch lange nicht genug. Um im großen Stil langfristig etwas zu verändern, müssen die finanziellen Mittel noch gezielter in wirksame Technologien und Innovationen fließen. Nur so stellen wir sicher, dass sich die Lösungen auf ein Maß skalieren lassen, in der sie ihre volle Wirkung bei der Bekämpfung des Klimawandels und dessen Folgen entfalten.

Climate Tech als Frühwarnsystem

Um die Tragweite innovativer Klimaschutztechnologien für die nachhaltige Transformation zu verstehen, hilft ein Blick auf die konkreten Lösungen und Geschäftsmodelle entsprechender Unternehmen. Denn Climate Tech ist weitaus mehr als E-Mobilität oder erneuerbare Energien. Besonders spannend finde ich zum Beispiel das Zusammenspiel von IoT und digitalen Zwillingen, um die Folgen des Klimawandels besser zu verstehen und frühzeitig auf gefährliche Entwicklungen zu reagieren. So können datengetriebene Technologien in von Klimarisiken gefährdeten Regionen etwa frühzeitig auf extreme Wetterphänomene, wie Fluten oder Hitzewellen hinweisen. In solchen Anwendungsfällen dient Climate als Frühwarnsystem. Mindestens genauso spannend sind die immer kreativeren Wege, über die Unternehmen bereits ausgestoßenes CO2 aus der Luft filtern und binden – zum Beispiel in speziellen Baustoffen, die dann wiederum für eine klimafreundliche Stadtplanung eingesetzt werden können oder Carbon Capture and Storage (unterirdischen Speicherung von CO2).

Geduld ist das Gebot der Stunde

So einfallsreich viele Start-ups bei der Bekämpfung des Klimawandels auch sein mögen – selbst die innovativsten Technologien benötigen Kapital. Der „State of Climate Tech“-Bericht zeigt jedoch ausgerechnet bei der für die Skalierung wichtigen Frühphasenfinanzierung einen klaren Negativtrend. Zugleich haben wir festgestellt, dass der allgemeine Rückgang an Risikokapitalinvestitionen in die Klimatechnologie insofern nicht ungewöhnlich ist, als dass er im Prinzip den gängigen Marktzyklen folgt. So kommt nach einer Phase des Wachstums eben auch irgendwann wieder eine Abnahme der Investitionen. Weil wir uns diese Negativentwicklung hier aber am wenigsten erlauben dürfen, braucht es auch bei den Anlegern ein grundlegendes Umdenken. Geduld ist das Gebot der Stunde, denn die Entwicklung komplexer Klimatechnologien übersteigt oft die üblichen Lebenszyklen des Wagniskapitals. Zugleich wird deutlich, dass es starke Mechanismen braucht, um die Kapitalströme in die richtige Richtung zu lenken. Ob Regularien wie die EU-Taxonomie das leisten können, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.

Zu viel Wagniskapital fließt in ausgetretene Pfade

Der aktuelle „State of Climate Tech“-Bericht zeigt, dass ein grundlegendes Problem aus dem vorherigen Berichtszeitraum weiterhin bestehen bleibt: die Schieflage bei der Verteilung der finanziellen Mittel auf die verschiedenen Technologiebereiche. So ging zwischen dem jeweils dritten Quartal von 2021 und 2022 fast die Hälfte der Climate-Tech-Investitionen in den Bereich Mobility – dieser machte 2019 aber lediglich 15 % der globalen Emissionen aus. Der weltweite Industriesektor hatte dagegen im gleichen Zeitraum einen Anteil von 34 % an den globalen Emissionen, konnte sich insgesamt aber nur 9 % des Climate-Tech-Risikokapitals sichern. Ein ähnliches Ungleichgewicht sehen wir auch, wenn wir die Reifegrade einzelner Technologien mit dem Potenzial zur Emissionsreduzierung vergleichen. So benötigen besonders vielversprechende Lösungen wie Food-Waste-Technologien oder Carbon Capture and Utilization (CCU) oft noch viel Entwicklungszeit, während Sektoren wie die Elektromobilität trotz ihres vergleichsweise geringen Impacts bereits weitgehend ausgereift sind.

Potenzielle Investoren besser erreichen

Um Climate-Tech-Investitionen und Impact besser in Einklang zu bringen, braucht es nicht nur geduldige Investoren, sondern auch eine größere Bühne für Klimaschutztechnologien abseits ausgetretener Pfade. Das WEF hat in diesem Jahr gezeigt, dass es diese Bühne bieten kann. Durch die Schaffung von Plattformen und Veranstaltungen, die Climate-Tech mehr Aufmerksamkeit widmen, können Unternehmen und Start-ups ihre Ideen einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen und auch potenzielle Investoren besser erreichen. Zugleich sollten sich Akteure aus der Branche aber auch neuen Finanzierungsmechanismen öffnen und beispielsweise Börsengänge über Akquisitionszweckgesellschaften häufiger in Betracht ziehen. Nur wenn alle Faktoren sinnvoll ineinandergreifen, können wir kritische Technologien für die nachhaltige Transformation in einem der Dringlichkeit angemessenen Zeitrahmen skalieren.

Weiterführende Links:

Zu weiteren PwC Blogs

Kontakt

Rainer Kroker

Rainer Kroker

Partner, Sustainability Leader
Berlin

Zum Anfang