Dekarbonisierung der Raumfahrtindustrie

Wie sich die Emissionen in der boomenden Raumfahrtbranche reduzieren lassen

Die Raumfahrtindustrie boomt: Durch die steigende Nachfrage von Privatunternehmen nach Satelliten und das wachsende Interesse am Weltraumtourismus wächst die Branche rasant. Was nach technologischem Fortschritt klingt, hat jedoch weitreichende Folgen für das Klima: Denn mit fossilen Brennstoffen betriebene Trägerraketen emittieren große Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre. Wir haben im Rahmen einer Fallstudie untersucht, wie sich der ökologische Fußabdruck der Branche durch eine Umstellung auf nachhaltige Treibstoffe und Materialien reduzieren lässt.

Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken und die weltweiten Emissionen mittelfristig auf Netto Null zu reduzieren, müssen alle Branchen ihren Beitrag leisten – auch die Raumfahrtindustrie. Vor diesem Hintergrund haben wir im Rahmen einer Fallstudie den ökologischen Fußabdruck der in der Raumfahrtindustrie verwendeten Trägerraketen-Treibstoffe betrachtet und die Auswirkungen bewertet, die eine Umstellung auf nachhaltige Treibstoffe und Materialien auf die Branche und deren ökologischen Fußabdruck haben würde.

Dekarbonisierung ist machbar – und sinnvoll

Der Schlüssel zur Dekarbonisierung der Raumfahrtindustrie ist die Nutzung nachhaltiger Raketentreibstoffe. Denn die CO₂-Intensität könnte durch die Verwendung solcher Treibstoffe um bis zu 93 % geringer ausfallen im Vergleich zu fossilen Treibstoffen.

Die gute Nachricht: Die Umstellung auf nachhaltige Raketentreibstoffe hat nur sehr begrenzte Auswirkungen auf die Gesamtkosten pro Kilogramm Nutzlast, die ins All befördert wird. Die Dekarbonisierung von Raketentreibstoffen und Trägermaterialien in großem Stil ist also machbar und sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht absolut sinnvoll.

Drei Trägerraketen, eine Tendenz

Um zu eruieren, inwiefern sich CO₂-Emissionen senken lassen, haben wir untersucht, wie nachhaltige Treibstoffe in den aktuellen Startbetrieb der Raumfahrtindustrie implementiert werden könnten und welche Emissionsreduzierungen durch die Dekarbonisierung der Lieferkette der Raketenherstellung möglich sind.

Dafür haben wir für drei exemplarische Trägerraketen unterschiedlicher Hersteller die CO₂-Reduzierung und die Kostenauswirkungen bewertet, die durch die Verwendung nachhaltiger Raketentreibstoffe im Startprozess entstehen.

Zusätzlich zu den Emissionen aus fossilem und nachhaltigem Raketentreibstoff haben wir auch die CO₂-Emissionen untersucht, die bei der Herstellung von Trägerraketen entstehen, insbesondere den CO₂-Fußabdruck der Baumaterialien der jeweiligen Raketen.

Bei unserer Analyse sind wir zu folgenden Ergebnissen gekommen:

  • Alle derzeitigen fossilen Brennstoffe können mit bereits verfügbaren Technologien nachhaltig aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden.
  • Nachhaltige Kraftstoffe werden in den nächsten 10 Jahren preiswerter sein als fossile Brennstoffe. Das gilt insbesondere, weil viele Raketenstarts in Regionen stattfinden, in denen es ausreichend Zugang zu erneuerbaren Ressourcen gibt.
  • Auch der CO₂-Fußabdruck der Trägerraketen selbst wird im Laufe der Zeit sinken, da alle relevanten Industriesektoren, die an der Produktion der Materialien beteiligt sind, an ihrer Dekarbonisierung arbeiten.
  • Um CO₂-Emissionen in der Lieferkette der Raketen einzusparen, kommt es auch darauf an, recycelte Materialien und neue Verbundwerkstoffe, die das Gesamtgewicht der Raketen reduzieren und dadurch auch den Kraftstoffverbrauch senken, zu verwenden.

Fazit

Mit der steigenden Nachfrage nach Weltraumflügen wächst auch der Druck auf die Raumfahrtindustrie, die Emissionen drastisch zu reduzieren. Um den CO₂-Fußabdruck zu minimieren, muss in erster Linie der Treibstoff, der bei den Starts verwendet wird, umgestellt werden. Diese Umstellung hat nur geringfügige Auswirkungen auf die Kosten für Raumfahrtunternehmen, denn die Treibstoffkosten machen nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten für einen Raketenstart aus. Bereits 2028 werden nachhaltige Treibstoffe wettbewerbsfähig sein mit fossilen Alternativen.

Investitionen in Innovationen

Die Raumfahrtindustrie hat es selbst in der Hand, die Dekarbonisierung der Branche zu beschleunigen, indem sie für Materialien und Treibstoffe konsequent auf "grüne" Alternativen setzt.

Ob die Dekarbonisierung der Weltraumbranche gelingt, hängt insbesondere von der Bereitschaft der großen Raumfahrtunternehmen ab, in Entwicklungsinitiativen und Demonstrationsanlagen zu investieren. Es braucht jetzt dringend Demonstrationsanlagen, um zu zeigen, dass die Technologie verfügbar ist und skaliert werden muss.

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Prof. Dr. Jürgen Peterseim

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Berlin

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