Ab 2030 wird emissionsfrei gebaut. Das ist machbar!

Die Europäische Union treibt den Klimaschutz mit der Gebäude Richtlinie weiter voran. Für die Bauwirtschaft bedeutet dies einen radikalen Wandel.

EPBD steht für »Energy Performance of Buildings Directive«. Das ist die neue Gebäuderichtline der EU. Ziel ist es, Neubauten ab 2030 emissionsfrei zu errichten – öffentliche Gebäude bereits ab 2028. Kann dieses Ziel in so kurzer Zeit erreicht werden?  

Es kann! Bereits jetzt verfügen wir über entsprechende Technologien, verfolgen Innovationen und Ideen, die neue Bauweisen ermöglichen und die auf die Entwicklung neuer Materialien respektive nachhaltige Alternativen zielen. 

Ganz im Sinne des Bauhaus Projekts, das vom renommierten Klimaforscher Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber ins Leben gerufen wurde, gibt es bereits wegweisende Anwendungsbeispiele, »um eine Zukunft zu bauen, in der unsere Gebäude, Städte und Landschaften proaktiv zur Wiederherstellung des Klimas beitragen und einen positiven Einfluss auf den Planeten und seine Bewohner:innen haben« – so die Vision des Bauhaus Projekts, die durchaus Allgemeingültigkeit hat. 

1. Die Keywörter Kreislaufwirtschaft und Recycling werden in der Bauwirtschaft eine erhebliche Rolle spielen. 

Noch ist die Bauwirtschaft für etwa 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs und rund 35 Prozent des Abfallaufkommens verantwortlich. Durch Recycling, so die Schätzungen, könnten 50 Prozent der Baustoffe wiederverwendet und die CO₂-Bilanz der Baubranche so erheblich verbessert werden. Schätzungen zufolge spart das Recycling von einer Tonne Stahl etwa 1,5 Tonnen CO₂, bei Aluminium kommt man gar auf neun Tonnen CO₂ pro Tonnen. Bei Beton wird durch das Recycling pro Tonne rund 30 Prozent des Energieverbrauchs und etwa 20 Prozent der CO₂-Emissionen im Vergleich zur Neuproduktion eingespart.

Das slowenische Maribor ist auf diesem Gebiet bereits erfolgreich. Hier wird Bau- und Abbruchabfall nicht entsorgt, sondern in neuen Bauprojekten wiederverwendet oder in nutzbaren Boden für städtische Gärten und Grünflächen umgewandelt. So konnte die Stadt ihre Abfallmenge im Bauwesen um etwa 25 Prozent reduzieren und gleichzeitig neue grüne Infrastrukturen schaffen.

Kreislaufwirtschaftsmodelle sind zudem wirtschaftlich vorteilhaft. Mit ihrer Einführung in der Baubranche können, so Schätzungen, bis 2030 ganze 600 Milliarden Euro in der EU eingespart und gleichzeitig zwei Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. 

2. Baumaterialien ins Visier nehmen.  

Um die Umstellung auf emissionsfreie Neubauten zu schaffen, wird die Auswahl der Materialien eine enorme Rolle spielen. Stahl oder Beton, die einen gewaltigen CO₂-Fußabdruck hinterlassen, können durch nachhaltige Alternativen wie recyceltes Holz, Bambus oder innovative Verbundwerkstoffe ersetzt werden, die eine weit geringere Umweltbelastung aufweisen.  

Das Sara Kulturhus im schwedischen Skellefteå gilt mit seinen 75 Metern Höhe als eines der höchsten Holzhäuser der Welt und steht exemplarisch für den Aufbruch in eine Zeit, in der Holz für nahezu jede Bauaufgabe einsetzbar sein wird. Das Holz dafür stammt aus nachhaltiger regionaler Forstwirtschaft, die Produktion der vorgefertigten Bauteile aus Brettsperr- und Brettschichtholz stammen aus einem rund fünfzig Kilometer entfernten Sägewerk.  

3. Innovation und Technologie in Bauweise und Bauverfahren

Sollen die Ziele der EPBD erreicht werden, werden Innovation und neue Technologien in Bezug auf Bauweisen und Bauverfahren verändert werden müssen. Dazu gibt es bereits wegweisende Anwendungsbeispiele:  

  • Just print it! Wohnhäuser aus dem 3D-Drucker: In der Gemeinde Ravenna, Italien, treffen uralte Methoden und neuste Technologien aufeinander. Dort wurde das Wohnprojekt TECLA im 3D-Druck mit aus regional gewonnener Roherde gebaut. Der Materialverbrauch reduzierte sich mit dieser Bauweise um bis zu sechzig Prozent.
  • Modular bauen spart Zeit und ist nachhaltig flexibel: In Manhattan hat Marriott das größte Hotel in modularer Bauweise gebaut. Die 650 Zimmer für das 110 Meter hohe Gebäude wurden einbaufertig geliefert – bereits ausgestattet und vollständig dekoriert, vom vorinstallierten Bett bis zum Shampoo in der Dusche. Was sich erst einmal nur spektakulär anhört, führte in erster Linie dazu, dass die Bauzeit erheblich reduziert wurde. Langfristig gedacht können die Module eines Tages wieder herausgenommen und durchaus einer völlig anderen Nutzung zugeführt werden. Zudem lassen sie sich komplett zurückbauen und sehr viel einfacher recyclen.
  • Auf passive Weise Energie sparen: Das Bahnstadt-Quartier in Heidelberg wurde mit seinen über 5.000 Wohnungen, Geschäfts- und Bürogebäuden eines der größten energieeffizienten Stadtviertel der Welt. Die konsequente Vermeidung von Wärmeverlusten durch den Passivhausbau führen zu 90 Prozent weniger Energie für Heizung und Kühlung. Photovoltaik und Fernwärme aus Biomasse tragen zusätzlich dazu bei, den Energieverbrauch im Vergleich zu herkömmlichen Gebäuden um etwa 75 Prozent zu senken.
  • Mit Intelligenz gegen den Energieverbrauch: Das EDGE Olympic in Amsterdam gilt als intelligentestes Gebäude der Welt. Es basiert auf einer digitalen Infrastruktur, die alles und jeden innerhalb der Gebäudemauern mit einer Cloud-Plattform verbindet. Über eine Smartphone-App kann der Arbeitsplatz personalisiert werden, Beleuchtung und Temperatur angepasst und auch die Luftqualität gemessen werden. Studien zeigen, dass diese Smart Building Technology den Energieverbrauch um gut ein Drittel reduziert.
  • Unsichtbar, aber äußerst effektiv – Nanotechnologie in Baumaterialien: Nanostrukturierte, offenporige Aerogele weisen eine extrem niedrige Dichte und eine hohe thermische Isolationsfähigkeit auf. Diese Eigenschaft wird dazu genutzt, die Isolationsfähigkeit von Zement zu erhöhen. Das »Energy House 2.0« in Manchester kann so seinen Heizbedarf um etwa ein Drittel reduzieren.  

Die EU flankiert die von ihr hochgesteckten, aber notwendigen Ziele. So fördert sie energieeffiziente Sanierungen und verbietet gleichzeitig die Subventionen für fossile Brennstoffe.  

Bis 2026 müssen die Mitgliedstaaten wiederum nationale Aktionspläne vorlegen, wie sie die Anforderungen der EPBD umsetzen werden.  

Die Baubranche wird in die Forschung und Entwicklung von emissionsfreien Bauweisen und Materialien investieren müssen. Wer sich schnellstmöglich den Herausforderungen stellt, wird sich einen Wettbewerbsvorteil sichern, denn eines liegt auf der Hand: Die Nachfrage nach emissionsfreien Gebäuden wird sehr schnell und sehr stark ansteigen.  

Technologie, Innovation, Recycling und eine intelligente Kreislaufwirtschaft, zudem der Druck der EU aber auch der Wille und die Bereitschaft der Bauwirtschaft werden dazu beitragen, dass das Ziel der EPBD, bis 2030 die CO₂-Emissionen in der EU um bis zu 60 Millionen Tonnen pro Jahr zu reduzieren, erreicht wird.  

Wir haben das Wissen und das Können. Let’s get started.  

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