Neuer Exposure Draft des IASB mit Vorschlägen zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten mit ESG-Merkmalen veröffentlicht
Konkret beinhaltet der Entwurf unter anderem folgende wesentlichen Änderungsvorschläge: Klarstellungen zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten, deren Zahlungsströme eine Variabilität in Abhängigkeit von einem ESG-Faktor aufweisen.
Am 21. März 2023 hat der IASB den Exposure Draft “Amendments to the Classification and Measurement of Financial Instruments” (ED/2023/2) veröffentlicht.
Die im Exposure Draft vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich auf das Feedback aus dem im Dezember 2022 abgeschlossenen Post-Implementation Review (PIR) der Vorschriften zur Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9.
Konkret beinhaltet der Entwurf unter anderem folgende wesentlichen Änderungsvorschläge:
Klarstellungen zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten, deren Zahlungsströme eine Variabilität in Abhängigkeit von einem ESG-Faktor aufweisen: Bei Finanzinstrumenten können ESG-bezogene Merkmale beeinflussen, ob diese zu fortgeführten Anschaffungskosten oder zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind. Dabei stellt sich die Frage, wie zu beurteilen ist, ob die Vertragsbedingungen solcher Finanzinstrumente ausschließlich zu Zahlungsströmen führen, die Zins- und Tilgungszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen (sog. SPPI-Kriterium). Um mögliche uneinheitliche Vorgehensweisen in der Bilanzierungspraxis zu beseitigen, soll klargestellt werden, wie die vertraglichen Zahlungsströme solcher Finanzinstrumente mit ESG-Merkmalen zu beurteilen sind.
Im Detail schlägt der IASB vor klarzustellen, dass bei der Beurteilung, ob die vereinbarten Zahlungsströme im Einklang mit dem SPPI-Kriterium stehen, der Fokus auf der Frage liegt, wofür ein Unternehmen vergütet wird, und nicht darauf, wie viel Vergütung ein Unternehmen erhält. Zusätzlich konkretisiert der Entwurf des IASB, dass vertragliche Zahlungsströme, die eine Kompensation für Risiken oder Marktfaktoren beinhalten, die üblicherweise nicht als Risiken oder Kosten einer elementaren Kreditvereinbarung (“basic lending arrangement”) angesehen werden, nicht im Einklang mit einer elementaren Kreditvereinbarung stehen - auch dann nicht, wenn solche Vertragsbedingungen in dem Markt, in dem das Unternehmen agiert, üblich sind. Weiterhin soll klargestellt werden, dass eine Änderung der vertraglichen Zahlungsströme nicht im Einklang mit einer elementaren Kreditvereinbarung steht, wenn diese nicht im Einklang mit Richtung und Höhe von Änderungen der Risiken oder Kosten einer elementaren Kreditvereinbarung stehen. Beispielsweise erfüllt dementsprechend ein Darlehen das SPPI-Kriterium, dessen Zinssatz periodisch in festgelegter Höhe basierend auf einer vertraglich spezifizierten Reduzierung der Treibhausgasemissionen des Schuldners angepasst wird.
Auch konkretisiert der Exposure Draft in diesem Zusammenhang die Vorschriften zur Beurteilung von Vertragsbedingungen, die den Zeitpunkt oder die Höhe der vertraglichen Zahlungsströme in Abhängigkeit vom Eintritt (oder Nicht-Eintritt) eines ungewissen Ereignisses (“contingent event”) verändern. Zunächst soll klargestellt werden, dass eine solche Beurteilung grds. unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit des ungewissen Ereignisses vorzunehmen ist. Nach dem Entwurf des IASB sind Veränderungen von vertraglichen Zahlungsströmen nur dann mit dem SPPI-Kriterium vereinbar, wenn der Eintritt (oder Nicht-Eintritt) des Ereignisses spezifisch für den Schuldner ist, was dann der Fall ist, wenn dies von der Erreichung eines vertraglich spezifizierten Ziels durch den Schuldner abhängt. Die resultierenden vertraglichen Zahlungsströme dürfen jedoch weder eine Investition in den Schuldner darstellen, noch den Gläubiger der Wertentwicklung von zugrunde liegenden Vermögenswerten aussetzen. Zum Beispiel sind vertragliche Zinszahlungen eines Darlehens, die periodisch angepasst werden, wenn ein marktbestimmter CO2-Preisindex einen vertraglich definierten Schwellenwert erreicht, damit nicht mit dem SPPI-Kriterium vereinbar, da das entsprechende Ereignis einen allgemeinen Marktfaktor darstellt, der nicht spezifisch auf den Schuldner zurückzuführen ist.
Die vorgeschlagenen Änderungen des IFRS 9 werden ergänzt um Vorschläge für Angaben zu vertraglichen Regelungen, die den Zeitpunkt oder die Höhe von vertraglichen Zahlungsströmen in Abhängigkeit vom Eintritt (oder Nicht-Eintritt) eines ungewissen Ereignisses verändern können.
Darüber hinaus umfasst der Entwurf Vorschläge für Klarstellungen zu den Klassifizierungsvorschriften für nicht rückgriffsberechtigte finanzielle Vermögenswerte („non-recourse“) und vertraglich verknüpfte Instrumente („contractually linked instruments“) sowie zur Erfüllung von Verbindlichkeiten über elektronische Zahlungssysteme. Zum letztgenannten Thema informiert Sie mein Kollege Karsten Ganssauge ausführlich in einem gesonderten Blogbeitrag.
Ein Vorschlag für ein Inkrafttreten der Änderungen ist im Exposure Draft noch nicht enthalten.
Stellungnahmen zum Exposure Draft werden bis zum 19. Juli 2023 erbeten. Zusätzliche Informationen zu den vorgeschlagenen Änderungen sind auch im publizierten Snapshot des IASB zu finden.