Verifier oder Identity Provider?
Welche Rolle digitale Identitäten für Financial Services spielen...
In den kommenden Monaten werden in Deutschland immer mehr Bürger:innen den Personalausweis auf dem Smartphone speichern können. Die eID wird zur Smart-eID. Das ist praktisch für die Nutzer:innen - und auch für die Finanzbranche eröffnen sich viele Möglichkeiten.
Die große Mehrheit der Deutschen steht dem Online-Ausweis auf dem Smartphone aufgeschlossen gegenüber und wünscht sich zahlreiche Anwendungsfälle. Das bestätigt unsere repräsentative Bevölkerungsbefragung, für die 2.000 Bundesbürger:innen ab 18 Jahren befragt wurden. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die klare Mehrheit den Online-Ausweis nicht nur für die digitale Verwaltung nutzen würde, sondern auch für private Geschäftsangelegenheiten. Relevant ist auch der Kontakt mit Finanzdienstleistern und die Nutzung von Finanzdienstleistungen, zum Beispiel bei Kontoeröffnungen oder Kreditanträgen (70 Prozent) oder beim Abschluss einer Versicherung (60 Prozent).
Die Smart-eID hat weitreichende Auswirkungen auf die Prozesse und Authentifizierungen in der Finanzbranche: Bislang setzen Banken auf verschiedene Verfahren wie Post-Ident, Video-Ident oder die Rückantwort auf eine E-Mail, um die Identität ihrer Kunden zu verifizieren. Während Banken diesen Prozess meist selbst durchführen, nutzen viele Finanzdienstleister Drittanbieter, um die Identitäten ihrer Kunden festzustellen, zu prüfen und aufzubewahren.
Neben der Smart-eID findet auch das Konzept der digitalen Brieftasche, ID Wallet genannt, bei der großen Mehrheit der Befragten Anklang. Zielbild der digitalen Brieftasche ist eine dezentrale Identitätsverwaltung, bei der die Deutschen amtliche Dokumente wie beispielsweise Impfpass, Gesundheitskarte oder Bonitätsauskunft in einer App auf dem Smartphone speichern. Die Entwicklung des Konzeptes basiert auf dem Ansatz der selbstbestimmten Identität, auch Self-Sovereign Identities oder kurz SSI genannt.
Wie Banken sich einem SSI-Netzwerk beteiligen können
Für die Finanzbranche versprechen die Self-Sovereign Identities eine Alternative zu bisherigen Verfahren und bieten auch den Kunden eine ganze Reihe an Vorteilen. Innerhalb der Onboardingrozesse gibt es kaum Verzögerungen mehr, da online oder auch am Point of Sale eine direkte Identifikation garantiert werden kann. Neben der einfacheren Handhabung gibt es für die Privatkunden auch Datenschutzvorteile: Durch den Einsatz einer auf dem Smartphone gespeicherten Identität, haben die Nutzer:innen mehr Kontrolle über Ihre Daten und können selbst bestimmen, wem sie welche Daten zur Verfügung stellen möchten. Nutzer:innen können zum Beispiel die Daten von Personalausweis, Bonitätsauskunft oder offiziellen Zeugnissen selbst verwalten und organisieren.
Für Finanzinstitute sind verschiedene Strategien denkbar, um sich an einem SSI-Netzwerk zu beteiligen. Dabei stechen zwei Ansätze hervor: Zum einen können Banken die Rolle des Verifiers übernehmen und Daten aus dem SSI-Netzwerk beziehen. Zum anderen können sie die Funktion des Identity Providers einnehmen und dem SSI-Netzwerk auf Anfrage Dritter selbst Daten zur Verfügung stellen.
In der Rolle des Verifiers beziehen die Banken Daten aus dem SSI-Netzwerk für eigene Prozesse. So integrieren die Finanzinstitute SSI etwa in ihre bestehenden Prozesse für einen Produktabschluss – egal, ob online oder offline. Dabei können sich die Nutzer:innen bei der Kontoeröffnung beispielsweise mit der Smart-eID identifizieren. Sie wird damit zu einer attraktiven Alternative von Post-Ident oder Video-Ident-Verfahren.
Als Identity Provider können Banken das Vertrauen ihrer Kunden nutzen, um selbst digitale Services anzubieten und Identitätsdaten von Endnutzer:innen auf Anfrage bereitzustellen. Hierzu gehören beispielsweise digitale Finanzierungszertifikate oder ein verifizierter Bonitätscheck. Kunden können diese Zusatz-Services in Echtzeit über das SSI-Netzwerk anfragen, etwa für eine Bestätigung der Finanzierung beim Immobilienkauf.
Fazit: Smart-eID und ID Wallets gehört die Zukunft
Fest steht: Die Integration von SSI in Prozesse der Finanzdienstleister kann die Verifizierung bei Kontoeröffnungen, Finanzierungsanträgen und generell Finanzprodukten deutlich vereinfachen. Aus Sicht des Endkunden sind Smart-eID und ID Wallet ideale Alternativen zu derzeit gängigen Verfahren. Ein weiterer Pluspunkt: Kunden behalten jederzeit die Kontrolle über die bereitgestellten Identitätsdaten.
Insbesondere für Finanzdienstleister birgt die Integration von Self-Sovereign Identities großes Potenzial: Sie können bei ihren Kunden mit einem nutzerfreundlichen Prozess zur Identifizierung überzeugen. Entscheidet sich die Bank dafür, in der Rolle des Identity Providers aufzutreten und selbst digitale Services anzubieten, kann sie zudem neue Ertragsquellen erschließen.
Die Bereitschaft der Kunden, die ID-Wallet zu nutzen, ist jedenfalls hoch: Laut PwC-Umfrage können sich drei Viertel der Befragten grundsätzlich vorstellen, eine solche App auch bei Bankgeschäften, etwa bei einer Kontoeröffnung oder einem Kreditantrag, einzusetzen.
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