Ermittlung verhältnismäßiger Kosten – Aspekte in der Wohlverhaltensaufsicht
Verbraucherschutz zählt zu den Zuständigkeiten der europäischen wie nationalen Aufsichtsbehörden.
Verbraucherschutz zählt zu den Zuständigkeiten der europäischen wie nationalen Aufsichtsbehörden. Die entsprechende Regulierung für Unternehmen, die Versicherungsprodukte konzipieren, wurde in den letzten Jahren zunehmend präzisiert – in unserer aktuellen Blogreihe vertiefen wir verschiedene Themenbereiche der kürzlichen EIOPA- sowie BaFin-Vorgaben. Lesen Sie im aktuellen Beitrag mehr über die Kosten mit Blick auf die Wohlverhaltensaufsicht.
Versicherungsunternehmen stehen im Rahmen ihrer Produktfreigabeverfahren vor der Herausforderung sicherzustellen, dass die angebotenen Versicherungsprodukte den regulatorischen Anforderungen entsprechen und den Bedürfnissen der Kunden gerecht werden. Dabei spielt das Preis-Leistungs-Verhältnis eine zentrale Rolle, da es die Balance zwischen den Kosten und den angebotenen Leistungen darstellt. Im Zuge der Veröffentlichung des BaFin-Merkblattes vom 8. Mai 2023 sind insbesondere die Kosten und das Zusammenwirken der Kosten mit der Rendite vor Kosten in den Vordergrund gerückt.
Kosten in der Lebensversicherung
Versicherungsleistungen hängen von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von den Beiträgen, der Wertentwicklung der zugrundeliegenden Kapitalanlagen und auch von den anfallenden Kosten. Letztere werden als Teil der Beiträge grundsätzlich auf den Kunden abgewälzt, der in der Versicherungsprämie enthaltene Kostenanteil dient zur Deckung einerseits laufender Kosten zur Vertragsverwaltung sowie andererseits häufig einmalig anfallender Abschlusskosten (z.B. Vermittlerprovisionen).
Kosten reduzieren die Rendite von Versicherungsprodukten, können jedoch im Vergleich zur Rendite vom Versicherungsunternehmen selbst besser aktiv gesteuert werden. Insbesondere sind die ins Produkt eingerechneten und vertraglich vereinbarten Kosten aus Kundensicht fixiert, während die Renditen – insbesondere bei kapitalmarktorientieren Produkten wie Hybrid- oder reinen fondsgebundenen Lebensversicherungen – unter Risiko stehen. Die BaFin sieht Kosten daher als wichtige Indikatoren für die Güte des Produktfreigabeverfahrens der Versicherungsprodukte an. Denn zu hohe Kosten stehen den Interessen und Bedürfnissen der Versicherten entgegen, da aus Sicht des Versicherungsnehmers das Risiko wegen einer ungünstigen Marktentwicklung, nur eine unzureichende oder gar negative Rendite bei im Übrigen gleichen Rahmenbedingungen zu erreichen, umso höher ist, je höher der kumulierte Effekt aus Kosten und Inflation ist.
Als geeignetes Maß für insgesamt anfallende Kosten in Lebensversicherungsprodukten hat die BaFin die Effektivkosten identifiziert. Effektivkosten, wie sie auch entsprechend der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen ausgewiesen werden müssen, geben an, wie stark die jährliche Rendite eines Versicherungsanlageprodukts durch die insgesamt anfallenden Kosten gemindert wird. Um sich einen branchenweiten Überblick zu verschaffen, hatte die BaFin bereits zuvor deutsche Lebensversicherer nach den Effektivkosten und weiteren Informationen zur Kostenbelastung von Versicherungsanlageprodukten befragt und in der Folge Unternehmen mit auffälliger Kostenstruktur näher untersucht.
Das Merkblatt adressiert zwar Kapitalanlageaufwendungen nicht direkt, jedoch stehen Rückvergütungen von Fondsgesellschaften im Fokus der Aufsicht, da hohe Verwaltungsvergütungen sich ebenfalls nachteilhaft auf einen angemessenen Kundenutzen auswirken könnten. Insbesondere, wenn auch der Versicherungsvertrieb an der Rückvergütung aus bestimmten Fonds partizipiert, ergibt sich das Potential von Interessenkonflikten.
Auswirkungen
Neben der Kostentransparenz den Versicherungsnehmern gegenüber erwartet die BaFin im Rahmen der Produktfreigabe und dem laufenden Monitoring eine umfassende Analyse und Bewertung der Kostenstruktur. Insbesondere ist die Angemessenheit der Kosten zu prüfen bzw. nachzuweisen. Die Höhe der Aufwendungen für die Versicherungsvermittler, die einen wesentlichen Teil der Abschluss- und Vertriebskosten ausmachen, stehen dabei im Fokus – hier sieht die Aufsicht einen bedeutenden Indikator für potenzielle Fehlanreize im Vertrieb. Dabei sind gemäß den Ausführungen im Merkblatt auch Overheads, d.h. sich nicht dem individuellen Produkt zuordenbare Vertriebsaufwendungen, zu einem angemessenen Anteil zu berücksichtigen.
Eine klare Kategorisierung welche bzw. zu welchen Teilen weitere Kosten zu berücksichtigen sind und insbesondere wie die Prüfung zu erfolgen hat, lässt das Bafin-Merkblatt offen. Insbesondere sind Kosten bzw. mögliche Kosteneinsparungen in anderen Bereichen als dem Vertrieb nicht explizit adressiert. Den Zusammenhang mit dem Kundennutzen herzustellen bzw. nachzuweisen, dass durch die anfallenden Kosten die Bedürfnisse des Kunden gewahrt sind, stellt die Versicherungsunternehmen vor große Herausforderungen.
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