Produktinformationen im Schatten der IDD-Reform

Verständlich, vergleichbar, digital und auffallend aufwendig

Neben Neuerungen für das Vorgehen und die Fertigkeiten der Versicherungsvermittlung und -beratung sieht die Reform der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) nennenswerte Änderungen der Informationen vor, die dem potentiellen Versicherungsnehmer rechtzeitig ex ante und regelmäßig ex post offenzulegen sind. Zum Wohle informierter Versicherungsentscheidungen sollen bestehende Basisinformationsblätter ergänzt, Zusatzdokumente beigefügt, Jahresübersichten erstellt und neue Versicherungsproduktinformationsblätter eingeführt werden, die allesamt digital bereitzustellen sind.  

Ergänzung bestehender und Einführung neuer Produktinformationen 

Versicherungsgesellschaften müssen gewährleisten, dass sie stets redlich über die wesentlichen Eigenschaften der ihrerseits entwickelten Versicherungsprodukte informieren. Dabei divergiert die Gestalt der hierfür standardgemäß offenzulegenden Informationen je nach Produkt. Für Versicherungsanlageprodukte, neuerdings inklusive anerkannter Altersvorsorgeprodukte (z.B. Sofortrenten ohne Rücknahmephasen), erwägen die Europäische Kommission und das Europäische Parlament das Basisinformationsblatt (Key Information Document – KID) anzupassen. Die Basisinformationen sollen künftig weit vor Erwerb des Versicherungsanlageprodukts 

  • über dessen Nachhaltigkeitsprofil aufklären, indem bereits andernorts offenzulegende Daten eingebunden werden, sowie  
  • für die Gesamtkosten und Wertentwicklung der Anlageoptionen sensibilisieren, indem geeignete Vergleichsinstrumente zur Verfügung gestellt werden.  

Neben den standarisierten Basisinformationen sollen der Versicherungsvermittler und vertrieblich tätige Versicherungsgesellschaften mittels standardisierter Zusatzerläuterungen über die Auswirkungen der Kosten, Entgelte und Zahlungen Dritter auf die Rendite des Versicherungsanlageprodukts Auskunft erteilen. Nach Vertragsabschluss ist der Kleinanlegende mittels einer Jahresübersicht – unter anderem – über die absoluten und relativen Gesamtkosten, Nebenkosten, Zahlungen Dritter, den Gesamtbetrag der Steuern, den (geschätzten) Marktwert der Anlagevermögenswerte sowie die vergangene und die für die vertragliche Haltedauer prognostizierte Wertentwicklung des Versicherungsanlageprodukts zu unterrichten. Darüber hinaus schlägt die Europäische Kommission die Einführung eines neuen Versicherungsproduktinformationsblatts (Insurance Product Information Document – IPID) für Lebensversicherungsprodukte, die keine Versicherungsanlageprodukte sind, vor. Hiermit soll der Versicherungskunde unter anderem über die Prämien für jede Versicherungsleistung, die Versicherungsdeckung und die wichtigsten Ausschlüsse in Kenntnis gesetzt werden. Inhaltlich ähnelt das neue Versicherungsproduktinformationsblatt dem für Nichtlebensversicherungsprodukte, wobei die EIOPA detaillierte Vorschläge für das Format dieser Informationsunterlage ausarbeiten soll.  

Digitale Bereitstellung der Produktinformationen  

Die Versicherungsproduktinformationen über Nichtlebensversicherungsprodukte und Lebensversicherungsprodukte, die nicht zu den Versicherungsanlageprodukten zählen, sind auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Ein dauerhafter Datenträger ist wiederum jedes Medium, das es dem Kunden ermöglicht, die an ihn gerichteten Informationen innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu speichern und unverändert abzurufen. Hingegen sind die Basisinformationen über Versicherungsanlageprodukte vorrangig in elektronischer Form offenzulegen, obgleich die Bereitstellung auf Anfrage alternativ auf Papier erfolgen kann. Leitlinien der EIOPA sollen die Darstellung und das Format der digitalen Offenlegungen unter Berücksichtigung der verschiedenen Vertriebskanäle sowie die für die Speicherung und den Abruf erforderlichen Sicherheitsmechanismen spezifizieren. Während es sich sowohl bei den Versicherungsproduktinformationen, den Basisinformationen und seinem Zusatzdokument um weitestgehend standardisierte Unterlagen handelt, ist die zu Verfügung stellende Jahresübersicht personalisiert. Daher steht es der Versicherungsgesellschaft frei, eine elektronische bzw. gegebenenfalls physische Jahresübersicht bereitzustellen oder ein gesondertes Online-System einzurichten, das als dauerhafter Datenträger fungiert. Voraussetzung hierfür ist wiederum, dass die aufzuführenden Informationen für den Kleinanleger leicht zugänglich sind und vom Kleinanlegenden nachweislich einmal jährlich abgerufen werden. Technische Regulierungsstandards sollen die Einheitlichkeit des Formats und der Terminologie für die Jahresübersicht und die Zusatzerläuterungen gewährleisten, wobei diese von durchschnittlichen Kleinanlegern ohne spezifische Produktkenntnisse verstanden werden sollten.  

Handlungsbedarfe aufseiten der Assekuranzen  

Die vorgeschlagenen Neuerungen verlangen von Versicherungsgesellschaften, die ihrerseits herausgegebenen Produktinformationen erneut stärker in den Blick zu nehmen. Da zumeist nicht alle Abschnitte der standardisierten Produktinformationen wortwörtlich vorgeschrieben und gestalterisch reguliert sind, trägt auch der Hersteller von Versicherungsprodukten Verantwortung für deren Verständlichkeit, Vergleichbarkeit und Lesbarkeit. Um diesen regulatorischen Anforderungen zu genügen, kann angesichts der vorgesehenen Anpassungen bzw. Neueinführungen eine methodisch fundierte Analyse und plausible Überarbeitung der Produktinformationen sinnvoll erscheinen. Während PwC diesbezüglich beratend zur Seite stehen kann, erlaubt unser Rule Scanner in Kombination mit PwC Plus derweil eine frühzeitige und zielgerichtete Vorbereitung auf weitere Neuerungen der Offenlegungspflichten, zu denen zweifelsohne die personalisierte Jahresübersicht zählt. Um die geforderte individualisierte und wiederkehrende Unterrichtung des Versicherungskunden zu unterstützen, kann sich entweder ein hierfür zu ertüchtigendes Bestandsführungssystem, wie beispielsweise die InsurCloud, oder der Bau bzw. die Integration eines entsprechenden Portals eignen. Dessen Implementierung erfordert wiederum ein Höchstmaß an informationstechnologischer und regulatorischer Expertise, die PwC für die Assekuranz in den Teams Operations & Technology und Risk, Finance & Regulation bündelt. Aufgrund der Pflicht zur Personalisierung und der kundenseitigen Kenntnisnahme der Jahresübersicht ist überdies der Datenschutz der Datenverarbeitung bedeutsam, dem unter anderem mithilfe des Data Protection Manager Rechnung getragen werden kann. Angesichts des Stellenwerts, den Regulierer, Aufseher und Versicherungskunden der informierten Versicherungsentscheidungsfindung beimessen, ist die Einhaltung der Offenlegungspflichten für einen ordnungsgemäßen sowie kundenorientierten Versicherungsvertrieb unabdingbar. Schließlich zählen die Verständlichkeit, die Vergleichbarkeit und die Konsistenz von Produktinformationen für eine Vielzahl der im Rahmen einer PwC-Studie Befragten zu den drei wichtigsten Kriterien bei der Versicherungsberatung. 

Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote.

Zu weiteren PwC Blogs

Contact

Julia Unkel

Julia Unkel

Partnerin
Köln

To the top