Was sollten Aktuare über Künstliche Intelligenz wissen? – Europäische Aktuarvereinigung veröffentlicht Diskussionspapier

Das Papier erläutert einige grundsätzliche Begriffe und hebt unter anderem vier derzeit in der Versicherungsbranche beobachtbare Schlüsselentwicklungen bezüglich Künstlicher Intelligenz hervor.

Künstliche Intelligenz spielt eine zunehmend wichtige Rolle in verschiedenen Bereichen. Das Aufkommen von ChatGPT und anderen Large Language Models in jüngster Vergangenheit geht mit enormen Versprechungen bezüglich des Einsatzes Künstlicher Intelligenz in vielen Bereichen einher, gleichzeitig birgt diese Technologie aber auch Risiken und Bedrohungen.

Auch die Tätigkeiten von Aktuaren sind von den Entwicklungen bezüglich Künstlicher Intelligenz betroffen. Dabei nehmen sie eine teilweise besondere Stellung ein – einerseits als Anwender der neuartigen Werkzeuge in der versicherungs- und finanzmathematischen Praxis, die schon seit jeher im Umgang mit großen und komplexen Datenmengen vertraut ist, andererseits im Bezug auf Risikowahrnehmung, -bewertung und -steuerung. Vor diesem Hintergrund hat kürzlich die Europäische Aktuarvereinigung ein aktuelles Diskussionspapier veröffentlicht, das sich mit Bedeutung und Verantwortung der Aktuare im Kontext der KI-Anwendung im Versicherungsbereich und darüber hinaus auseinandersetzt.

Da viele praktische Anwendungen für Aktuare Fachwissen gepaart mit Daten-, Geschäfts- und Kommunikationskenntnissen erfordern, sieht die europäische Interessenvertretung den aktuariellen Berufstand insgesamt gut positioniert, zentrale Rollen zu übernehmen und den Wandel zu gestalten.

Das Papier erläutert einige grundsätzliche Begriffe und hebt unter anderem vier derzeit in der Versicherungsbranche beobachtbare Schlüsselentwicklungen bezüglich Künstlicher Intelligenz hervor:

  • Änderung bestehender Risiken und Kunden (z.B. Betrug via KI-generierter Bilder) mit der möglichen Folge einer Anpassung von Deckung, Preisgestaltung oder Risikomodellen
  • Entstehung neuer KI-bezogener Risiken (z.B. Schäden durch KI-Fehlfunktionen oder neue operationelle Risiken), die neue Produkte oder Ansätze erfordern
  • Steigender Wettbewerbsdruck, da KI die Effizienz in der gesamten Wertschöpfungskette steigert und Unternehmen möglicherweise zu KI-Anwendungen zwingt
  • Regulatorischer Fokus auf KI, der die Weiterbildung und -entwicklung von Mitarbeiter:innen sowie organisatorische Veränderungen erfordert

Insbesondere der letzte Punkt hat in den vergangenen Wochen einen Teil der Diskussionen in Europa bestimmt. Die EU arbeitet an einer Regulierung in diesem Bereich, im Dezember 2023 wurde der Rahmen für den sog. AI Act festgezurrt. Entsprechend nimmt die Regulierung und die damit zu adressierenden Risiken einen Teil des Dokuments ein, das sich hier als Beitrag zur Diskussion einer angemessenen horizontalen Regulierung sieht.

Weitere zentrale Aspekte des Diskussionspapiers stellen erklärbare KI – Modellgovernance und -verständnis sind seit jeher aktuarielle Domänen, um Vertrauen in die Vorhersagen von Modellen für kritische Entscheidungen zu schaffen – und Auswirkungen auf das Aus- und Weiterbildungscurriculum dar.

Während insgesamt abzuwarten bleibt, wohin die Reise mit KI gehen wird und wie schnell die gesellschaftliche Anpassung dieses Thema vorantreiben wird, sollten Versicherungsunternehmen im Allgemeinen und Aktuare im Speziellen sich frühzeitig mit Fragestellungen einer angemessenen AI-Governance auseinandersetzen. Einige KI-Anwendungen werden erwartungsgemäß dem besonders stark regulierten Hochrisikobereich zugeordnet werden und folglich unter besonderem Augenmerk der Aufsicht stehen. Unter den Schlagworten VAIT und DORA werden bereits verschiede IT-Aspekte auf nationaler und europäischer Ebene regulatorisch beleuchtet, hier werden die Aufsichtsbehörden für die Versicherungsbranche als datenintensiver Industrie voraussichtlich in ihren KI-bezogenen Aktivitäten aufsetzen.

Kommen Sie gerne wegen eines Austauschs auf mich und unsere weiteren Expert:innen des Actuarial-Risk-Modelling-Services-Teams zu, wir sind als Teil der Risk- und Regulatory-Plattform zudem sparten- und branchenübergreifend in ein breites Netzwerk eingebettet und können mit Ihnen die vielen möglichen Fragestellungen lösungsorientiert diskutieren.

Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote.

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