IAIS konsultiert Papier zu strukturellen Veränderungen im Lebensversicherungssektor
Internationale Aufsichtsbehörde adressiert vier Themenblöcke, insbesondere zum Einsatz von Alternative Assets und Asset Intensive Reinsurance
Die Internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) veröffentlichte am 19. März 2025 den Entwurf eines Papiers über strukturelle Veränderungen im Lebensversicherungssektor und bittet im Rahmen einer bis 19. Mai 2025 laufenden Konsultation um Rückmeldung. Damit setzt sie die Arbeiten der vier letzten Jahre fort, in der sie sich insbesondere seit Ende der Corona-Pandemie im Zuge der makroprudenziellen Aufsicht mit den Auswirkungen der hohen Inflation und der steigenden Zinssätze insbesondere in Bezug auf Kredit- und Liquiditätsrisiken auf den Versicherungssektor auseinandergesetzt hat.
Mit dem vorliegenden Dokument werden die von der IAIS untersuchten Aspekte insbesondere im Hinblick auf eine zunehmende Allokation in Alternative Assets sowie eine wachsende Nutzung von Asset Intensive Reinsurance zusammengeführt. Diese wurden als wesentliche Treiber für die strukturelle Veränderung identifiziert.
Papier umfasst vier Abschnitte
In jeweiligen Kapiteln werden für die Themen sich jeweils ergebende Vorteile ebenso wie die Risiken, die Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität und die Angemessenheit des derzeitigen Aufsichtsmaterials diskutiert:
- Alternative Assets: Lebensversicherer investieren zunehmend in Alternative Asset, diese Kapitalanlageklasse umfasst u.a. Private Equity, Private Debt, Hedgefonds, aber auch strukturierte Immobilien- oder Infrastrukturinvestitionen. Die Verlagerung wird durch das Bedürfnis nach höheren Renditen und Diversifizierung angetrieben. Während das anhaltende Niedrigzinsumfeld hier der Auslöser war, bleibt die Kapitalanlageklasse auch nach der „Zinswende“ attraktiv. Alternative Assets bieten zwar Vorteile wie Diversifizierung und höhere Renditechancen, bringen aber auch erhebliche Risiken mit sich: z.B. Bewertungsunsicherheiten, eingeschränkte Liquidität und erhöhte Komplexität. Die IAIS schlägt eine prinzipienbasierte Definition für Alternative Assets vor, um die mit der Kapitalanlageklasse einhergehenden Herausforderungen strukturierter anzugehen und grenzüberschreitende Risikobewertungen zu erleichtern.
- Asset Intensive Reinsurance (AIR). Bei AIR-Transaktionen werden erhebliche Anlagerisiken in Verbindung mit Versicherungsverbindlichkeiten auf einen Rückversicherer übertragen. Diese Vereinbarungen sind vor allem bei vermögensintensiven Ansparprodukten wie Renten- oder kapitalbildenden Lebensversicherungen verbreitet. AIR bietet Vorteile wie Risikominderung, Kapitalentlastung und indirekten Zugang zu einem breiteren Universum an investierbaren Vermögenswerten. IAIS weist jedoch auch darauf hin, dass hieraus Risiken wie die Wiedererlangung von Vermögenswerten sowie Konzentrationsrisiken entstehen und eine erhöhte Komplexität mit den Transaktionen einhergeht.
- Makroprudenzielle und finanzielle Stabilitätsüberlegungen. Die IAIS untersucht die mit den beiden Trend einhergehenden makroprudenziellen und finanziellen Stabilitätsauswirkungen. Die IAIS stellt fest, dass das primäre Ziel der makroprudenziellen Politik für den Versicherungssektor darin besteht, sicherzustellen, dass das Finanzsystem und die Versicherer negative Schocks absorbieren können, anstatt sie zu verstärken. Auch wenn die derzeitige Exposition gegenüber Alternativen Assets und AIR als relativ gering gesehen wird, könnte ein fortgesetztes und schnelles Wachstum in diesen Bereichen die Risiken für die Finanzstabilität erhöhen. Verbesserte Rahmenwerke und internationale Zusammenarbeit sind für die Bewältigung dieser sich entwickelnden Risiken daher aus Sicht der Organisation unerlässlich.
- Überprüfung der IAIS-Aufsichtsunterlagen. Die Überprüfung der IAIS ergab, dass die Insurance Core Principles (ICPs) und das Holistic Framework für die Beaufsichtigung international tätiger Versicherungskonzerne bereits Risiken berücksichtigten, die sich aus einer verstärkten Allokation in Alternative Assets und wachsende AIR-Transaktionen ergeben könnten. Es werden jedoch auch Bereiche für potenzielle Verbesserungen identifiziert. Darunter befinden sich die Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen den nationalen und internationalen Aufsichtsbehörden, die Bewältigung von Interessenkonflikten, die Sicherstellung von Kompetenz im Risikomanagement und die Anpassung der aufsichtlichen Überprüfung und Berichterstattung zur besseren Überwachung komplexer Vermögenswerte und Rückversicherungsvereinbarungen. Abschließend betont die IAIS die Bedeutung einer makroprudenziellen Aufsicht, die die Finanzstabilität in ihrem Aufsichtsansatz berücksichtigt.
Weitere aktuelle Entwicklungen
Im Dezember 2024 hatte EIOPA in ihrem halbjährlichen Finanzstabilitätsbericht, der die wesentlichen Entwicklungen und Risiken für die europäischen Versicherungs- und Rentensektoren analysiert, schon konkret dem Themenspektrum – neben AIR-Transaktionen standen dabei Immobilien im Fokus – gewidmet. Seitens der Behörde bzw. einzelnen Vertretern ist zudem zu vernehmen, dass ebenso wahrscheinlich im aktuellen Jahr Rückmeldungen zur entsprechenden Praxis eingeholt werden könnten.
Bereits im Frühjahr 2024 hatte die US-amerikanische National Association of Insurance Commissioners (NAIC) hinsichtlich der Angemessenheitsanalyse von Aktiva für die von Lebensversicherern abgegebene Rückversicherung insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Transaktionen eine Konsultation durchgeführt. Eine aktualisierte aktuarielle Vorgabe ist für die Berichterstattung für das Jahresende 2025 angestrebt.
Fazit
Das IAIS-Papier unterstreicht die Bedeutung makroprudenzieller und finanzieller Stabilitätsüberlegungen angesichts der Verflechtung von Lebensversicherern mit anderen Finanzinstituten und hieraus resultierender möglicher Ansteckungsrisiken. Die IAIS will mit der Überprüfung ihres Aufsichtsmaterials sicherstellen, dass ihr aufsichtsrechtlicher Ansatz die damit einhergehenden Herausforderungen weiterhin adäquat adressiert und damit wirksam ist.
Mit dem Papier fasst die IAIS ihr Verständnis der Risiken, die mit den Anlagestrategien im Lebensversicherungssektor weltweit verbunden sind, zusammen und gibt Hinweise, wie sie in der Governance und dem unternehmensindividuellen Risikomanagement gehandhabt werden können. Mit der erhofften Rückmeldung will sie dieses Verständnis und ihren aufsichtlichen Ansatz, zur Stabilität und Widerstandsfähigkeit des globalen Versicherungsmarktes beizutragen, weiter verfeinern. Entsprechend bietet das Dokument eine wichtige Einschätzung der aktuellen und möglichen zukünftigen regulatorischen Trends bezüglich Alternative Assets respektive Asset Intensive Reinsurance – insbesondere auch im Hinblick auf diesbezügliche oben erwähnte EIOPA-Initiativen.
Sie haben Fragen zu Alternative Assets und (Asset Intensive) Reinsurance, insbesondere im Hinblick auf Bewertung, Risikomanagement, sowie (potenzieller) Berücksichtigung der Auswirkungen auf Eigenmittel/-kapital, Ertrags- und Risikosituation im Kapital- respektive Asset-Liability-Management? Kommen Sie gerne auf mich sowie meine Kolleg:innen aus Actuarial Risk Modelling Services / GRC Insurance zu. Gemeinsam diskutieren wir mit Ihnen die Chancen und Herausforderungen und bringen dabei die relevanten nationalen und internationalen Expert:innen aus dem Netzwerk an den Tisch.
Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote. |
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