EBA konsultiert neue bankaufsichtliche Offenlegungspflichten für ESG-Risiken

Die neuen Offenlegungspflichten sind im ersten Jahr jährlich, d.h. erstmals zum Stichtag 31. Dezember 2022, und anschließend in einem halbjährlichen Turnus anzuwenden.

Am 1. März 2021 hat die European Banking Authority (EBA) ihr Konsultationspapier für einen technischen Standard zur Offenlegung von ESG-Risiken im Rahmen des Säule 3-Offenlegungsberichts veröffentlicht. Damit ist sie ihrem Mandat zur Konkretisierung der bankaufsichtlichen Offenlegungsanforderungen gemäß Art. 449a der CRR II nachgekommen, die zum 28. Juni 2022 in Kraft treten und von allen großen, kapitalmarktorientierten Instituten zu beachten sein werden. Die neuen Offenlegungspflichten sind im ersten Jahr jährlich, d.h. erstmals zum Stichtag 31. Dezember 2022, und anschließend in einem halbjährlichen Turnus anzuwenden.

Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist zunächst einmal die Einordnung der neuen bankaufsichtlichen Offenlegungspflichten. Denn: Zusätzlich zu den zukünftigen ESG-Offenlegungspflichten der Säule 3 bestehen weitere Transparenzanforderungen für Unternehmen, die der sog. Non-Financial Disclosure Directive (NFRD) unterliegen und daher bereits aufgrund von Art. 8 der Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852 zukünftig eine Vielzahl an ESG-bezogenen Informationen in ihrem Nachhaltigkeitsbericht offenzulegen haben. In diesem Zusammenhang hat die EBA für die in ihrem Zuständigkeitsbereich fallenden Unternehmen, d.h. Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, parallel zum Start der Konsultationsphase für die Säule 3-Offenlegung eine Empfehlung an die EU-Kommission zur Offenlegung von KPIs und einer einheitlichen Green Asset Ratio (GAR) nach Art. 8 der Taxonomie-Verordnung veröffentlicht (siehe hierzu unseren separaten Blog-Beitrag). Die EBA hat in ihrer Empfehlung besonders großen Wert auf eine Harmonisierung der Offenlegungspflichten gemäß CRR und der Transparenzanforderungen nach Art. 8 der Taxonomie-Verordnung gelegt. Die erste große Herausforderung wird also darin liegen, dass Kreditinstitute und Wertpapierfirmen den für sie relevanten Anwendungsbereich der beiden neuen Vorgaben identifizieren und – soweit möglich – einheitliche Definitionen und Datenquellen für gleichlautende Informationen festlegen.

Gleichzeitig ist aber bereits darauf hinzuweisen, dass der nun konsultierte technische Standard zur Säule 3-Offenlegung zunächst einmal nur als eine erste Stufe zur vollständigen Umsetzung von Transparenzanforderungen für ESG-Risiken in der Säule 3 zu verstehen ist. Er konzentriert sich auf eine Unterkategorie des “E” (“Environmental”) aus dem Begriff ESG, nämlich auf qualitative und quantitative Informationen zu physischen und transitorischen Klimarisiken. Darunter fallen auch die Angaben zur Ermittlung der Green Asset Ratio (GAR), die direkt mit den Transparenzanforderungen gemäß Art. 8 der Taxonomie-Verordnung verknüpft sind. Zu gesellschaftlichen Fragestellungen (“Social”) und Aspekten der Unternehmensführung (“Governance”) sieht das Papier lediglich qualitative Angaben vor. Jedoch sollen in den folgenden zwei Umsetzungsphasen zusätzliche quantitative Angaben zu weiteren Umweltindikatoren und erstmals auch quantitative Indikatoren zu sozialen und Governance-Risiken ergänzt werden.

Nachfolgend möchten wir Ihnen eine kurze Übersicht über die zur Konsultation gestellten quantitativen und qualitativen Offenlegungsanforderungen geben und auf die wesentlichen Knackpunkte hinweisen.

Insgesamt werden zehn Templates für quantitative Angaben zu physischen und transitorischen Klimarisiken sowie jeweils eine Vorlage für qualitative Angaben zu E-, S- und G-Risiken vorgegeben.

Quantitative Angaben zu transitorischen Risiken

Template 1: Offenzulegen sind Bankbuchpositionen gegenüber Non-Financial Corporates aus vordefinierten NACE-Sektoren, die wesentlich zum Klimawandel beitragen bzw. CO2-intensiv sind. Positionen, die gemäß Climate Change Mitigation (CCM)-Einstufung als ökologisch nachhaltig gelten, sind separat auszuweisen. Ebenso sind Schätzungen zu den Scope 3-Emissionen der Kontrahenten offenzulegen. Insgesamt sind ca. 1600 Datenfelder zu befüllen. Es wird eine Übergangsregelung für die Schätzwerte für die Scope 3-Emissionen bis Juni 2024 vorgeschlagen, d.h. bis dahin kann auf die quantitative Offenlegung verzichtet werden, sofern die Informationen noch nicht verfügbar bzw. ableitbar sind.

Template 2: Die aggregierten Buchwerte von Bankbuchpositionen gegenüber vorgegebenen NACE-Sektoren, die wesentlich zum Klimawandel beitragen, sind nach Laufzeitbändern zu gliedern und offenzulegen. Insgesamt sind ca. 350 Datenfelder zu befüllen.

Template 3: Offenzulegen sind Informationen zu transitorischen Risiken aufgrund von Krediten, die durch Wohn- oder Gewerbeimmobilien besichert sind, sowie aufgrund von in den eigenen Bestand überführte Immobiliensicherheiten – untergliedert nach den EU-Ländern, in denen sich die Immobilien befinden (Geographical Breakdown), und aufgeteilt nach Energieeffizienzklassen nach den Standards der Energy Performance Certificates (EPC) im jeweiligen Mitgliedstaat. Zudem sind die durchschnittliche “Energy Performance” pro EU-Land (Basis: EPC-Labels) und die Scope 3-Emissionen aus den Immobiliensicherheiten anzugeben. Insgesamt sind mehr als 50 Datenfelder pro Land zu befüllen, wobei für die Schätzwerte der Scope 3-Emissionen wieder eine Übergangsregelung bis Juni 2024 vorgeschlagen wird.

Template 4: Ziel ist die Offenlegung der relativen Scope 3-Emissionen des Instituts, aufgeteilt nach vordefinierten NACE-Sektoren der Kontrahenten. Dabei sind die relativen CO2-Emissionen der Positionen je Sektor gemäß vorgegebener Kennzahlen (z.B. CO2/MWh) sowie der Abstand zum IEA Sustainable Development 2 Grad-Szenario anzugeben. Für die Angabe der Scope 3-Emissionen soll wieder die o.g. Übergangsregelung bis Juni 2024 gelten.

Template 5: Anzugeben sind die Buchwerte der aggregierten Bankbuchpositionen gegenüber den namentlich zu nennenden 20 größten CO2-Emittenten der Welt, der EU und/oder des jeweiligen Mitgliedstaats. Dabei ist das relative Konzentrationsrisiko gegenüber den einzelnen Kontrahenten und eine separate Darunter-Angabe zu ökologisch nachhaltigen Positionen (CCM-Einstufung) offenzulegen.

Template 6: Offenzulegen ist die Zusammensetzung des Handelsbuchportfolios, aggregiert nach NACE-Sektoren, zur Messung der Auswirkungen des Klimawandels (Transition-Risiko) auf die Marktpreisrisiken. Hierfür sind auch Davon-Angaben zu machen für Positionen gegenüber Unternehmen, die von den EU Paris-Benchmarks ausgeschlossen sind (nach Maßgabe der Climate Benchmark Standard Regulation), sowie gegenüber anderen CO2-intensiven Sektoren. Zudem sind die Käufe und Verkäufe im Handelsbuch (inkl. Davon-Ausweis von ökologisch nachhaltigen Positionen gemäß CCM-Einstufung) sowie die Gewinne und Verluste aus den Handelsbuchpositionen innerhalb der Berichtsperiode je NACE-Sektor offenzulegen. Insgesamt sind ca. 380 Datenfelder zu befüllen, wobei Institute mit “Handelsbuchtätigkeiten von geringem Umfang” (Art. 94 CRR) von der Offenlegungspflicht ausgenommen sind.

Quantitative Angaben zu physischen Risiken

Template 7: Ziel ist die Offenlegung von Bankbuchpositionen zu chronischen und akuten Klima-bezogenen Gefahren (physische Klimarisiken). Hierfür sollen u.a. die Buchwerte nach NACE-Sektoren (NACE) aufgegliedert und mit einem Davon-Ausweis für solche Positionen, die chronischen (z.B. graduelle Änderung klimatischer Bedingungen) und akuten (extreme Gefahren und sofortige Schäden) Klimarisiken ausgesetzt sind, versehen werden. Die Angaben sind nach Regionen aufzuschlüsseln, die von chronischen und akuten Ereignissen besonders betroffen sind (Geographical Breakdown). Die EBA nennt in diesem Kontext auch mögliche Informationsquellen, die zur Identifizierung der exponierten Regionen herangezogen werden können. Es soll zunächst ein vereinfachtes Template mit ca. 300 Datenfeldern genutzt werden, bevor ab Juni 2024 eine erweiterte Version mit ca. 675 Datenfeldern anzuwenden sein wird.

Quantitative Angaben zu risikomindernden Maßnahmen

Template 8: Offenzulegen sind Bankbuchpositionen, die als ökologisch nachhaltig i.S.d. Art. 3 und 9 der Taxonomie-VO gelten und zur Berechnung der Green Asset Ratio (GAR) herangezogen werden (Tabellen aus Taxonomie-VO). Diese sind aufzugliedern nach ihrem Beitrag zur Climate Change Mitigation (CCM) und Climate Change Adaption (CCA) nach den Vorgaben der technischen Screening-Kriterien. Ferner hat eine granulare Unterteilung nach FINREP-Kunden- und Produktgruppen stattzufinden, was insgesamt zu ca. 620 Datenfeldern führt. Es wird eine Übergangsregelung vorgeschlagen bis zum Stichtag Juni 2024 für das Bestandsgeschäft gegenüber Retail- und Unternehmenskunden, die nicht der NFRD-Offenlegungspflicht unterliegen: Bis dahin dürfen Proxies verwendet werden auf Basis von bilateral erhaltenen Informationen oder einer Fallback-Lösung (Sektor-bezogene Proxies ermittelt durch unabhängige Institutionen).

Template 9: Es ist die Berechnung der GAR zzgl. der damit verbundenen Informationen auf Basis von Template 8 bzw. der Einstufung als „ökologisch nachhaltig“ i.S.d. Art. 3 und 9 der Taxonomie-VO anzugeben. Dabei hat eine Aufgliederung in das Bestandsgeschäft (Stock) und das Neugeschäft, das innerhalb des Berichtszeitraums generiert wurde (Flow), sowie eine Unterteilung nach FINREP-Kundengruppen stattzufinden. Insgesamt sind ca. 600 Datenfelder zu befüllen. Für das Bestandsgeschäft (Stock) wird analog zu Template 8 eine Übergangsregelung bis Juni 2024 vorgeschlagen. Für Neugeschäft (Flow), auch gegenüber Retail- und Unternehmenskunden, die nicht der NFRD-Offenlegungspflicht unterliegen, muss jedoch die Informationsbeschaffung ab 1.1.2022 für den ersten Offenlegungsstichtag per 31.12.2022 initiiert werden.

Template 10: Jenseits der Aktivitäten, die gemäß Taxonomie-VO als CCM bzw. CCA eingestuft und in den Templates 8 und 9 sowie in der GAR berücksichtigt werden können, sollen sonstige Maßnahmen offengelegt werden, die die adversen Effekte des Klimawandels mitigieren können. Hierfür sind Angaben zu machen zu den Sektoren der relevanten Kontrahenten und den Produktarten (nach FINREP-Klassifizierung) sowie zu der Risikoart, die durch die Geschäftsaktivität mitigiert wurde (transitorische oder physische Risiken).

Qualitative Angaben

Neben diversen Erläuterungen, die die quantitativen Angaben flankieren sollen, sieht die EBA jeweils eine Vorlage für die Offenlegung von qualitativen Informationen zu Umweltrisiken (E), gesellschaftlichen Risiken (S) und Governance-Risiken (G) vor. Hier sind jeweils Angaben zu machen zu den Auswirkungen auf Geschäftsstrategien und Prozesse, zur Organisation, Geschäftsführung und Governance sowie zum Management der ESG-Risiken.

Nächste Schritte und wie wir Sie unterstützen können!

Das Konsultationspapier zur Säule 3-Offenlegung kann als erster Meilenstein in der Verknüpfung zwischen den EU-weiten Initiativen zum Umgang mit ESG-Risiken und dem bankaufsichtlichen Rahmenwerk gesehen werden. Weitere bankaufsichtliche Maßnahmen, einschließlich einer Privilegierung von “grünen” Investments bei der Kapitalunterlegung (“Green Supporting Factor”), werden derzeit untersucht (siehe Art. 501c CRR II). Einen ersten Vorgeschmack hierfür bietet der sog. Infrastrukturfaktor gemäß Art. 501a CRR II, der bereits seit Juni 2020 genutzt werden kann und u.a. an die Erfüllung von Umweltschutzzielen geknüpft ist. Allen Maßnahmen ist gemein, dass sie hochgranulare Informationen über den Kontrahenten und das finanzierte Projekt erfordern, die derzeit typischerweise in den Kreditprozessen nicht oder zumindest nicht systematisch erhoben werden. Institute sollten daher das nun veröffentlichte Konsultationspapier zur Säule 3-Offenlegung auch zum Anlass nehmen, um die Verfügbarkeit der geforderten Informationen zu analysieren und ggf. die notwendigen Schritte zur Datenerhebung kurzfristig veranlassen zu können. Etwaige Show-Stopper, insbesondere im Hinblick auf die rechtzeitige Beschaffung der offenzulegenden Informationen, sollten unmittelbar identifiziert und noch im Rahmen der dreimonatigen Konsultationsphase an die EBA kommuniziert werden.

Wichtig hierbei ist vor allem eine ganzheitliche Betrachtung der für das jeweilige Institut und deren Kundengruppen einschlägigen Anforderungen: So müssen bspw. laut EBA-Konsultationspapier für Zwecke der erstmaligen Offenlegung der GAR in Template 9 bereits ab Beginn des Jahres 2022 die notwendigen Informationen für das Neugeschäft eingeholt werden – und zwar auch dann, wenn der Kontrahent nicht selbst der NFRD-Offenlegungspflicht unterliegt. Die aktuell laufenden Initiativen im jeweiligen Institut sind also hinsichtlich ihrer Zeitplanung zu hinterfragen. Ferner schlägt die EBA diverse Informationsquellen und Proxies vor, die übergangs- bzw. ersatzweise bei fehlenden eigenen Daten genutzt werden können. Hier sollten Institute also eine möglichst harmonisierte Datengrundlage für die unterschiedlichen Zwecke anstreben (Offenlegung, NFR, Internes Reporting, Risikomanagement, etc.).

PwC steht genau für diesen ganzheitlichen Blick: Wir haben einen integrierten Sustainable Finance Workstream etabliert, der die hier dargestellten bankaufsichtlichen Offenlegungspflichten der Säule 3 ebenso abdeckt wie die Vorgaben zur nicht-finanziellen Berichterstattung oder die Anforderungen an das Management von ESG-Risiken. Hierdurch können wir Sie in diesem breit gefächerten Themenspektrum zielgerichtet und effizient unterstützen – von der Durchführung einer ersten Vorstudie bis hin zur Umsetzung in Ihren Systemen und Prozessen. Sprechen Sie uns jederzeit gerne an und schauen Sie auch gerne auf unserer Sustainable Finance Homepage vorbei!

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