Die BaFin veröffentlicht FAQ-Liste zur IVV 4.0
Seit der Veröffentlichung der finalen Fassung der dritten Änderungsverordnung der Institutsvergütungsverordnung (IVV 4.0) am 24. September 2021 im Bundesgesetzblatt ist einige Zeit verstrichen.
Entgegen den ursprünglichen Erwartungen hatte die BaFin keine Aktualisierung der Auslegungshilfe der IVV vorgenommen, sondern am 21. Juni 2023 den Entwurf einer Liste von Fragen und Antworten (FAQ-Liste) zur IVV zur Konsultation gestellt. Diese FAQ-Liste hat sie nunmehr nach Vornahme einer Vielzahl von Änderungen im Detail am 13. Juni 2024 final veröffentlicht.
Bevor wir die Änderungen zur Konsultation beleuchten, gehen wir kurz auf einige wesentliche Punkte ein, die in der finalen Fassung gleich geblieben sind. Nach wie vor sind es 19 Fragen, die beantwortet werden. Auch der Inhalt der Fragestellungen hat sich nicht geändert. Nach wie vor stellt die Bafin in den Vorbemerkungen klar, dass die EBA Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik (EBA/GL/2021/04) unmittelbar anzuwenden sind und auch die folgenden Richtlinien mit Blick auf die darin enthaltenen Vergütungsaspekte unmittelbar Anwendung finden:
- EBA-Leitlinien zu Vergütungspolitik und -praktiken im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Erbringung von Bankprodukten und -dienstleistungen im Privatkundengeschäft (EBA/GL/2016/06) vom 13. Dezember 2016;
- EBA-Leitlinien über das Management notleidender und gestundeter Risikopositionen (EBA/GL/2018/06) vom 31. Oktober 2018;
- EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA/GL/2020/06) vom 29.05.2020.
Insgesamt stellt die FAQ-Liste - wie bereits in der Konsultationsfassung dargelegt - eine Ergänzung zu den oben genannten EBA-Leitlinien dar und es finden sich darin lediglich Sachverhalte, die nicht von den EBA-Leitlinien erfasst sind oder „bei denen die Anwendung von Proportionalität als notwendig erscheint“. Insoweit sind insbesondere die Ausnahmen von der Anwendung der Leitlinien für solide Vergütungspolitik bezogen auf die Risikoträger-Identifikation, den Clawback-Mechanismus und die Pflicht zur teilweisen Besetzung des Vergütungsausschusses mit formell unabhängigen Aufsichtsorganmitgliedern für die nicht bedeutenden Institute zu nennen. Diese Ausnahmen ergeben sich bereits aus § 25a Abs. 5b Satz 2 KWG, der eine eigenständige Analyse zur Identifizierung der Risikoträger nur für bedeutende Institute vorsieht; § 20 Abs. 6 IVV, der die Implementierung eines Clawback-Mechanismus ebenfalls nur für bedeutende Institute vorschreibt und § 25d Abs. 12 KWG, der insgesamt keine Vorgabe zur Aufnahme formell unabhängiger Mitglieder in den Vergütungsausschuss macht.
Änderungen bzw. Neuerungen im Vergleich zur Konsultation vom 21. Juni 2023
In den Vorbemerkungen zur FAQ-Liste ist der Hinweis weggefallen, dass die BaFin die in der Auslegungshilfe beschriebene Verwaltungspraxis (und getroffenen Auslegungsentscheidungen) nicht aufgibt, sofern sie nicht in der FAQ-Sammlung eine Aktualisierung erfährt. Jedoch erscheint fraglich, ob dies bedeutet, dass die BaFin die in der Auslegungshilfe beschriebene Verwaltungspraxis und getroffenen Auslegungsentscheidungen entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nunmehr doch noch aufgibt. Naheliegender erscheint, dass dieser Zusatz lediglich als redundant weggelassen wurde. Denn es besteht grundsätzlich keine Notwendigkeit, auf eine bisherige Verwaltungspraxis zu verzichten, soweit sie nicht im Gegensatz zu den aktualisierten Regelungen steht.
Als Neuerung ist zu erwähnen, dass es für die Anwendung der FAQ laut einem Eintrag auf der Website der BaFin eine Übergangsfrist für die Implementierung der in den FAQ enthaltenen Änderungen bis zum 1. Januar 2025 gibt. Erleichterungen können demgegenüber „unverzüglich“ angewendet werden. Insoweit ist anzumerken, dass die Übergangsfrist naturgemäß nur auf die FAQ anwendbar ist, nicht aber auf die EBA-Leitlinien, die jeweils eigene Anwendungsregeln enthalten. Außerdem enthalten die FAQ selbst keinen Hinweis darauf, welche Regelungen als Änderungen oder Erleichterung oder als bloße Klarstellung zu verstehen sind, was in der Anwendungspraxis zu Unsicherheiten führen kann.
Darüber hinaus gab es auch noch einige inhaltlichen Änderungen in der Beantwortung der aufgelisteten Fragen. Hervorzuheben ist dabei, dass:
- Prämienleistungen aus „Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter“-Programmen analog den Prämien aus dem betrieblichen Vorschlagswesen nicht als Vergütung im Sinne des § 2 Abs. 1 IVV betrachtet werden müssen.
- bei einer Bilanzierung nach IFRS im Falle einer 100%-igen Ausfinanzierung einer Direktzusage die erwarteten Erträge aus dem Planvermögen entsprechend den IFRS-Grundsätzen berücksichtigt werden können.
- Leistungsanerkennungsprämien nicht als Ausgleich für eine (bspw. wegen Nichterreichen der eigentlichen Ziele oder eines Malus aufgrund negativem Erfolgsbeitrags gemäß § 5 Abs. 2 IVV) nicht voll erlangte, eigentlich vereinbarte variable Vergütung genutzt werden dürfen.
- auch in Instituten mit ansonsten reinen Fixvergütungssystemen Leistungsanerkennungsprämien gewährt werden können. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass zwingend sämtliche Anforderungen an die Gewährung von Leistungsanerkennungsprämien (inkl. § 7 IVV) einhalten werden und ggf. weitere Anforderungen aus der IVV einzuhalten sind, für in reinen Fixvergütungssystemen Ausnahmen gewährt werden wie z.B. die Pflicht zur Bestellung eines Vergütungsbeauftragten in bedeutenden Instituten.
- es bei der Bestimmung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung keinesfalls zulässig ist, die Prüfung der Kriterien des § 7 IVV nur vor oder zu Beginn einer Bemessungsperiode vorzunehmen. Die Prüfung muss vielmehr auf Basis des vom Institut zum maßgeblichen Geschäftsjahresende aufgestellten Jahresabschlusses erfolgen.
- eine Abweichung von der grundsätzlich geforderten Gleichgewichtung der drei Betrachtungsebenen für die Beurteilung der Zielerreichung ausdrücklich in Abhängigkeit von der Organisationsstruktur und Stellung des Risikoträgers im Institut bzw. der Gruppe für denkbar erklärt wird und hierfür lediglich eine Dokumentation der Gründe für die Abweichung gefordert wird.
Handlungsbedarf
Die FAQ-Liste hat zwar einen deutlich geringeren Umfang als die Auslegungshilfe. Mit 24 statt 76 Seiten hat sie aber immer noch einen erheblichen Regelungsgehalt, der sie neben den EBA GL zu einem ernst zu nehmenden Faktor bei der Anwendung der vergütungsregulatorischen Regelungen macht. Dem entsprechend können die darin enthaltenen Änderungen zu erheblichem Anpassungsbedarf in den Organisationsrichtlinien betreffend die Vergütung in den Instituten führen. Insbesondere die Regelungen über die Auswirkungen negativer Erfolgsbeiträge, die Zahlung von Ruhegehältern oder Abfindungen sowie die Regelungen über die Ermittlung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung sollten vollständig geprüft werden und gegebenenfalls angepasst werden. Die Anforderungen an den Vergütungsbeauftragten und seinen Stellvertreter sowie den Vergütungskontrollbericht müssen aktualisiert werden. Vergütungskontrollausschüsse und Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane sollten sich überlegen, ob sie ihren Vergütungsbericht über die Vergütungssysteme der Geschäftsleiter weiterhin selbst erstellen, oder durch einen qualifizierten Dritten erstellen lassen.
Wir unterstützen Sie
Mit der Übergangszeit bis zum 1. Januar 2025 wurde den Instituten Zeit eingeräumt, ihre Vergütungssysteme anzupassen. Erfahrungsgemäß erfordert die Anpassung der Vergütungssysteme jedoch eine lange Vorlaufzeit sowie einen geschulten Blick auf sich bei der Umsetzung im Detail stellenden Probleme. Institute, die sich schon intensiv mit dem Konsultationsentwurf befasst haben, können bereits die mutmaßlichen Anpassungsbedarfe für Ihr Haus abschätzen. Bei der Konzeption und Umsetzung der Maßnahmen unterstützen wir Sie gern mit unserer Fachkompetenz und den vielfältigen praktischen Umsetzungserfahrungen aus den vergangenen IVV-Novellen. Kommen Sie jederzeit gern auf uns zu!
Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote. |
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