Ausführliche Praxishinweise zum Mindestschutz („minimum safeguards“) der EU-Taxonomie veröffentlicht

Die Platform on Sustainable Finance (PSF) konkretisiert die Anforderungen an den Mindestschutz in einem Berichtsentwurf. Neben sozialen Themen sind auch Aspekte der Governance zu berücksichtigen. Der Fokus liegt auf implementierten Prozessen und der tatsächlichen (Fehl-)Leistung von Unternehmen.

Hintergrund

Wirtschaftstätigkeiten sind künftig im Rahmen der EU-Klimataxonomie als „grün“ (ökologisch nachhaltig) zu klassifizieren, wenn diese einen wesentlichen Beitrag zu einem Umweltziel leisten, ohne dabei ein anderes Umweltziel erheblich zu beeinträchtigen (“Do No Significant Harm-Kriterien”, (DNSH)) und dabei der “Mindestschutz” eingehalten wird. Während die Kriterien des wesentlichen Beitrags und des DNSH umfassend im Rahmen der technischen Bewertungskriterien im Klimarechtsakt (Anhang 1 für das Ziel Klimaschutz, Anhang 2 für das Ziel Anpassung an den Klimawandel) vorgegeben werden, wurde der Mindestschutz bislang nicht über den Text der Taxonomie-Verordnung (Art. 18) hinaus konkretisiert, der im Wesentlichen auf eine Reihe internationaler Leitlinien und Rahmenwerke verweist. Diese Lücke versucht nun die Platform on Sustainable Finance (PSF) zu schließen.

Berichtsentwurf der Platform on Sustainable Finance

Die PSF hat am Montag ihren Entwurf für einen Bericht über den Mindestschutz veröffentlicht, der bis zum 22. August kommentiert werden kann. Der finale Bericht soll im Anschluss daran im drítten Quartal der Europäischen Kommission vorgelegt werden. Der Bericht der PSF hat keine rechtliche Bindungswirkung, wird aber von der Europäischen Kommission bei der Entscheidung berücksichtigt, ob diese weitere Hinweise veröffentlichen wird.

Soziales und Governance

In ihrem Entwurf greift die PSF eine Reihe von Themen für die Anwendung des Mindestschutzes auf. Für die praktische Umsetzung besonders relevant ist die Festlegung der wesentlichen Themenbereiche:

  • Menschenrechte (inkl. Arbeitsrechte)
  • Bestechung und Korruption
  • Besteuerung
  • Fairer Wettbewerb

Nach Auffassung der PSF umfasst der Mindestschutz damit neben sozialen Themen auch Aspekte der Governance.

Verknüpfung mit (künftiger) EU-Gesetzgebung

Die PSF bettet den Mindestschutz ferner in die bestehende und derzeit entwickelte Gesetzgebung ein. U.a. sollen die Vorgaben an entsprechende Prozesse aus der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und die damit verbundene Berichterstattung im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD); – zumindest für das Thema Menschen- bzw. Arbeitsrechte – künftig den detaillierten Referenzrahmen für die Einhaltung des Mindestschutzes bilden. Inhaltlich im Zentrum des Mindestschutzes für sämtliche Themen stehen adäquate Due Diligence Prozesse („processes“) und die tatsächliche Leistung des Unternehmens in Bezug auf die genannten Themen („outcomes“). Folglich sprechen mangelhafte oder fehlende Prozesse sowie rechtskräftige Verurteilungen in Bezug auf die genannten Themen oder eine Verweigerung der Teilnahme an Mechanismen des Stakeholder-Dialogs gegen eine Einhaltung des Mindestschutzes.

Der Entwurf der PSF zum Mindestschutz enthält eine Vielzahl wertvoller Hinweise, wie Unternehmen den sozialen und den die Governance betreffenden Anforderungen gerecht werden können. Die praktische Umsetzung des Mindestschutzes könnte dabei zu einem komplexen, z.T. iterativen Prozess werden, da dessen Einhaltung bereits schon jetzt eine notwendige Voraussetzung für taxonomiekonforme Tätigkeiten ist, während die konkreten gesetzlichen Vorgaben in Form der CSDDD und der CSRD (zum aktuellen Stand hatte ich am 22. Juni informiert) derzeit noch nicht finalisiert sind. Hinzu kommt, dass diese Richtlinien im Anschluss noch in nationales Recht umgesetzt werden müssen und in Deutschland zusätzlich noch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zu berücksichtigen ist, das zumindest in einzelnen Bereichen Schnittmengen aufweist und zeitlich der CSDDD vorgelagert ist. Diese Situation verdeutlicht, dass neben dem Bereich der Umwelt (E(nvironment)) auch die Themen Soziales (S) und Governance (G) zunehmend stärker reguliert und feste Bestandteile der Unternehmensberichterstattung werden.

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Peter Flick

Peter Flick

Partner
Frankfurt am Main

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