Entwurf des delegierten Rechtsakts zu den europäischen Nachhaltigkeitsstandards veröffentlicht

Am 9. Juni 2023 hat die Europäische Kommission den Entwurf des delegierten Rechtsakts zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlicht, wie es die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) fordert.

Die Entwicklung der zukünftigen europäischen Nachhaltigkeitsstandards geht damit in den Endspurt. Mit der Veröffentlichung des Entwurfs des delegierten Rechtsakts inklusive Annex I „European Sustainability Reporting Standards” und Annex II „Acronyms and Glossary of Terms” bittet die Europäische Kommission um finales Feedback zu den ESRS. Die Kommentierungsfrist beträgt vier Wochen und endet am 7. Juli 2023.

Die offizielle Mitteilung der Europäischen Kommission, den Entwurf einschl. Annex I und II sowie ein Muster zur Einreichung von Feedback finden Sie hier. Für die Einreichung von Feedback ist eine kostenlose Registrierung erforderlich.

Die ESRS legen Umfang und Struktur der künftigen Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten CSRD fest.Weitere Informationen finden Sie in meinem Blogbeitrag vom 16. Dezember 2022.

Zwölf ESRS

Der Annex I des Entwurfs des delegierten Rechtsakts umfasst zwölf ESRS: zwei übergreifende Querschnittsstandards („Cross-cutting Standards”), die auf alle Nachhaltigkeitsthemen angewendet werden und zehn thematische Standards, die mit „Umwelt, Soziales und Governance“ das gesamte ESG-Spektrum abdecken. Einen Überblick über die ESRS gibt folgende Übersicht:

Zuvor hatte die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) draft ESRS entwickelt und diese am 22. November 2022 der Europäischen Kommission übergeben (Einzelheiten finden Sie in meinem Blogbeitrag vom 23. November 2022). Nach erfolgter Übergabe hat die Europäische Kommission die Entwürfe in den vergangenen Monaten gewürdigt und hierzu Stellungnahmen europäischer Aufsichtsbehörden (unter anderem der European Securities and Markets Authority (ESMA)), weiterer EU-Institutionen, wie der European Banking Authority (EBA) und der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) sowie der Member State Expert Group on Sustainable Finance eingeholt.

Wesentliche Änderungen an den ESRS

Im Rahmen ihres Überarbeitungsprozesses hat die Europäische Kommission umfangreiche Änderungen an den bisherigen draft ESRS vorgenommen, unter anderem zu folgenden Themen:

  • Wesentlichkeit - Alle Standards, mit Ausnahme des ESRS 2 „General disclosures”, unterliegen einer Wesentlichkeitsprüfung. Demnach müssen die Unternehmen auf der Grundlage ihrer Wesentlichkeitsanalyse festlegen, welche Informationen als wesentlich zu betrachten sind. Pflichtangaben, wie in den bisherigen Entwürfen etwa die Angaben des ESRS E1, die unabhängig vom Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse zu berichten sind, gibt es somit mit Ausnahme der „General disclosures” nicht mehr.
  • Erleichterungen für die Erstanwendung - Für verschiedene Angabepflichten und Datenpunkte wurden Erleichterungen für die Erstanwendung eingeführt. Dies betrifft u.a. Angaben zu potenziellen finanziellen Effekten umweltbezogener, d.h. Verschmutzung, Wasser, Biodiversität betreffende, Auswirkungen, Risiken und Chancen. Für klimabezogene potenzielle finanzielle Effekte gibt es keine zusätzlichen Erleichterung. Ferner gilt eine solche Erleichterung für ausgewählte Angaben des ESRS S1. Für Unternehmen mit bis zu 750 Mitarbeitenden wurden spezielle Erleichterungen eingeführt. Im ersten Berichtsjahr können diese Unternehmen z.B. auf die Angabe ihrer Scope-3-Treibhausgasemissionen und alle Berichtsanforderungen des ESRS S1 verzichten.
  • Flexibilität - Die Angaben des ESRS S1 sind flexibler, u.a. wurde die Schwelle für die Angabe der wesentlichen Merkmale der Mitarbeitenden für „Länder >50 Mitarbeitende” auf „Länder >10% der Gesamtmitarbeitenden” gesenkt. Zudem besteht mehr Flexibilität in Bezug auf die Angaben zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen und Risiken im Zusammenhang mit nicht-klimabezogenen Angaben und in der Methodik der Wesentlichkeitsanalyse. Angabepflichten zu den Themen Korruption und Bestechung sowie Schutz von Whistleblowern wurden in ihrem Wortlaut angepasst, um einen Konflikt mit dem Schutz vor Selbstbelastung zu vermeiden.
  • Freiwillige Angaben - Einige Angaben sind nun freiwillig. Beispiele hierfür sind der Übergangsplan für Biodiversität und Ökosysteme (ESRS E4) sowie eine Reihe von Metriken zu Nicht-angestellten Mitarbeitenden (ESRS S1). Auch eine Erklärung, weshalb bestimmte Nachhaltigkeitsthemen als unwesentlich eingestuft wurden, ist im neuen Entwurf eine freiwillige Angabe.

Die Einführung von zusätzlichen Erleichterungen, mehr Flexibilität und freiwilligen Angaben soll die Belastung aus der Berichterstattung für die betroffenen Unternehmen verringern und die erstmalige Anwendung der Standards erleichtern.

Nächste Schritte

Nach Ablauf der Rückmeldefrist wird die Europäische Kommission die eingegangenen Stellungnahmen würdigen und die finalen ESRS voraussichtlich bis Ende Juli 2023, spätestens Ende August 2023, als delegierten Rechtsakt verabschieden, gefolgt von einem Prüfungszeitraum (sog. „scrutiny period”), in dem sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat Einwände erheben können. Sofern keine Einwände erhoben werden, sind die ESRS ab dem 1. Januar 2024 für alle von der CSRD betroffenen Unternehmen unmittelbar verbindlich. Im Falle eines Einwands treten die ESRS nicht in Kraft und der Gesetzgebungsprozess muss von Neuem beginnen. Derzeit ist jedoch davon auszugehen, dass die ESRS ab dem 1. Januar 2024 und damit mit der Erstanwendung der CSRD anzuwenden sind.

Gerne halte ich Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden.

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Peter Flick

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