Restschuldversicherungen neu denken: Die Cooling-Off-Phase nach dem Zukunftsfinanzierungsgesetz als Chance für digitale Abschlussprozesse und Kundenorientierung
Erweiterter Verbraucherschutz zwingt Finanzdienstleister zum Handeln
Seit November 2023 ist das erste Zukunftsfinanzierungsgesetz in Kraft getreten. Dessen Wirkungsbereichs ist seit dem 1. Januar 2025 durch die Einführung der Cooling-Off Phase für Restschuldversicherungen (RSV) erweitert worden. Doch welche Finanzierungsvorhaben sind davon betroffen? Und welche prozessualen Anpassungen müssen Banken und Versicherer beim RSV-Vertrieb beachten? Dies und mehr erläutern wir im zweiten Teil unseres RSV-Blogs.
Welche Finanzierungsformen und -zwecke sind von der Cooling-Off-Phase betroffen?
Laut einer repräsentativen BaFin-Umfrage beläuft sich der Finanzierungsbetrag von Ratenzahlungen bzw. Krediten in zwei von drei Fällen auf unter 5.000€. In nur jedem sechsten Fall (16%) liegt der Finanzierungsbetrag jenseits der 10.000€. Verwendet wird der Darlehensbetrag vor allem für den Kauf von Konsumgütern (58%), wie Möbel und Reisen, oder die Anschaffung eines Autos (26%). Der Abschluss einer Verbraucherfinanzierung erfolgt überwiegend über Kreditinstitute (52%). Etwa jede zehnte Verbraucherfinanzierung wird direkt im Autohaus abgeschlossen und durch den Kfz-Händler vermittelt, was die RSV-Versicherung auch zu einem relevanten und in der Vergangenheit auch hochprofitablen Produkt für den Automobilhandel machte.
Wenn Restschuldversicherungen zusätzlich abgeschlossen werden, erfolgt dies bisher vor allem am selben Point of Sale. Hierbei nehmen insbesondere Banken eine Schlüsselfunktion ein. Über 80% der Versicherer mit RSV-Tarifen vermitteln diese unter anderem über Banken.
Wie kann eine hohe RSV-Conversion trotz Cooling-Off-Phase gelingen?
Für die meisten Banken, Kreditvermittler und Versicherungen bedeutet die Neuregelung der RSV vor allem zwei Dinge: (zunächst) einen deutlichen Rückgang in den Abschlusszahlen für RSV-Neuverträge sowie signifikante Umstellungen in Vertriebsprozessen und (digitalen) Antragsstrecken.
Anders als die geäußerten alarmierenden Aussagen seitens Bankenfachverbänden und des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft vermuten lassen, wird auch die Restschuldversicherung in Zukunft erfolgreich vertrieben werden können.
Der PwC-Marktblick zeigt, dass die RSV sowie auch weitere Produkte, z.B. Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherungen, in Zukunft als optionales Add-On zum Kreditprodukt vereinbart und den Kreditnehmenden nach Ablauf der Cooling-Off-Phase zum nachträglichen Abschluss angeboten wird. Hierbei muss bereits bei Abschluss - im Sinne des Zukunftsfinanzierungsgesetzes - über die Versicherung informiert, relevante Vorteile kundengerecht kommuniziert und als Option im Kreditvertrag dokumentiert werden. Nach Ablauf der Cooling-Off-Phase wird über eine zielgruppengerechte und datenschutzrechtlich zulässige Ansprache erneut auf die Option hingewiesen und bei Bedarf durch den Kunden hinzugewählt. Entscheidend ist hierbei, dass der Aufwand für den nachträglichen Versicherungsabschluss so gering wie möglich gehalten wird. In diesem Kontext stehen die Kundenorientierung und Digitalisierung im Fokus. Barrierefreie „One-Click“-Abschlüsse sollten Realität werden, um steigende Kundenerwartungen befriedigen und eine höhere Conversion Rate erzielen zu können. Eine regulatorische Anpassung könnte in diesem Kontext als Katalysator zu mehr Kundenzentrierung und weiterer Digitalisierung im Banken- und Versicherungsumfeld dienen.
Zusammenfassung: Digitalisierung und Kundenzentrierung als Schlüssel zum Erfolg
Trotz regulatorischer Anpassungen möchten Finanzierungsnutzende weiterhin den Kreditausfall abdecken. Laut einer Umfrage des Bankenfachverbandes (2024) erachten nahezu alle Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer (96%) die Absicherung möglicher Risikofaktoren, wie Todesfall, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit als sinnvoll. Immerhin mehr als ein Drittel (39%) erachten die Absicherung per Restschuldversicherung als (sehr) sinnvoll. Dennoch wird die Überführung dieses Kundenbedürfnisses in einen erfolgreichen Vertragsabschluss durch die Einführung der RSV-Cooling-Off Phase deutlich diffiziler. Die erneute Kundenansprache muss nahtlos an den emotionalen Zustand des Kunden zum Zeitpunkt des Finanzierungsabschlusses anknüpfen, den Mehrwert der Restschuldversicherung seriös darlegen und den Abschluss so komfortabel wie möglich gestalten.
Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote. |
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