Bis Freitag, den 09.06.2023: BaFin konsultiert ergänzende nachhaltigkeitsbezogene Transparenz-Regeln für Lebensversicherungen
BaFin konsultiert Merkblatt zur Anwendung des Zuordnungsansatzes durch Lebensversicherungsunternehmen im engeren Sinne sowie Pensionskassen und Pensionsfonds im Rahmen der EU-Offenlegungsverordnung
Die europäische nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungsverordnung (Verordnung (EU) 2019/2088) soll Transparenz und Vergleichbarkeit von Finanzprodukten erhöhen, indem Finanzmarktteilnehmer zu produktspezifischen Nachhaltigkeitsangaben in vorvertraglichen Informationen, regelmäßigen Berichten und auf Internetseiten verpflichtet werden. Erklärtes Ziel dabei ist, dass privates Kapital für die Transformation der Wirtschaft mobilisiert wird. Die Offenlegungsverordnung enthält jedoch keine spezifischen Regelungen zum Umgang mit der Produktgestaltung der deutschen „klassischen Lebensversicherung“, die in Europa eine Sonderstellung durch die besondere Umsetzung der kollektiven Absicherung der Versicherungsnehmer über das kollektive Sicherungsvermögen einnimmt. Zu diesem Zweck hat die BaFin mit dem Entwurf eines Merkblattes die Umsetzung für die Zuweisung im Sinne der Offenlegungsverordnung entwickelt. Neue Finanzprodukte in Form einer klassischen Lebensversicherung bzw. den klassischen Teil eines neuen Finanzproduktes in Form eines Hybridproduktes können in diesem Zuge nach Art und Volumen zu bestimmende Vermögenswerte transparent zugeordnet werden. Ebenfalls für neue Finanzprodukte von Pensionskassen und Pensionsfonds, für die zusätzliche Angaben nach Art. 8 oder 9 EU-Offenlegungsverordnung (VO-EU-2019/2088) offenzulegen sind ist der Zuordnungsansatz anwendbar.
Die Anwendung des Zuordnungsansatzes ist freiwillig, setzt jedoch voraus, dass ausschließlich neue Finanzprodukte berücksichtigt werden und Kund:innen vorvertraglich über die Anwendung des Zuordnungsansatzes informiert werden. In den vorvertraglichen Informationen ist ausdrücklich klarzustellen, dass die Beteiligung an Überschüssen auf Basis der gesamten Sicherungsvermögens erfolgt und Kund:innen somit auch an der Rendite von Vermögenswerten partizipieren, die gegebenenfalls nicht vollumfänglich dem gewünschten Nachhaltigkeitsniveau entsprechen.
Wird der Zuordnungsansatz nicht angewendet, beziehen sich die produktbezogenen Angaben auf die gesamten nicht-fondsgebundenen Vermögenswerte (sofern nicht im Ausnahmefall selbständige Abteilungen des Sicherungsvermögens im Sinne von § 125 Abs. 6 oder Abs. 7 Versicherungsaufsichtsgesetz existieren).
Die Methodik des Zuordnungsansatzes
Das Zuordnungsvolumen richtet sich nach der Höhe des aus den Sparbeiträgen des jeweiligen Produkts oder der jeweiligen Produktgruppe[1] gebildeten Kapitals. Die Messung erfolgt mit Hilfe von Positionen der Passivseite. Der Buchwert der Vermögenswerte muss dabei mindestens so groß sein wie die daraus entstehenden Deckungsrückstellung.
Die Zuordnung erfolgt entweder durch Widmung oder durch einen proportionalen Ansatz. Eine doppelte Zuordnung eines Vermögenswertes zu verschiedenen Produkten bzw. Produktgruppen ist nicht zulässig.
Dabei werden die neu erworbenen Vermögenswerte mit Nachhaltigkeitsmerkmalen mindestens bis zu den für ein Produkt zugesagten Mindestquoten durch Widmung konkret dem jeweiligen Produkt bzw. der jeweiligen Produktgruppe mit dem zuvor beschriebenen Zuordnungsansatz zugeordnet. Die Zuordnung wird entsprechend dokumentiert. Die restlichen Vermögenswerte werden proportional auf alle Produkte aufgeteilt. Eine Dokumentation von proportional zugeordneten Vermögenswerten ist nicht erforderlich. Vermögenswerte, bei denen eine Zuordnung zu einem Produkt bzw. einer mit Zuordnungsansatz aufgrund von vertraglichen Zusagen ausgeschlossen ist, sind nicht zu berücksichtigen. Dies ist entsprechend zu dokumentieren.
Bezüglich der Dokumentation von gewidmeten Vermögenswerten ist zusätzlich zu beachten, dass auch Angaben zum Namen und zur Höhe des zugeordneten Anteils zu hinterlegen sind. Die Zuordnungshistorie muss dabei nachvollziehbar und revisionssicher dokumentiert sein.
Sofern der freiwillig anwendbare Zuordnungsansatz des Merkblatts vom Unternehmen verwendet wird, ist die Prüfung der Einhaltung dieses Merkblatts aus Sicht der BaFin Bestandteil der Verpflichtung des Abschlussprüfers nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 Versicherungsaufsichtsgesetz, die Einhaltung der Art. 3 bis 13 EU-Offenlegungsverordnung (Verordnung (EU) 2019/2088) sowie der Art. 5 bis 7 EU-Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) zu prüfen. Im Prüfungsbericht hat der Prüfer anzugeben, ob der Finanzmarktteilnehmer den Zuordnungsansatz nutzt und die Namen der betreffenden Produkte aufzulisten. Er hat dann / sofern der Zuordnungsansatz angewendet wird, zudem über seine Feststellungen zur Einhaltung dieses Merkblatts nachvollziehbar zu berichten.
Die Berücksichtigung von ausschließlich neuen Finanzprodukten und die Vernachlässigung von bereits im Bestand vorhanden nachhaltigkeitswirksamen Vermögenswerten hat zur Folge, dass nur niedrige Quoten an nachhaltigen Investitionen im Sinne des Art. 2 Nr. 17 EU-Offenlegungsverordnung oder ökologisch nachhaltigen Investitionen im Sinne des Art. 2 Nr. 1 EU-Taxonomie-Verordnung ausgewiesen werden können. Der GDV hat bereits angekündigt eine Stellungnahme abzugeben. Dabei soll u. a. angeregt werden, dass der Zuordnungsansatz auch für bestehende Produkte mit Nachhaltigkeitsmerkmalen angewandt werden kann.
Der BaFin-Entwurf steht noch bis zum 9. Juni 2023 zur Konsultation offen. Eine Stellungnahme per Mail kann unter Konsultation-08-23@bafin.de abgegeben werden.
[1] Für die Zwecke des Zuordnungsansatzes können Produkte zu einer Produktgruppe zusammengefasst werden, wenn durch die zugeordneten Vermögenswerte alle ESG-Anlagestrategien und alle zugesagten Mindestquoten für die gesamthaft betrachteten Produkte erfüllt sind. Die Zuordnung eines Produkts zu einer Produktgruppe ist dauerhaft beizubehalten.
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