EBA veröffentlicht Konsultationspapier zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Krypto-Assets
Krypto-Assets unter der Säule 1: Ein weiterer Schritt in Richtung regulatorischer Klarheit
Mit der Veröffentlichung der CRR3 wurde ein erster Schritt innerhalb der EU unternommen, um eine einheitliche regulatorische Behandlung von Krypto-Assets in der Säule I sicherzustellen. Die aktuellen Anforderungen befinden sich jedoch noch in der Anfangsphase ihrer vollständigen Ausgestaltung und konzentrieren sich insbesondere auf die folgenden Aspekte:
- Art. 5a CRR: Definition von Krypto-Assets
- Art. 430 CRR: Meldung von Krypto-Assets
- Art. 451b CRR: Offenlegung von Krypto-Assets
- Art. 501d CRR: Übergangsbestimmung für die aufsichtsrechtliche Behandlung im Sinne der Eigenkapitalvorschriften
Interessant ist vor allem der Zeitplan für das Inkrafttreten der Regelungen. Während die wesentlichen Inhalte der CRR3 am 1. Januar 2025 in Kraft getreten sind, ist Artikel 501d CRR3 bereits seit Juli 2024 anzuwenden; seit diesem Zeitpunkt sind Krypto-Assets im Rahmen von Übergangsbestimmungen in den Risikogewichteten Aktiva (RWA) zu erfassen (Art. 501d Abs. 2 CRR3). Gleichzeitig soll die EU-Kommission einen Vorschlag für eine dauerhafte Methodik zur Ermittlung der Kapitalanforderungen entwickeln, der wiederum bis Sommer 2025 in eine EU-Verordnung münden soll.
Ähnlich stellt sich die Lage bei den Melde- und Offenlegungspflichten dar – auch diese gelten formal bereits seit Juli 2024, es fehlt jedoch an finalen Melde- und Offenlegungstemplates, die aktuell durch die EBA entwickelt werden.
Die Auswirkungen der teilweise noch unvollständigen Regelungen sind in der Praxis bei vielen Instituten noch gering – insbesondere, da die Kryptoaktivitäten überwiegend auf tokenisierte traditionelle Vermögenswerte abzielen, die analog zu traditionellen Vermögenswerten risikogewichtet werden.
Mit der Veröffentlichung des Konsultationspapiers zum Draft RTS zu Art. 501d CRR am 8. Januar 2025 wurde nun das nächste Kapitel zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Krypto-Assets aufgeschlagen. Die EBA erfüllt hiermit das ihr über die CRR in Art. 501d Abs. 5 erteilte Mandat, festzulegen, wie Institute im Rahmen der Übergangsregelungen die aus Krypto-Assets resultierenden Eigenmittelanforderungen berechnen. Neben den bis zum 8. April 2025 zur Konsultation gestellten Vorgaben zur Kapitalunterlegung sieht sich die EBA dabei vor die Herausforderung gestellt, die verschiedenen Regulierungsinitiativen auf europäischer Ebene über die Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (MiCAR) wie auch auf internationalem Parkett durch den BCBS-Standard SCO60 zu berücksichtigen und die Weichen für die nächste Ausbaustufe der Regulierung zu stellen.
Hintergrund, Entwicklung und Harmonisierung der Regulierung
Gemessen an der Marktkapitalisierung ist in den vergangenen Jahren eine Vervielfachung der Vermögenswertpreise im Krypto-Asset-Umfeld zu beobachten. Gleichzeitig kommt es am Markt für Krypto-Assets immer wieder zu erheblichen Korrekturen. Der rasante Anstieg und die hohe Volatilität führen neben einem gestiegenen weltweiten Interesse von Investoren auch zu zunehmenden Regulierungsbestrebungen der Aufsichtsbehörden. So wird zwar aktuell das Exposure von Banken in Krypto-Assets noch als relativ gering eingestuft, jedoch können die absolute Größe des Krypto-Asset-Markts bereits als bedeutend bezeichnet und weitere dynamische Entwicklungen angenommen werden, die potenziell eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität darstellen.
Regulierungsbehörden wie die Europäische Union (EU) und der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) haben umfassende Rahmenwerke für den Umgang mit Krypto-Assets entwickelt. Seit Mitte 2023 regelt die MiCAR verschiedene Krypto-Aktivitäten, einschließlich der Emission von Asset-Referenced Tokens (ARTs) und Electronic Money Tokens (EMTs). Der BCBS hat internationale Standards erarbeitet, um die aufsichtsrechtliche Behandlung von Krypto-Assets durch Banken mit finanzieller Stabilität und Innovation in Einklang zu bringen.
Mit dem Inkrafttreten der CRR3 am 9. Juli 2024 wird für Kreditinstitute in der EU die Grundlage für die Regulierung von Risikopositionen in Krypto-Assets gelegt. Während die umfassenden Anforderungen des Art. 501d Abs. 1 CRR erst zukünftig gelten, greifen die Übergangsregelungen nach Abs. 2 bereits unmittelbar. Zudem erteilt Abs. 5 der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) das Mandat, bis zum 10. Juli 2025 technische Regulierungsstandards zu entwickeln und der Europäischen Kommission vorzulegen.
Bei der Erstellung dieser Standards berücksichtigt die EBA die Vorgaben des BCBS sowie bestehende unionsrechtliche Regelungen gemäß MiCAR. Ziel ist eine verhältnismäßige und risikosensitive Behandlung von Krypto-Assets, damit Kreditinstitute ihre Risiken einheitlich und robust berechnen und kapitalisieren können. Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die Entwicklung der aufsichtsrechtlichen Behandlung von Risikopositionen in Krypto-Assets auf internationaler und europäischer Ebene.
Fachliche Vorgaben des Konsultationspapiers
Die Grundlage für die aufsichtsrechtliche Behandlung von Krypto-Assets in den aktuell gültigen Übergangsbestimmungen des Art. 501 Abs. 2 CRR bildet die Einstufung der jeweiligen Krypto-Assets. Die CRR differenziert hierbei zwischen drei Kategorien:
- Risikopositionen in Krypto-Assets gegenüber tokenisierten traditionellen Vermögenswerten
Diese Positionen sind wie Risikopositionen gegenüber den zugrunde liegenden traditionellen Vermögenswerten zu behandeln. Sie werden daher von der weiteren Betrachtung durch die EBA ausgeschlossen. - Risikopositionen gegenüber Vermögenswerte-referenzierenden Token (sogenannte Asset-Referenced Tokens, ART)
Für diese Token, deren Emittenten die Vorgaben der MiCAR einhalten und die sich auf einen oder mehrere traditionelle Vermögenswerte beziehen, wird ein Risikogewicht von 250 % angewendet. - Risikopositionen in sonstigen Krypto-Assets
Krypto-Assets, die nicht unter die zuvor genannten Kategorien fallen, erhalten ein deutlich höheres Risikogewicht von 1.250 %.
Im aktuellen Konsultationspapier zur Ausarbeitung der technischen Regulierungsstandards (RTS) behandelt die EBA eine Reihe zentraler Themen. Diese beinhalten unter anderem die weitere Präzisierung der Kriterien für die Kategorisierung von Krypto-Assets sowie die Klärung offener Fragen zur praktischen Umsetzung der neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen.
Risikogewichte und Risikopositionswerte
Die Entwürfe sehen vor, dass die Risikogewichte gemäß Artikel 501d (2) CRR auf direkte Kreditrisikopositionen in Krypto-Assets angewendet werden müssen. Zusätzlich werden Regeln zur Berechnung der Risikopositionswerte für Derivate und Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (SFTs) definiert, auf die diese Risikogewichte angewendet werden.
Für Krypto-Assets, die Gegenparteirisiken erzeugen, werden zwei Ansätze diskutiert:
- Alternative A: Die Risikogewichte für Gegenparteirisiken entsprechen den direkten Kreditrisikopositionen in Krypto-Assets, was konservativer ist.
- Alternative B: Es wird der etablierte Ansatz für Gegenparteirisiken (CCR) angewendet, bei dem das Risikogewicht der Gegenpartei zugrunde gelegt wird. Dies wäre konsistenter mit dem bestehenden Regelwerk und für Institute leichter umsetzbar.
Für Krypto-Assets, die Marktrisiken erzeugen, sind in den Entwürfen spezielle Marktrisikoregeln vorgesehen. Da Artikel 501d CRR die Marktrisiken nicht explizit behandelt, wird in den Entwürfen eine risikoproportionale und sensible Behandlung gefordert. Zudem beinhalten die RTS technische Details zu Hedging-Mechanismen, Nettopositionen sowie Aggregationsmethoden für Long- und Short-Positionen.
Bewertungs- und Bilanzierungsherausforderungen von Krypto-Assets
Die Bewertung von Krypto-Assets ist entscheidend für die Berechnung von Eigenkapitalanforderungen, doch es fehlen spezifische internationale Rechnungslegungsstandards. In ihrem Konsultationspapier weist die EBA beispielsweise darauf hin, dass es sich im Fall von Kryptowährungen gemäß IFRS nicht um finanzielle Vermögenswerte handelt, sondern diese als immaterielle Vermögenswerte oder Betriebsausstattung zu klassifizieren sind.
Krypto-Assets zeichnen sich durch hohe Preisvolatilität und Unsicherheiten bei der Bewertung aus. Analysen zeigen, dass unbesicherte Krypto-Assets besonders anfällig für Preiszyklen sind, während auch Stablecoins unter bestimmten Bedingungen deutliche Abweichungen von ihrem Paritätswert aufweisen. Hinzu kommen Herausforderungen wie unzuverlässige Preisdaten und mangelnde Transparenz auf Handelsplattformen, die die Bewertung erschweren.
Um diese Unsicherheiten zu adressieren, sollen Krypto-Assets, die unter die MiCAR fallen und keine Finanzinstrumente oder Waren sind, den Anforderungen der Prudent Valuation gemäß Artikel 105 CRR unterliegen. Die vorgeschlagenen technischen Regulierungsstandards der EBA stellen sicher, dass die Definitionen von Bewertungspositionen oder Finanzinstrumenten und Waren im Prudent Valuation-Regelwerk auch Krypto-Assets umfassen, um eine konsistente und transparente regulatorische Behandlung unabhängig von der Klassifizierung und Bewertung im Rahmen der Rechnungslegung zu gewährleisten.
Aktuelle Diskussionspunkte: Zusammenspiel zwischen CRR, MiCAR und eWPG
Die fortschreitende Regulierung von Krypto-Assets und digitalen Finanzinstrumenten wirft aktuell auch zahlreiche Fragen zur Behandlung dieser neuen Anlageklassen und den damit verbundenen Anforderungen auf. Insbesondere im Kontext elektronischer Wertpapiere, die als Kryptowertpapiere in einem Kryptowertpapierregister eingetragen sind, ergeben sich derzeit auf nationaler Ebene bestimmte Fragestellungen. Nach dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWPG) gelten solche Wertpapiere als Kryptowertpapiere und gleichzeitig als Finanzinstrumente im Sinne der EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID). Diese doppelte Qualifikation verdeutlicht die zunehmende Komplexität bei der rechtlichen Einordnung von Krypto-Assets.
Ein zentraler Punkt dabei ist, dass Finanzinstrumente, die unter MiFID fallen, vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgenommen sind. Dies führt zu einer klaren Abgrenzung zwischen Finanzinstrumenten und anderen Krypto-Assets, schafft aber auch potenzielle Überschneidungen und Grauzonen zwischen verschiedenen Regulierungsansätzen. Gleichzeitig greift die CRR in ihrer Definition auf die MiCAR zurück, indem sie digitale Darstellungen von Werten oder Rechten berücksichtigt, die über Distributed-Ledger-Technologien (DLT) elektronisch übertragen werden. Interessanterweise bezieht sich die CRR-Definition jedoch nicht auf den Anwendungsbereich der MiCAR, was zu weiteren Interpretationsfragen führen kann.
Diese Entwicklungen verdeutlichen, wie eng regulatorische Vorgaben mit der technologischen Innovation und den neuen Geschäftsmodellen im Bereich digitaler Finanzinstrumente verknüpft sind. Sie laden zur Diskussion ein, wie bestehende Grauzonen überwunden werden können und welche Maßnahmen erforderlich sind, um eine klare und effiziente regulatorische Landschaft für Krypto-Assets zu schaffen.
Herausforderung: Umsetzung
Mit der Veröffentlichung des RTS-Entwurfs macht die EBA den ersten Schritt ihr Mandat aus der CRR zu erfüllen und klare Leitlinien für die aufsichtsrechtliche Behandlung von Risikopositionen in Krypto-Assets bereitzustellen. Die Konsultationsphase läuft noch bis zum 8. April 2025 und bietet somit noch ausreichend Zeit sich aktiv an der Ausgestaltung der neuen Regelungen zu beteiligen.
Bereits die Entwürfe verdeutlichen, wie eng technische, rechtliche und aufsichtsrechtliche Aspekte bei der Behandlung von Krypto-Assets miteinander verzahnt sind. Eine ganzheitliche Herangehensweise, die alle relevanten Bereiche von Governance, Risk und Compliance bis hin zu IT und rechtlichen Aspekten einbezieht, ist unverzichtbar, um die aufkommenden Herausforderungen zu bewältigen und gleichzeitig Chancen zu nutzen.
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