Interaktion zwischen Säule-2-Anforderungen und dem Output Floor
Eine Analyse der EBA-Opinion (EBA/Op/2025/01)
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 21. Januar 2025 eine Opinion zur Interaktion zwischen den zusätzlichen Säule-2-Kapitalanforderungen („Pillar 2 Requirements“, P2R) und dem Output Floor abgegeben (EBA/Op/2025/01). Diese bringt Klarheit darüber, wie Aufsichtsbehörden mit den Auswirkungen des Output Floors auf die Säule-2-Kapitalanforderungen umgehen sollten. Der folgende Beitrag soll ein Überblick über die zentralen Inhalte der EBA Opinion sowie eine Einschätzung zu potenziellen Auswirkungen geben.
Mit dem Inkrafttreten der CRR3 ist innerhalb der EU seit 1. Januar 2025 der Output Floor anzuwenden. Er legt eine Untergrenze für den Gesamtrisikobetrag (Total risk exposure amount, TREA) fest. Dies soll sicherstellen, dass interne Modelle von Banken nicht zu unverhältnismäßig niedrigen Kapitalanforderungen führen. Die gefloorten Kapitalanforderungen (F-TREA) ergeben sich dabei als Maximum aus den Kapitalanforderungen vor Anwendung des Output Floor (U-TREA) und den Kapitalanforderungen ohne Berücksichtigung zugelassener Modelle in der Säule 1 (S-TREA), multipliziert mit einem Faktor „x“. Der Faktor steigt im Rahmen von Übergangsregelungen von anfänglich 50% im Jahr 2025 auf 72,5% ab 2030. Es ist zu erwarten, dass Banken, die im Rahmen der Säule 1 interne Modelle nutzen, einen Anstieg der Kapitalanforderungen aufgrund des Output Floor sehen werden. Der genaue Zeitpunkt, zu dem der Floor greift, wird aufgrund der Übergangsregelungen von Bank zu Bank differieren.
Grundsätzlich sind die Säule-2-Kapitalanforderungen auf Basis der Kapitalanforderungen nach Anwendung des Output Floor (F-TREA) zu rechnen. Folglich ist zu erwarten, dass bei identischer P2R (ausgedrückt als Prozentsatz der TREA) die absolute Höhe des vorzuhaltenden Kapitals (ausgedrückt in EUR) steigen wird. Die Opinion der EBA behandelt insbesondere die Anforderungen des Artikels 104a(6) der CRD, der ungewollte Effekte zwischen dem P2R und dem Output Floor verhindern soll. Solche ungewollten Effekte würden entstehen, wenn die Aufsicht im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess („Supervisory Review and Evaluation Process“, SREP) ein P2R festgelegt hat, um Risiken aus Unzulänglichkeiten bei internen Modellen in der Säule 1 abzudecken. Eine solche Unterschätzung der Risiken in der Säule 1 wäre nicht mehr gegeben, wenn der Floor greift, da in diesem Fall die Standardansätze und nicht die internen Modelle die Höhe von TREA determinieren und somit auch die Notwendigkeit des P2R entfällt.
Genereller Ansatz der EBA
Zentrales Element der EBA-Opinion ist die sogenannte „temporäre Begrenzung“. Sie stellt sicher, dass die Kapitalanforderungen aufgrund des P2R einer Bank (ausgedrückt in EUR) nicht aufgrund des Output Floors ansteigen. Die temporäre Begrenzung soll gelten, bis die Aufsichtsbehörden im Rahmen des nächsten SREP sicherstellen, dass Risiken nicht doppelt durch Floor und P2R erfasst werden. Grundsätzlich schlägt die EBA in ihrer Opinion den folgenden dreistufigen Ansatz vor:
- Temporäre Begrenzung: Die zuvor festgelegte P2R wird auf U-TREA angewendet. Dies garantiert, dass der Anstieg der F-TREA nicht zu einer Überbewertung führt.
- Prüfung auf doppelte Risikozählung: Aufsichtsbehörden müssen überprüfen, ob Elemente der P2R bereits durch den Output Floor abgedeckt sind. Jede Doppelbewertung ist zu beseitigen.
- Zeitliche Begrenzung der Übergangsregelung: Die temporäre Begrenzung endet mit der nächsten vollständigen Überprüfung und Anpassung im Rahmen des Supervisory Review and Evaluation Process.
Temporäre Begrenzung der P2R im Detail
Die EBA stellt fest, dass die temporäre Begrenzung der Säule-2-Anforderungen nur einmal angewendet wird, wenn ein Institut erstmals durch den Output Floor gebunden ist. Wird von der zuständigen Behörde festgestellt, dass keine doppelte Risikobewertung vorliegt, entfällt die Begrenzung. Eine erneute Anwendung erfolgt nicht, selbst wenn der Übergangsfaktor des Output Floors steigt. In Fällen ohne Prüfung auf doppelte Risikobewertung wird der zuvor festgelegte Prozentsatz der P2R auf die ungefloorten-TREA angewendet.
Die folgende Tabelle zeigt die Wirkungsweise anhand eines einfachen Beispiels:
Output Floor | P2R | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Jahr | S-TREA | U-TREA | x | F-TREA | Effekt | % | EUR |
2024 |
250 |
100 | 0% | NA | NA | 2.00% | 2.00 |
2025 | 250 | 128 | 50% | 125 | 0 | 2.00% | 2.56 |
2026 | 250 | 130 | 55% | 137.5 | 7.5 | 1.89% | 2.60 |
Im Jahr 2026 wird deutlich, dass der Output Floor bei einem Übergangsfaktor von 55 % bindend wird, da F-TREA über U-TREA liegt. Die P2R von 2% wird auf U-TREA von 130 angewendet, was zu einer nominalen Belastung von 2,60 EUR führt. Der Anstieg der P2R (in EUR) gegenüber 2025 ist in diesem Fall ausschließlich auf den Anstieg von U-TREA zurückzuführen, aber nicht auf den Output-Floor. Ohne diese Regelung würde die P2R in Höhe von 2% auf F-TREA (137,5) angewendet, was zu einer P2R (in EUR) von 2.75 und damit einer Überbewertung führen könnte.
Die temporäre Begrenzung der P2R ist eine Übergangslösung, die auf einem vereinfachten Ansatz basiert. Daher empfiehlt die EBA, die Prüfung auf doppelte Risikobewertung zügig und bei Bedarf ad hoc durchzuführen, anstatt auf den nächsten vollständigen SREP-Zyklus zu warten. Diese flexible Vorgehensweise ist mit den SREP-Richtlinien vereinbar.
Die EBA fordert Banken zudem auf, ihre Aufsichtsbehörden frühzeitig zu informieren, wenn sie erwarten, vom Output Floor betroffen zu sein. Die Banken sollten Schätzungen zu den Auswirkungen des Output Floors auf die TREA und die P2R bereitstellen sowie den Einfluss der temporären Begrenzung erläutern. Dies ermöglicht eine frühzeitige Vorbereitung und einen effizienten Dialog zwischen Banken und Aufsichtsbehörden.
Prüfung auf doppelte Risikozählung
Die EBA betont, dass eine genaue Analyse erforderlich ist, um Überschneidungen zwischen den durch die Säule-2-Anforderungen (P2R) abgedeckten Risiken und den durch den Output Floor vollständig abgedeckten Risiken zu identifizieren. Im Fokus stehen hierbei vor allem P2R-Zusatzanforderungen, die zur Abdeckung von „Modellmängeln“ (regulatory model deficiencies) auferlegt wurden, welche die Mindestkapitalanforderungen laut CRR unterschätzen könnten. Solche Zusatzanforderungen sollten gemäß den SREP-Richtlinien nur als Übergangsmaßnahme eingesetzt werden, wenn sie nicht durch andere Maßnahmen unter Säule 1 (z.B. „Margin of Conservatism“, MoC) adressiert werden können.
Die EBA-Analyse zeigt jedoch, dass die Nutzung von P2R zur Abdeckung solcher Modellmängel selten vorkommt. Basierend auf Basel-III-Monitoring-Daten konnte nachgewiesen werden, dass Banken, die voraussichtlich vom Output Floor betroffen sein werden, nicht häufiger P2R-Zusatzanforderungen haben als andere Banken mit internen Modellen oder solche, die den Standardansatz verwenden. Dies unterstreicht, dass P2R-Anforderungen in der Praxis selten durch Überschneidungen mit dem Output Floor beeinflusst werden.
Abgesehen von den Modellmängeln gibt es laut EBA keine Hinweise darauf, dass P2R-Zusatzanforderungen in anderen Kategorien Überschneidungen mit dem Output Floor aufweisen. Die SREP-Richtlinien schließen explizit die Möglichkeit aus, P2R-Anforderungen mit Modellrisikocharakter aufzuerlegen, die nicht als Modellrisiko, sondern beispielsweise als Kredit- oder Marktrisiko klassifiziert werden könnten. Dies dient dazu, Doppelzählungen und unnötige Belastungen für die Institute zu vermeiden.
Die EBA sieht mögliche Kürzungen der Säule-2-Anforderungen (P2R) nur in Fällen vor, in denen explizite Zusatzanforderungen aufgrund von „regulatory model deficiencies“ bestehen. Diese müssen sich auf Modelle beziehen, die bei der Berechnung der risikogewichteten Aktiva (TREA) unter Säule 1 verwendet werden. Die Kürzung darf dabei den durch den Output Floor verursachten Effekt auf die TREA (multipliziert mit 8 %) nicht überschreiten.
Darüber hinaus weist die EBA darauf hin, dass Aufsichtsbehörden bei der Prüfung von doppelten Risikobewertungen darauf achten sollten, arithmetische Effekte des Output Floors auf die nominalen P2R-Beträge zu vermeiden. Wenn P2R-Beträge auf einem Prozentsatz der TREA basieren, kann eine Erhöhung der TREA durch den Output Floor zu einer automatischen Steigerung der P2R führen, obwohl keine zusätzlichen Risiken vorliegen.
Die EBA empfiehlt, solche Effekte zu minimieren, indem Methoden angepasst werden, die P2R-Beträge in Abhängigkeit von TREA berechnen. So soll verhindert werden, dass rein rechnerische Anstiege zu unnötigen Belastungen für die betroffenen Institute führen.
Empfehlungen der EBA in der Zusammenfassung
Die EBA legt in ihrer Meinung die folgenden klaren Handlungsempfehlungen für Aufsichtsbehörden und Institute vor:
- Die EBA erwartet, dass die zuständigen Behörden die Institute dazu ermutigen, sie frühzeitig zu informieren, wenn absehbar ist, dass sie durch die Output-Floor-Regelung gebunden werden könnten. Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Institute die temporäre Obergrenze für P2R korrekt auf Basis der nicht-gefloorten TREA berechnen und die Überprüfung einer möglichen Doppelzählung erleichtert wird. Nach Abschluss dieser Überprüfung gilt P2R für die gefloorte TREA.
- Für Zwecke der Transparenz sollten Institute in ihren Offenlegungen gemäß Säule 3 die Auswirkungen der temporären Begrenzung und der Überprüfung auf doppelte Risikobewertungen darstellen, um sicherzustellen, dass die veröffentlichten P2R die tatsächlichen regulatorischen Anforderungen widerspiegeln.
- Die EBA erwartet, dass die zuständigen Behörden bei der Überprüfung auf Doppelzählung im Zusammenhang mit P2R-Zuschlägen nur Offsets in Bezug auf „regulatorische Modellmängel“ berücksichtigen. Der Zuschlag muss sich auf ein Modell beziehen, das zur Bestimmung der TREA verwendet wird, und der Betrag, der ausgeglichen werden kann, darf den Einfluss des Output Floors auf die TREA (multipliziert mit 8 %) nicht überschreiten.
- Die EBA empfiehlt den zuständigen Behörden, die eine Methode verwenden, bei der der P2R-Betrag durch Multiplikation mit der TREA berechnet wird, zu prüfen, wie sie im Rahmen der einmaligen Überprüfung auf Doppelzählung unzulässige arithmetische Effekte des Output Floors vermeiden können.
Fazit
Die Meinung der EBA stellt einen wichtigen Beitrag zur Harmonisierung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen in Europa dar. Sie stellt die Sichtweise der EBA zu Art. 104a CRD dar und formuliert Empfehlungen, insbesondere gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden und der EZB. Eine direkte Rechtswirkung ergibt sich aus der Opinion nicht, jedoch ist es wahrscheinlich, dass die Vorschläge bei der Adaption der Aufsichtspraktiken und den zukünftigen SREP-Analysen berücksichtigt werden. Für Institute lassen sich aus der EBA-Opinion zusammenfassend die folgenden Handlungsempfehlungen ableiten:
- Frühzeitige Analyse und Kommunikation mit Aufsichtsbehörden:
- Institute sollten frühzeitig analysieren und signalisieren, wenn sie voraussichtlich von der Output-Floor-Regelung betroffen sind.
- Eine korrekte Berechnung der temporären Obergrenze für P2R auf Basis der nicht-gefloorten TREA muss sichergestellt werden.
- Berücksichtigung von Offenlegungspflichten:
- Transparente Darstellung der Auswirkungen der temporären Begrenzung und der Überprüfung auf doppelte Risikobewertungen in den Offenlegungen gemäß Säule 3.
- Ziel ist, sicherzustellen, dass die veröffentlichten P2R-Beträge die tatsächlichen regulatorischen Anforderungen widerspiegeln.
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