Dem Klimawandel hinterher – EZB zieht ernüchternde Bilanz aus den Self Assessments der Institute zu Klima- und Umweltrisiken
Insgesamt ist die EZB mit dem aktuellen Stand nicht zufrieden: die Banken seien zu langsam in der Anpassung ihrer derzeitigen Praktiken für das Management und die Offenlegung von Klima- und Umweltrisiken und würden die Erwartungen der EZB mit diesem Tempo in absehbarer Zeit nicht erfüllen.
Hintergrund
Im November 2020 veröffentlichte die EZB ihren Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken und formulierte in diesen 13 aufsichtsrechtliche Erwartungen an Banken. In der Folge forderte die EZB die Banken zu einer Selbsteinschätzung in Bezug auf den gegenwärtigen Stand der Erfüllung der 13 Erwartungen auf (Self Assessment). Ferner verlangte die EZB von den Instituten die Entwicklung von Maßnahmenplänen zur vollständigen Umsetzung dieser Erwartungen.
Im August 2021 veröffentlichte die EZB in ihrem August-Newsletter die ersten Ergebnisse ihrer Auswertung der Self-Assessments. Die EZB konstatiert, dass sich die Banken mit Klima- und Umweltrisiken noch nicht ausreichend auseinandergesetzt und auch die Handlungsfelder noch nicht ausreichend konkret ermittelt haben. So haben sich aus Sicht der EZB nur etwa 1/3 der Banken die relevanten Themen hinreichend granular beleuchtet, während die Mehrzahl der Institute bisher nur unzureichende Analysen und Schritte zur Erfüllung der Anforderungen unternommen haben.
Insgesamt ist die EZB mit dem aktuellen Stand nicht zufrieden: die Banken seien zu langsam in der Anpassung ihrer derzeitigen Praktiken für das Management und die Offenlegung von Klima- und Umweltrisiken und würden die Erwartungen der EZB mit diesem Tempo in absehbarer Zeit nicht erfüllen.
Ergebnisse & weitere Details
Aktueller Stand
Im Februar 2021 hat die Mehrzahl der Banken in ihren Self Assessments erheblichen Handlungsbedarf identifiziert: Die meisten Institute schätzten ihre bisherigen Verfahren zum Management von Klima- und Umweltrisiken insgesamt als nur teilweise oder gar nicht übereinstimmend mit den aufsichtsrechtlichen Erwartungen ein.
Zwar haben die Institute damit begonnen, die Grundlagen für die Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken in ihren derzeitigen Governance-Strukturen und in Risikoinventuren zu schaffen. Allerdings ist es bisher nur den wenigsten Institute gelungen, Klima- und Umweltrisiken ganzheitlich in ihre Strategien, in den Risikoappetit und Limitsysteme sowie in die Risikomanagementprozesse zu integrieren.
Dies spiegeln beispielsweise auch die Rückmeldungen zum Kreditrisikomanagement wider. In diesem Bereich haben erst weniger als die Hälfte der Banken Klima- und Umweltrisiken in den Kreditvergaberichtlinien und -prozessen berücksichtigt. Weiterhin fehlt den meisten Banken derzeit eine angemessene Berücksichtigung dieser Risiken in den Risikoklassifzierungssystemen und im Pricing.
Im Ergebnis hält die EZB fest, dass Banken derzeit überwiegend nicht in der Lage sind, ihre Strategie und das Risikoprofil in Bezug auf Klima- und Umweltrisiken angemessen zu überwachen und zu steuern.
Umsetzungs- bzw. Maßnahmenpläne
Im Mai 2021 haben die Institute ihre Umsetzungs- bzw. Maßnahmenpläne zur Erfüllung der EZB-Anforderungen an die EZB übermittelt. Nach Einschätzung der EZB werden Institute durch die Umsetzung ihrer Pläne zwar erhebliche Fortschritte bei der Überwachung und Steuerung von Klima- und Umweltrisiken erzielen. Gleichwohl sieht die EZB für mehr als zwei Drittel der Institute deutlichen Nachbesserungsbedarf, um die vollständige Erfüllung der Anforderungen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für das Management der operationellen Risiken, der Liquiditätsrisiken sowie der Berichterstattung und Offenlegung:
Aus Sicht der EZB sind Banken aufgefordert, die Anforderungen zeitnah und vollständig zu erfüllen. Die EZB bekräftigt insofern erneut die hohe aufsichtliche Relevanz des Managements von Klima- und Umweltrisiken und wird Institute zeitnah auffordern, festgestellte Mängel in den Maßnahmen- und Umsetzungsplänen zu adressieren.
Fazit
Die EZB plant noch in diesem Jahr den vollständigen Bericht über die Datenerhebung zu berücksichtigen.
Zusätzlich zum Klimarisiko-Stresstest wird die EZB im Jahr 2022 eine umfassende aufsichtliche Überprüfung durchführen, bei der auch analysiert wird, inwieweit die Banken Klima- und Umweltrisiken in ihre Strategien und Risikomanagementprozesse integriert haben. Aufgrund der hohen Erwartungshaltung der Aufsicht ist es für die Institute umso wichtiger, die bisherigen Self Assessments zu den Aufsichtserwartungen sowie die Ausgestaltung ihrer Umsetzungs- und Maßnahmenpläne zu überprüfen sowie die Umsetzung weiter zu forcieren.
Kontakt

Dr. Michael Rönnberg
Partner
Frankfurt am Main