Segeln auf der grünen Welle: Neueste Entwicklungen beim EU Green Bond Standard

Mit dem EU Green Bond Standard (EuGBS), der ab Dezember 2024 Anwendung findet, wird ein einheitlicher Marktstandard für grüne Anleihen in der EU geschaffen.

Ein zentraler Bestandteil des Standards sind erhöhte Transparenzanforderungen für Emittenten, die zusätzlich einer externen Prüfung unterliegen und der Vermeidung von Greenwashing dienen sollen. Die ESMA hat kürzlich ein Konsultationspapier eines Sets an technischen Standards veröffentlicht, die sich auf die Registrierung und Beaufsichtigung von externen Prüfern von EU Green Bonds beziehen. 

Gleichzeitig gewinnt der Markt für grüne Anleihen, der in den letzten Jahren mit Herausforderungen konfrontiert war, wieder an Schwung. Für 2024 zeichnet sich weiteres Wachstum ab. Der neue EU Green Bond Standard könnte mit einem klaren Zeichen gegen Greenwashing weitere Anreize setzen.

1. Die ESMA hat ein Konsultationspapier eines ersten Sets an Standards veröffentlicht, die sich auf die Registrierung und Beaufsichtigung externer Prüfer beziehen 

Der Regulierungsrahmen für EU Green Bonds konkretisiert sich. Letzte Woche hat die European Securities and Markets Authority (ESMA) ein Konsultationspapier veröffentlicht, das erste von zwei Sets an Standards beinhaltet. Die ESMA legt im Rahmen des Konsultationspapiers vier Entwürfe für technische Regulierungsstandards (RTS) und einen Entwurf für technische Durchführungsstandards (ITS) vor. Es werden dabei Anforderungen die Unternehmen gestellt, die sich als externe Überprüfer registrieren lassen wollen. Die ESMA gibt Kriterien zu folgenden Themen vor:

  • Zusammenstellung der Geschäftsleitung, der Mitglieder des Leitungsorgans und das Vorhandensein einer angemessenen Anzahl analytischen Ressourcen, die an der Prüfung beteiligt sind;
  •  Vorhandensein einer soliden und umsichtigen Unternehmensführung inkl. Interessenkonflikt-Management; 
  • Bewertung der Kenntnisse Erfahrungen und Ausbildung, der Personen, die an der Prüfung beteiligt sind;
  • Auslagerung von Bewertungstätigkeiten. 

Darüber hinaus legt die ESMA im Rahmen des ITS Standardformulare, Vorlagen und Verfahren für die Bereitstellung von Registrierungsinformationen fest. 

Die Konsultationsphase endet im Juni 2024.

2. Der neue EU Green Bond Standard tritt 2024 in Kraft 

Im November haben sich die Institutionen der EU nach längeren Verhandlungen auf die rechtliche Ausformulierung eines neuen Standards für grüne Anleihen, den EU Green Bonds Standard (kurz: EuGBS) geeinigt. Dieser tritt im Dezember 2024 in Kraft. Das Ziel des Standards ist es, einen klaren, qualitativ hochwertigen Green Bond zu schaffen, welcher für Investor:innen vor allem auch Transparenz über die angesetzten Kriterien schafft und für Greenwashing keinen Raum bietet. Bislang gelten die Green Bond Principles der ICMA als Standard auf dem globalen Markt.

Die Regelungen für den neuen EU Standard umfassen sechs Kernelemente: 

  • Freiwilligkeit – Der EU Green Bond Standard wird ein freiwillig anzuwendender Standard sein. Wenn Emittenten eine ihre Anleihe als "European Green Bond" bezeichnen möchten, werden die Kriterien des Standards angelegt.
  • Ausgerichtet an der EU-Taxonomie - Der Standard verlangt, dass Emittenten mindestens 85 % der eingenommenen Mittel (Erlöse) bis zur Fälligkeit der Anleihe in wirtschaftliche Aktivitäten investieren müssen, die die Anforderungen der EU-Taxonomie erfüllen.
  • Geographisch umfassend - Der Standard steht allen Emittenten innerhalb und außerhalb der EU offen und kann somit auch von nicht-europäischen Akteuren angewendet werden.
  • Externe Überprüfung - Europäische Green Bonds werden von einem externen Prüfer geprüft, um sicherzustellen, dass die Anleihen konform mit dem Standard sind.
  • Unterstützung von Emittenten im Übergang – EU Green Bonds können auch zur Finanzierung langfristiger Projekte mit einer Laufzeit von bis zu 10 Jahren verwendet werden, die eine wirtschaftliche Aktivität in Einklang mit der EU-Taxonomie bringen.
  • Bestandsschutz (Grandfathering) - Im Falle einer Änderung der technischen Bewertungskriterien der EU-Taxonomie (Technical Screening Criteria, kurz TSCs) nach der Emission einer Anleihe können Emittenten für weitere fünf Jahre auf die bereits bestehenden Kriterien zurückgreifen.

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3. Der EU Green Bond fordert Emittenten eine sorgfältige Vorbereitung ab, bringt aber auch klare Vorteile 

Nach der finalen Festlegung der Kriterien können sich potenzielle Emittenten nun darauf vorbereiten, EU Green Bonds auszugeben. Dabei ist es wichtig, nicht nur Projekte zu identifizieren, die sich durch den EuGBS finanzieren lassen, sondern auch Kontakt zu externen Prüfern aufzunehmen und die Transparenzvorschriften eingehend zu durchleuchten, um diesen entsprechen zu können.  

Die Umsetzung bringt für Emittenten klare Vorteile. Viele Investor:innen sind durch Greenwashing Fälle in der Vergangenheit stark darauf bedacht, nur gesichert grüne Aktivitäten finanzieren zu wollen. Der EU-Standard setzt genau hier an und soll Transparenz sowie Vertrauen schaffen. Marktteilnehmer können sich außerdem sicher sein, dass die finanzierten Projekte keinen Risiken von gestrandeten Vermögenswerten (stranded assets) in einer nachhaltigeren Wirtschaft bergen. 

Durch grüne Anleihen können Nachhaltigkeitsstrategien effektiv umgesetzt und Engagement im Bereich Klimawandel vorangetrieben werden. Dies unterstützt nicht nur die nachhaltige Transformation, sondern kann sich auch positiv auf die Reputation der Unternehmen auswirken. Frühe Emittenten des EU Green Bonds können sich als Vorreiter im Markt positionieren.

4. Der Markt für grüne Anleihen hat nach einer angespannten Phase wieder an Fahrt aufgenommen

Dank positiver Marktimpulse und Firmen, die vermehrt nachhaltige Aktivitäten finanzieren wollen, haben sich grüne Finanzprodukte in den letzten Jahren stark entwickelt. Zu den stark wachsenden Produktgruppen gehören auch grüne Anleihen. Diese sind spezifisch darauf ausgelegt, dass Unternehmen Kapital für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten beschaffen. 

Nachdem der globale Markt für Anleihen 2022 durch Krisen, hohe Inflation und gestiegene Emissionskosten einen Dämpfer erlitten hat, der sich auch bei den grünen Produkten bemerkbar gemacht hat, zeigen neuste Datenanalysen für das Jahr 2023 wieder ein eindeutig positiveres Bild. Die Ausgabe grüner Anleihen ist letztes Jahr weltweit gesehen sehr nah an das Level des bisherigen Rekordjahrs 2021 gekommen. Im EMEA-Raum wurde das Emissionsniveau von 2021 sogar überschritten. (siehe Graphik) Grüne Anleihen sind im Vergleich zu ‚plain vanilla bonds‘ sogar überdurchschnittlich gut gewachsen. 

Für das kommende Jahr 2024 wird von Analyst:innen erneut Wachstum prognostiziert. So gehen verschiedene Quellen übereinstimmend davon aus, dass in diesem Jahr weltweit grüne Anleihen im Wert von ca. 820 Milliarden USD emittiert werden. Für den EMEA-Raum werden Emissionen von ca. 325 Milliarden USD prognostiziert. In dieser Region wird also von einem langsameren Aufschwung ausgegangen.

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5. Positive Signale Anfang 2024 für die Aufnahme des neuen Standards

Aufgrund der erhöhten Anforderungen an die neuen EU Green Bonds, wird sich im Laufe der nächsten Monate und Jahre zeigen, wie der Standard tatsächlich vom Markt aufgenommen wird. 

Bereits in den ersten Wochen des neuen Jahres 2024 hat beispielsweise E.ON bereits eine 1,5 Milliarden Euro schwere Anleihe aufgelegt, die laut eigener Aussage sowohl den ICMA Green Bonds Principles entspricht als auch die Kriterien des neuen EU Green Bond Standards im vorauseilenden Gehorsam erfüllt. Dies kann als ein erstes positives Zeichen gewertet werden.

Interessant ist auch, dass in den letzten Wochen und Monaten vermehrt nicht-europäische Staaten sowie Unternehmen Green Bonds emittiert haben, und sich der Markt nun verstärkt auch in anderen Weltregionen entwickelt. In diesem Zuge werden nun auch außereuropäische Taxonomien und Rahmenwerke für grüne Anleihen entworfen und aufgesetzt, z.B. in Japan und Singapur. Es ist davon auszugehen, dass sich Staaten hierbei um Harmonisierung mit den EU-Regelungen bemühen, um gegenseitige Anerkennung zu erwirken und ein breiteres Spektrum an Investor:innen anzuziehen. 

6. Fazit

Trotz teilweise schwieriger Bedingungen für grüne und nachhaltige Anleihen in den letzten Jahren, werden diese als Produkte mit großem Potenzial gesehen. Der EU Green Bond Standard soll dabei, den Markt nicht nur zu fördern, sondern auch qualitativ hochwertige Produkte ohne Anwendung von Greenwashing Praktiken für Investor:innen  ermöglichen. Die positiven Zeichen aus den ersten Wochen des neuen Jahres decken sich mit optimistischen Prognosen der Marktforscher:innen und internationalen Entwicklungen. 

Weiterführende Links:

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