Klimareporting I: Wie erheben Banken ihre Scope-3 Emissionen?

Aus unserer Blogreihe “Net-Zero-Transitionspläne”

Die neuen Berichterstattungsanforderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erfordern von Unternehmen eine detaillierte Berichterstattung zu ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten. Eine der herausforderndsten Datenanforderungen stellt die Berichterstattung über die Scope-3 Emissionen dar. Das sind bei Kreditinstituten u.a. die so genannten finanzierten Emissionen, d.h. der ihnen zurechenbare Teil der Emissionen ihrer Geschäftspartner.

Wie berichten Banken ein Jahr vor dem In-Kraft-Treten der CSRD zu ihren Scope-3-Emissionen? Welche Lücken müssen noch gefüllt werden? In einer Analyse der nichtfinanziellen Berichte von europäischen Banken haben wir die aktuelle Berichterstattung zu den Scope 3-Emissionen untersucht, mit Fokus auf die finanzierten Emissionen und die Frage, ob die Kreditinstitute sich bereits Ziele bezüglich der Reduktion dieser Emissionen gesetzt haben.

Mit unserer Blogreihe “Net-Zero-Transitionspläne: Klimaziele und Carbon Accounting” möchten wir Finanzinstitute zu aktuellen Entwicklungen am Markt, Best Practices sowie Tools zum Carbon Accounting informieren. Wie in unserem ersten Beitrag erläutert, beziehen sich zahlreiche regulatorische Anforderungen auf die Erstellung von Net-Zero-Transitionsplänen. Große Herausforderungen in diesem Zusammenhang sind dabei die Datenverfügbarkeit sowie die Methoden zur Berechnung der finanzierten Emissionen.

In den kommenden beiden Blogbeiträgen der Reihe beschäftigen wir uns mit dem Status Quo der Klimaberichterstattung von Finanzunternehmen. In diesem Beitrag analysieren wir die aktuelle Berichterstattung von Banken, im nächsten Teil der Blogserie wird der Fokus dann auf Versicherungen liegen. Die spezifische Methodik der Erhebung der Scope-3 Emissionen wird im Beitrag „Carbon Accounting bei Banken und Versicherungen: Mangelnde Vergleichbarkeit“ betrachtet.

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Reportingpflichten zu Treibhausgasemissionen aus ESRS E1 der CSRD

Die CSRD sieht eine umfassende Berichterstattung von Nachhaltigkeitsinformationen vor. Der wesentliche Unterschied zur bisherigen Nachhaltigkeitsberichterstattung liegt in der Granularität und dem Umfang der Angabepflichten aus den eigens für die CSRD entwickelten Nachhaltigkeitsberichterstattungstandards (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) sowie in der verpflichtenden Prüfung. Die ESRS sollen für eine Vereinheitlichung der Berichterstattung sorgen und die Vergleichbarkeit der Daten gewährleisten.

Zu den im Klimastandard ESRS E1 festgelegten Berichtspflichten gehören die Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) des Unternehmens. Hierbei wird die Angabe der Scope-1, Scope-2 und Scope-3 Emissionen entsprechend des “Greenhouse Gas Protocol“ (GHG-Protokoll) gefordert. Für die Berechnung der finanzierten Scope 3-Emissionen ist bei Finanzinstituten der Standard der Partnership for Carbon Accounting Financials (“PCAF-Standard”) im Rahmen des ESRS E1 zu berücksichtigen.

Die Berechnung dieser sogenannten finanzierten Emissionen ist komplex und die Erfahrungswerte sind gering, da der PCAF-Standard zur Berechnung dieser erst im Jahr 2019 veröffentlicht wurde und kontinuierlich erweitert wird.

Wie weit sind Banken in der Anwendung der PCAF-Methode bereits fortgeschritten? Sind die berichteten Daten bereits vergleichbar?

Analysevorgehen

Grundlage der Analyse waren insgesamt 26 Banken aus acht europäischen Ländern mit dem höchsten nominalen BIP (Deutschland, Österreich, Belgien, Niederlande, Irland, Italien, Spanien, Frankreich). Der Fokus lag dabei auf den nichtfinanziellen Erklärungen der größten gelisteten Finanzinstitute. Sonstige veröffentlichte Informationen auf der Webseite, in freiwilligen Nachhaltigkeitsberichten, in den aufsichtsrechtlichen Reports der Unternehmen oder in anderen Berichten, sind nicht Teil dieser Analyse. Nach einem Screening der nichtfinanziellen Erklärungen der ausgewählten Banken wurde der Umfang auf diejenigen Unternehmen begrenzt, die überhaupt Angaben zu finanzierten Emissionen gemacht haben. Im Ergebnis sind 22 Unternehmen Teil der Betrachtung.

Berichterstattung zu Scope-3 THG-Emissionen

Gemäß dem Klimaberichterstattungsstandard ESRS E1 müssen Finanzinstitute ihre THG-Emissionen berechnen und folgende Informationen offenlegen, um die Vergleichbarkeit der Kennzahlen zu verbessern:

  • Maßeinheit der berechneten THG-Emissionen in CO2-Äquivalenten
  • Angabe der Basis- und Vergleichsjahre
  • Details zur Berechnungsmethodik, einschließlich Annahmen
  • Darstellung der Emissionen aus allen wesentlichen Scope-3-Kategorien gemäß der Kategorisierung im GHG-Protokoll

Alle analysierten Banken haben quantitative Daten zu ihren Scope-3-Emissionen offengelegt, jedoch variieren die berichteten Kategorien. Dabei waren die Einheiten bei fast allen Banken Tonnen CO2-Äquivalent (t CO2e). Lediglich zwei Banken haben Kilotonnen CO2-Äquivalent gewählt und zwei weitere Banken geben ihre Emissionen in Tonnen CO2 an.

Von den 22 Banken, die alle finanzierte Emissionen berichten, nennen 18 Banken das GHG-Protokoll als Basis für die Ermittlung ihrer Scope-3 Emissionen. In diesem sind die 15 Scope-3 Kategorien definiert, von denen im Rahmen von ESRS E1 die signifikantesten Kategorien berichtet werden müssen. Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht der weiteren berichteten Scope-3 Kategorien sowie deren Häufigkeit bei den analysierten Banken:

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Insgesamt fällt bei der Auswertung der Kategorien auf, dass insbesondere Werte zu folgenden Kategorien angegeben werden:

  • Kategorie 1: Eingekaufte Waren- und Dienstleistungen (16),
  • Kategorie 3: Energie- und brennstoffbezogene Aktivitäten (9),
  • Kategorie 5: Abfall (11), 
  • Kategorie 6: Geschäftsreisen (19) und
  • Kategorie 7: Pendeln (12)

Die Kategorien 10 “Verarbeitung verkaufter Produkte” und 14 “Franchise” werden von keiner der analysierten Banken berichtet. Eine Erklärung der Auswahlkriterien zur Bestimmung der signifikanten Emissionskategorien wird nicht offengelegt, abgesehen von der Information, dass die ausgeschlossenen Kategorien aufgrund der Geschäftstätigkeit der Bank als irrelevant angesehen werden. Eine Bank erläutert jedoch, dass sie ein Screening aller Kategorien hinsichtlich ihrer Wesentlichkeit und Beeinflussbarkeit über die gesamte Wertschöpfungskette durchgeführt hat. Die bei diesem Screening angewendeten Kriterien sind Größe, Einfluss, Risiko, Stakeholder-Erwartung, ausgelagerte Tätigkeiten und sektorale Leitlinien.

Fokus: Reporting zu den finanzierten THG-Emissionen

Die höchsten Emissionswerte bei Banken ergeben sich aus deren Finanzierungstätigkeiten. Doch wie ist die aktuelle Berichterstattung der Banken hierzu?

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es bei den Angaben der untersuchten Banken große Unterschiede in der angewandten Methodik, der verwendeten Einheit und dem Umfang gibt. Die Angaben zu den finanzierten Emissionen unterscheiden sich zudem in den abgedeckten Assetklassen und Sektoren, was die Vergleichbarkeit zusätzlich erschwert. Insgesamt berichten 18 Banken mindestens für eine Assetklasse die finanzierten Emissionen. Beispielsweise berichtet eine deutsche Bank ihre finanzierten Emissionen aufgeschlüsselt nach Verbraucherkrediten, Projektfinanzierungen, Investitionen und Unternehmenskrediten, während eine italienische Bank die finanzierten Emissionen aggregiert für Geschäftskredite und nicht börsennotierte Beteiligungen angibt.

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Die Granularität der Angaben, selbst bei potenziell gleichen Assetklassen, stellt eine weitere Hürde dar, die die Vergleichbarkeit der Portfolioangaben erschwert. Es ist zu erwarten, dass sich die Vergleichbarkeit mit der Berichterstattung nach den ESRS verbessern wird, da Banken verpflichtet sind, sowohl das GHG-Protokoll als auch den PCAF-Standard anzuwenden.

Bezüglich der Sektoren berichten 15 Banken ihre finanzierten Emissionen für mindestens einen Sektor. Am häufigsten werden die Emissionen für die Sektoren Energie (11), Öl und Gas (8), Bergbau, Automobil und Landwirtschaft (jeweils 7) angegeben – es ist anzunehmen, dass diese Auswahl entsprechend der klimaintensiven Sektoren getroffen wird. Bei Banken, die den PCAF-Standard anwenden, wird die Priorisierung gemäß diesem Standard berücksichtigt. Nicht jeder Sektor wird für jede Assetklasse berichtet. Die Zuordnung von Assetklassen zu Sektoren variiert je nach Bank, was möglicherweise auf die spezifische Zusammensetzung der Portfolios zurückzuführen ist.

Ziele zu Scope-3 Emissionen

Neben den grundsätzlichen Angaben zu Scope-3 Emissionen umfassen die ESRS auch Anforderungen in Bezug auf Ziele in diesem Bereich. Explizit vorgesehen sind Angaben zum Transitionsplan des Unternehmens.

In unserer Analyse sind nur solche Ziele enthalten, welche – angelehnt an die Anforderungen aus ESRS E1 – messbar, ergebnisorientiert und terminiert sind. Das bedeutet, dass Informationen wie das Basisjahr, die Emissionen des Basisjahrs, der Zeitraum, für den das Ziel gilt, sowie der bisher erreichte Fortschritt zum Ziel angegeben werden müssen.

In Bezug auf allgemeine Ziele im Bereich der Scope-3 Emissionen haben 12 der analysierten Finanzinstitute in ihren Berichten Angaben gemacht. Hinsichtlich der Reduktionsziele für Scope-3-Emissionen variiert die Granularität der berichteten Ziele. Die Ziele werden größtenteils in Prozent angegeben, jedoch fehlt es weitgehend an einer detaillierten Beschreibung der Methodik zur Zielsetzung. Drei Banken setzen spezifische Reduktionsziele für Scope-3-Emissionen in bestimmten Aktivitäten oder Kategorien fest. Diese Ziele betreffen meistens Geschäftsreisen. Zum Beispiel weist eine Bank ihre Ziele bezüglich Geschäftsreisen, die bis zu 2030 und 2050 zu erreichen sind, separat aus.

Die restlichen neun Banken veröffentlichen allgemeine Ziele zur Reduktion von Scope-3-Emissionen, Teils zusammengefasst mit den Zielen zu Scope-1 und 2 oder ohne spezifische Zuordnung zu den einzelnen Scope-3 Kategorien.

Fokus: Ziele zu finanzierten Emissionen

Im Bereich der finanzierten Emissionen berichten 16 Banken spezifische Ziele für mindestens eine Assetklasse. 19 der Banken legen diese Ziele bezüglich bestimmter Sektoren offen. Die beiden am meisten betrachteten Sektoren sind der Öl & Gas Sektor (13) und der Energieerzeugungssektor (18). Auch für den Automobilsektor werden in 11 Berichten Zielwerte festgelegt. Damit wird deutlich, dass Ziele am meisten für klimaintensive Sektoren berichtet werden. Ein möglicher Grund dafür könnte die Offenlegungspflicht der Alignment-Metriken aus der Säule-3-Offenlegung von ESG-Risiken sein, im Rahmen derer für bestimmte klimaintensive Sektoren spezifische Reduktionsziele festzulegen sind. Die Angabe der Ziele erfolgt in absoluten Werten, Intensitätskennzahlen oder Prozentwerten. Teilweise werden auch in einem Bericht verschiedene Einheiten gewählt – je nach Sektor oder Assetklasse.

Sektoren bei offengelegten Zielen zu finanzierten Emissionen.png [id=238493]

In Bezug auf die Assetklassen stellt sich die Auswahl der einzelnen Unternehmen unterschiedlich dar. Eine Bank hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 Netto-Null-Emissionen im gesamten Kredit- und Investmentportfolio zu erreichen. Dafür nutzt sie die CO2-Reduktionsziele der Science-based Target Initiative (SBTi) für die CO2-intensivsten Sektoren, darunter Luftfahrt, Automobilherstellung, Energieerzeugung, Zement- und Stahlproduktion, gewerbliche und private Immobilienfinanzierung. Die Bank hat Reduktionsziele bis 2030 im Vergleich zu 2021 festgelegt und von SBTi validieren lassen. Im Rahmen des SBTi-Regelwerks wendet die Bank den Sectoral Decarbonization Approach (SDA) und den Temperature Score-Ansatz an. Die Ziele sind entsprechend der Assetklassen berichtet, zu denen die relevanten Sektoren zugeordnet wurden.

Eine andere Bank hat ebenfalls Ziele für emissionsintensive Sektoren definiert, die bis 2030 im Vergleich zum Basisjahr 2022 erreicht werden sollen. Für den Sektor Öl und Gas strebt die Bank eine Reduktion von 28 % an, für den Energiesektor liegt das Ziel bei einer Reduktion von 62 % und im Wohnimmobilienkreditportfolio bei 28 %. Diese Ziele sind als Emissionsintensität angegeben und wurden unter Berücksichtigung des Klimaszenarios der IEA Net Zero 2050 definiert. Die Bank hat zudem Zwischenziele für jeden Sektor festgelegt und den bisher erreichten Stand im Berichtsjahr offengelegt – inklusive kontextueller Informationen, um beispielsweise den höheren Intensitätswert im Energiesektor im Gegensatz zum angestrebten Zwischenziel zu erläutern sowie die starke Reduktion im Wohnimmobilienportfolio zu erklären.

Fazit

Aktuell ist die Berichterstattung von Banken zu den Scope-3 Emissionen und insbesondere den finanzierten Emissionen unterschiedlich, was eine Vergleichbarkeit zwischen den Unternehmen erschwert. Hinsichtlich der Zielsetzung sind zwar in Bezug auf die berichteten Sektoren klare Tendenzen bezüglich der klimaintensiven Sektoren auszumachen, dennoch sind die tatsächlichen Zielsetzungen - beispielsweise durch die Betrachtung verschiedener Assetklassen oder einer fehlenden Transparenz diesbezüglich - schwer vergleichbar.

Mit der Anwendung der CSRD ab diesem Geschäftsjahr ist zu erwarten, dass sich die Formulierung der Emissionsreduktionsziele, insbesondere für finanzierte Emissionen, zwischen den Banken angleichen wird. ESRS 2 enthält konkrete Vorgaben, die ein Ziel erfüllen muss, um als solches anerkannt zu werden. Ein Ziel muss ergebnisorientiert, messbar und terminiert sein. Zudem müssen Hintergründe zu Methoden und Annahmen offengelegt werden (MDR-T und E1-4). Darüber hinaus muss eine quantitative Angabe dazu erfolgen, welcher Teil der Emissionen mit Zielen belegt ist, wodurch eine Interpretation des Dekarbonisierungsfortschritts erleichtert wird. Da die ESRS die Möglichkeit eines Negativausweises für Ziele und Transitionspläne vorsehen, bleibt abzuwarten, wie schnell Veränderungen zu erkennen sein werden und ob der Vergleich mit Wettbewerbern zu Angleichungen und damit zu einer Vereinheitlichung der Nachhaltigkeitsberichterstattung führt.

Weiterführende Links:

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Angela McClellan

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