Weitere Vorgaben für das Management von Nachhaltigkeitsrisiken, Biodiversitätschutz und Diversität bei Versicherern

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) führt gerade eine Reihe von Konsultationen zu Solvency II durch.

Welche möglichen Auswirkungen ergeben sich hieraus für das Nachhaltigkeitsrisikomanagement von Versicherern? Wie können Versicherungsunternehmen Themen wie das Management von Nachhaltigkeitsrisiken allgemein, sowie den Biodiversitätsschutz und die Förderung von Diversität in ihren Organisationen angehen? In unserem Blogbeitrag untersuchen wir, welche Herausforderungen sich aus den vorgeschlagenen Regulierungsstandards ergeben und wie sie das Risikomanagement weiterentwickeln könnten.

Die Bedeutung der EIOPA-Konsultationen für Nachhaltigkeit 

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) hat eine zweite Serie von insgesamt sechs Konsultationen zur Überprüfung von Solvency II gestartet. Drei der Konsultationspapiere beinhalten unmittelbar Nachhaltigkeitsthemen: Sie umfassen Vorschläge zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten wie dem Klimawandel und der Biodiversität in das Risikomanagement von Versicherungsunternehmen sowie der Erfassung von Diversität in Führungsgremien. In drei weiteren Papieren konsultiert EIOPA weitere regulatorische Vorgaben, auf die in diesem Blogbeitrag nicht eingegangen wird. Die Konsultation wurde am 04. Dezember 2024 gestartet und läuft bis zum 26. Februar.  

Technische Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standards, RTS) zum Management von Nachhaltigkeitsrisiken 

Die geänderte Solvency II Richtlinie stellt Anforderung an das Management von Nachhaltigkeitsrisiken und fordert insbesondere die Erstellung von Nachhaltigkeitsrisikoplänen (Sustainability Risk Plans“). Das Ziel der zur Konsultation stehenden RTS ist es, die Anforderungen der Richtlinie zu spezifizieren. Sie legen Mindeststandards und Referenzmethoden für die Identifikation, Messung, Verwaltung und Überwachung von Nachhaltigkeitsrisiken fest. Dabei setzen sie auf bestehenden regulatorischen Vorgaben auf. Die Anforderungen sind proportional zur Art, dem Umfang und der Komplexität der Nachhaltigkeitsrisiken des Geschäftsmodells der Versicherungs- und Rückversicherungsaktivitäten. 

Die Sustainability Risk Plans sind spezifische Pläne, um die finanziellen Nachhaltigkeitsrisiken, zu adressieren. Diese Pläne müssen insbesondere eine Risikobewertung, quantifizierbare Ziele, spezifische Zeitpläne, Maßnahmen und Zwischenziele enthalten. Die Anforderungen hinsichtlich der Risikobewertung setzen dabei auf den Anforderungen für die eigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (ORSA) auf. Risiken sollen über kurz-, mittel- und langfristige Zeithorizonte beurteilt werden. Darüber hinaus fordern die RTS, dass die Sustainability Risk Plans mit den Transitionsplänen der Unternehmen abgestimmt sind.  

Um die Vergleichbarkeit der Risiken zwischen Unternehmen zu verbessern sowie die Aufsichtskonvergenz bei der Überwachung dieser Risiken zu unterstützen, schlägt EIOPA mit den RTS eine Liste von Metriken vor, die mindestens berücksichtigt werden sollen. Generell haben die Metriken entweder einen Bezug auf die Kapitalanlage oder die Passivseite und sie zielen auf alle Dimensionen von E (physische und transitorische Risiken), S und G ab. Zum einen werden Metriken mit einer aktuellen Sicht angeführt, welche zur Berichterstattung über die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse verwendet werden sollen. Im Zuge dessen wird unter anderem die Angabe der Scope 1, 2 und 3 Treibhausgasemissionen und der Emissionsintensitäten der Kapitalanlage- (finanzierte Emissionen nach Scope 3, Kategorie 15) und Versicherungsportfolien (versicherte Emissionen nach PCAF Standard Part C) vorgeschlagen. Weiterhin enthalten die RTS eine Liste optionaler Metriken, die sich zukunftsgerichtet auf die Ergebnisse der Szenarioanalyse für wesentliche Nachhaltigkeitsrisiken beziehen. 

Die Kernelemente des Sustainability Risk Plans sollen als Teil des Solvency and Financial Condition Report (SFCR) jährlich (bei kleineren / nicht komplexen Unternehmen alle 2 Jahre) veröffentlicht werden. Die Darstellung soll im Einklang mit der Veröffentlichung im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) stehen.  

Biodiversitätsrisiken: Eine wachsende Bedrohung 

Ziel dieser Konsultation ist es, in den Dialog mit Aufsichtsbehörden und der Versicherungsindustrie zum Management von Biodiversitätsrisiken zu treten. EIOPA betont, dass die Versicherungsbranche durch ihre Abhängigkeit von der Natur und deren Ökosystemdienstleistungen erheblich von Risiken im Zusammenhang mit der Biodiversität betroffen ist. Die Marktanalyse zeigt, dass einige Versicherer die Biodiversität zwar als wichtiges, neues Risiko anerkennen, es jedoch oft in erster Linie als Reputationsrisiko betrachten. Nur wenige haben die finanziellen Auswirkungen umfassend bewertet. Um die Bewertung von Biodiversitätsrisiken zu verbessern, empfiehlt EIOPA die Anwendung von biodiversitätsspezifischen Szenarien im Einklang mit der Klimamodellierung, um Doppelzählungen zu vermeiden. Internationale Rahmenwerke und Initiativen wie das Network for Greening the Financial System (NGFS), die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Taskforce on Nature-Related Financial Disclosures (TNFD) bieten Orientierungshilfen für die Analyse von Biodiversitätsrisiken. 

Eine zentrale Fragestellung des Berichts ist die Definition von Biodiversitätsrisiken und die Abgrenzung zu Klimarisiken. Zudem werden Herausforderungen bei der Risikobewertung identifiziert, die in fehlenden Methoden und Daten und der Komplexität bei der Modellierung regionaler Biodiversitätsszenarien liegen. Ist dies der Fall sollten zunächst qualitative Ansätze angewendet werden, während die quantitativen Ansätze und die Datenbasis weiterentwickelt werden. Die Detailtiefe der Analyse sollte abhängig von der Wesentlichkeit, d.h. der Bedeutung des Risikos sein. 

Diversität in Führungsgremien: Ein wirtschaftlicher Vorteil 

Mit der vorgeschlagenen Leitlinie zur Förderung von Diversität in Verwaltungs-, Management- und Aufsichtsorganen spezifiziert EIOPA die Anforderungen des Artikel 41(1) der Solvency II Richtlinie. Zu den Aspekten der Diversität gehören Bildungs- und Berufshintergrund, Alter, Geschlecht und geografische Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung und Behinderung, wobei der Schwerpunkt auf einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis liegt. 

Unter anderem werden Unternehmen dazu aufgefordert, eine Diversitätspolitik mit quantitativen Zielen zu entwickeln und etwaige Defizite den Aufsichtsbehörden zu melden. Darüber hinaus sollen sie die Einhaltung ihrer Diversitätsziele jährlich dokumentieren und Abweichungen begründen sowie gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen. Die EIOPA wird diese Leitlinien regelmäßig überprüfen, um ihre Relevanz und Wirksamkeit zu gewährleisten. 

Zur Sicherstellung der Übereinstimmung der Governance-Vereinbarungen mit dem individuellen Risikoprofil und Geschäftsmodell des Unternehmens soll das Proportionalitätsprinzip angewendet werden 

Fazit  

Die zur Konsultation stehenden RTS konkretisieren die Rolle von Sustainability Risk Plans und skizzieren die Integration dieser Pläne in bestehende Risikomanagementpraktiken der Unternehmen. Weiterhin ergibt sich durch die vorgeschlagenen Metriken mehr Klarheit wie und mit welchen Quellen Nachhaltigkeitsrisiken gemessen werden können. Außerdem erhalten Versicherer mit dem Entwurf zum Management von Biodiversitätsrisiken mehr Anleitung, wobei eine Konkretisierung bezüglich eines quantitativen Ansatzes noch ausbleibt. Mit der vorgeschlagenen Leitlinie zur Diversität möchte EIOPA mehr Klarheit schaffen, um Diversität in Verwaltungs-, Management- und Aufsichtsorganen (AMSB) zu definieren, quantifizieren, dokumentieren und zu steuern. Mit den aktuell zur Konsultation stehenden Papieren wird klar, dass Nachhaltigkeitsthemen weiterhin einen hohen Stellenwert auf der Agenda der EIOPA haben werden. 

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Christoph Schellhas

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Frankfurt am Main

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