EU-Versicherungsaufsicht EIOPA empfiehlt zusätzliche Kapitalanforderungen für Assets fossiler Brennstoffunternehmen

Die Kapitalanforderungen für Aktien, Unternehmensanleihen und Immobilien sowie für das versicherungstechnische Risiko Non-Life sind auf dem Prüfstand.

Werden Nachhaltigkeitsrisiken von Versicherern angemessen berücksichtigt? EIOPA hat dazu einen Bericht über die aufsichtsrechtliche Behandlung von Nachhaltigkeitsrisiken im Rahmen von Solvency II veröffentlicht. Die Antwort von EIOPA: zusätzliche Kapitalanforderungen für Aktien und Bonds im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen.

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority, EIOPA) hat einen detaillierten Bericht zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Nachhaltigkeitsrisiken vorgelegt. EIOPA hat eine spezielle aufsichtsrechtliche Behandlung von Vermögenswerten und Aktivitäten geprüft und bewertet, die mit ökologischen oder sozialen Zielen verbunden sind oder solchen Zielen schaden. Der Bericht, der am 7. November 2024 veröffentlicht wurde, stellt das Ergebnis dieser Prüfung dar und folgt einem Mandat, das die Europäische Kommission der EIOPA im Zuge des Solvency-II-Reviews durch den neuen Artikel 304c der Solvency II-Richtlinie erteilt hat.

Die europäische Aufsichtsbehörde hat einen schrittweisen Ansatz für ihre Analyse verfolgt, der ein Diskussionspapier im Jahr 2022 und ein Konsultationspapier im Jahr 2023 umfasst, wobei Rückmeldungen von verschiedenen Interessengruppen, berücksichtigt wurden. Der Ansatz von EIOPA basiert auf einer risiko- und evidenzbasierten Methodik, die sowohl eine detaillierte rückwärtsgerichtete Analyse mit einer 99,5% Value-at-Risk (VaR)-Perspektive umfasst, um die historischen Risikopositionen in diesen Kategorien zu verstehen, als auch eine zukunftsgerichtete Analyse, um die Ergebnisse zu validieren.

Der Bericht beinhaltet drei verschiedene Bereiche: Transitionsrisiken von Vermögenswerten, versicherungstechnisches Risiko der Nichtlebensversicherung und Anpassung an den Klimawandel und die Behandlung von sozialen Risiken.

Transitionsrisiken von Vermögenswerten

EIOPA untersucht in dem ersten Teil des Berichts die potenziellen Verbindungen zwischen aufsichtsrechtlichen Marktrisiken (Aktien-, Spread- und Immobilienrisiken) und Transitionsrisiken. Transitionsrisiken sind finanzielle und wirtschaftliche Risiken, die sich aus dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ergeben, einschließlich regulatorischer Änderungen, technologischer Entwicklungen und veränderter Marktbedingungen.

Die Untersuchung von EIOPA ergibt, dass Aktien und Anleihen im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen durch Transitionsrisiken ein erhöhtes Risikoprofil aufweisen und empfiehlt schlussendlich die Einführung einer zusätzlichen Kapitalanforderung für Aktien und Bonds im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen.

Vorschläge für zusätzliche Kapitalanforderungen

Für Aktien schlägt EIOPA vor, die Kapitalanforderungen um bis zu 17% zusätzlich zu den derzeitigen Kapitalanforderungen zu erhöhen. Angesichts des relativ geringen Exposures der Unternehmen in direkt gehaltenen Beständen an fossilen Brennstoffen wird die Auswirkung auf die Bedeckungsquoten als gering eingeschätzt.

Für Anleihen empfiehlt EIOPA einen Kapitalaufschlag von bis zu 40% in multiplikativer Form zusätzlich zu den bestehenden Kapitalanforderungen. EIOPA schreibt, dass diese Option eines Kapitalzuschlags das hohe Risikoprofil dieser Anleihen besser widerspiegeln würde und gleichzeitig die risikosensitive Gestalt der Solvency II-Standardformel für das Spreadrisiko beibehalte. Auch hier schätzt EIOPA die Auswirkungen auf die Solvenzquoten als sehr gering ein.

In Bezug auf Immobilien zeigen die Ergebnisse keine eindeutige Auswirkung des Niveaus der Energieeffizienz eines Gebäudes auf das Immobilienrisiko. Daher kann EIOPA zum jetzigen Zeitpunkt nicht feststellen, ob diesbezüglich eine spezielle aufsichtsrechtliche Behandlung gerechtfertigt sei. EIOPA schlägt vor, die Analyse in Zukunft zu wiederholen, sofern die Datenverfügbarkeit verbessert wird.

Herausforderungen und Einschränkungen der Analyse

Der Bericht von EIOPA hebt mehrere Herausforderungen bei der Analyse von Nachhaltigkeitsrisiken hervor, darunter die geringe Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten, das Fehlen firmenspezifischer Net Zero-Transitionspläne und technische Schwierigkeiten bei der Isolierung von Transitionsrisiken von anderen Risikotreibern. EIOPA kommt jedoch zum Schluss, dass die Datenbasis aussagekräftig genug ist.

Interessanterweise spricht sich die EIOPA zwar für einen Kapitalaufschlag für Aktien und Bonds im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen aus, nennt aber im Cover Letter an die Europäische Kommission eine Reihe von Gegenargumenten, die gegen eine solche Einführung sprechen würden. So würde es zum Beispiel keine entsprechende Belastung für Banken geben, denn die europäische Bankenaufsicht (European Banking Authority, EBA) hatte sich in einem Report gegen solche Kapitalaufschläge für Banken ausgesprochen. Der Nutzen der vorgeschlagenen Maßnahmen würde in keinem angemessenen Verhältnis angesichts des geringen Impacts und den Kosten des Implementierungsaufwands stehen. Außerdem bestehe die Sorge über eine mögliche Doppelerfassung von Kapitalkosten, da es unklar sei, wie Rating-Agenturen Nachhaltigkeitserwägungen künftig in ihre Rating-Methoden einbeziehen würden.

Versicherungstechnisches Risiko der Nichtlebensversicherung und Anpassung an den Klimawandel

Durch die erwartete Zunahme der physischen Risikoexponierung und der versicherten Schäden aufgrund des Klimawandels wird auch eine Erhöhung der risikobasierten Prämien im Laufe der Zeit erwartet, was die mittel- bis langfristige Erschwinglichkeit und Verfügbarkeit von Versicherungsprodukten mit Deckung gegen klimabedingte Gefahren beeinträchtigen könnte.

In dieser Hinsicht wird das ökologische Ziel der Anpassung an den Klimawandel immer wichtiger. EIOPA führt aus, dass die Versicherungsbranche eine entscheidende Rolle spielen könne, damit Gesellschaft und Wirtschaft klimaresiliter werden: sie könne innovative Versicherungsprodukte entwickeln, die Anreize zur klimabezogenen Risikoprävention schaffen könnten, die mit versicherungsmathematischen, risikobasierten Prinzipien vereinbar seien. EIOPA konzentriert sich bei ihrer Analyse auf die Solvenzkapitalanforderungen, da das Risikomanagement und die Offenlegungsanforderungen die Auswirkungen der klimabezogenen Risikoprävention im Nichtlebensversicherungsgeschäft bereits ausreichend berücksichtigten.

Die Bewertung des Prämienrisikos basiert auf Daten, die im Jahr 2022 von Nichtlebensversicherungsunternehmen erhoben wurden. EIOPA kommt zum Schluss, dass die vorliegende Datenbasis zu klein sei, um verlässliche Schlussfolgerungen über die aufsichtsrechtliche Behandlung klimabezogener Anpassungsmaßnahmen in den Kapitalanforderungen für Versicherungsunternehmen zu ziehen. EIOPA schlägt daher vor, die Analyse mit besseren Daten zu wiederholen und auf Naturkatastrophenrisiken auszuweiten.

Soziale Risiken und aufsichtsrechtliche Risiken

EIOPA identifiziert in dem dritten Teil des Berichts soziale Risiken und Ziele und diskutiert, wie diese Risiken sich auf die Bilanzen der Versicherer auswirken können. Soziale Risiken seien zwar ein neues Thema aus aufsichtsrechtlicher Sicht, aber konzeptionell ähnlich zu anderen Nachhaltigkeitsrisiken. EIOPA hat die potenzielle Verbindung zwischen sozialen Risiken und aufsichtsrechtlichen Risiken wie Markt- und Versicherungsrisiken untersucht. Analysiert wurde dabei die Berücksichtigung von Solvency II in Säule II und III. EIOPA identifiziert potenzielle Bereiche für weitere Arbeiten.

Außerdem schlägt EIOPA vor, Anwendungshinweise zu entwickeln, die Bewertung der Wesentlichkeit sozialer Risiken für die eigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (ORSA) der Versicherer unterstützen sollen.

Nächste Schritte

EIOPA hat der Europäischen Kommission ihre Empfehlungen vorgelegt und empfohlen, die Vorschläge im breiteren Kontext der Nachhaltigkeitsregulierung gründlich zu prüfen, einschließlich der sektorübergreifenden Konsistenz, der potenziellen Auswirkungen auf die Bemühungen für den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und der möglichen Weiterentwicklung der relevanten Regulierungsrahmen. Die Kommission wird den Bericht prüfen und die Umsetzung der vorgeschlagenen zusätzlichen Kapitalanforderungen für Assets fossiler Brennstoffunternehmen in Betracht ziehen. Ob und in welcher Form die Europäische Kommission die Vorschläge der EIOPA umsetzt, ist bislang offen.

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Christoph Schellhas

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