Insured Emissions: Herausforderungen & Chancen bei der Berechnung der Insurance-Associated Emissions
Aus unserer Blogreihe “Net-Zero-Transitionspläne”
Versicherte Emissionen rücken zunehmend in den Fokus der Nachhaltigkeitsstrategie von Versicherungsunternehmen. Doch wie lassen sie sich zuverlässig berechnen? Wo liegen die größten Herausforderungen und welche Chancen ergeben sich? Belastbare Daten sind oft schwer zu beschaffen, und bestehende Berechnungsmethoden bieten noch Interpretationsspielräume. Auf der anderen Seite können Versicherer auf diese Weise ein besseres Verständnis über die Emissionstreiber in ihren Portfolios gewinnen, mehr Transparenz schaffen und gezielt Hebel an den richtigen Stellen ansetzen.
Emissionen aus versicherten Risiken
Der Klimawandel ist längst keine ferne Bedrohung mehr, sondern durch Dürren und Überschwemmungen, auch in Deutschland, schmerzhaft erfahrbar. Der Weg zur Klimaneutralität zählt zu den größten Aufgaben unserer Zeit – und die Versicherungsbranche steht dabei vor besonders komplexen Anforderungen. Ein zentraler Bestandteil der Lösung sind Net Zero Transitionspläne, die als strategischer Fahrplan dienen, um Unternehmen klimafreundlicher aufzustellen. Dabei stehen Dekarbonisierungsmaßnahmen, Risikominimierung und transparente Berichterstattung im Fokus.
Für Finanzinstitute fällt der Großteil der Emissionen nicht im eigenen Betrieb an, sondern durch die von ihnen finanzierten bzw. versicherten Emissionen. Diese können über einen Allokationsansatz anteilig den Versicherern zugerechnet werden, um ihre Klimawirkung messbar zu machen. Um fundierte Transitionspläne zu entwickeln, sind Versicherer daher sowohl auf einen konsistenten und realisierbaren Ansatz zur Berechnung der eigenen Scope 3 Emissionen als auch auf dafür belastbare externe Daten angewiesen.
PCAF als Berechnungsmethode
Der PCAF (Partnership for Carbon Accounting Financials) Part C bietet eine standardisierte Methodik zur Berechnung und Offenlegung der Emissionen aus Versicherungs- und Rückversicherungsportfolios. Damit können Versicherer erstmals Scope 3 Emissionen (IAE – Insurance-Associated Emissions) ermitteln, die bislang schwer zu quantifizieren waren. Diese Daten sind essenziell, um Emissionstreiber zu identifizieren, geeignete Reduktionsstrategien zu entwickeln und Fortschritte messbar zu machen. PCAF bietet hierfür klare Ansätze, lässt aber auch Interpretationsspielräume offen.
Segmentabhängige Emissionsberechnung
PCAF Part C konzentriert sich auf bestimmte Versicherungssegmente, wobei die erste Veröffentlichung die Berechnung der Emissionen für diverse Firmenkundenprodukte und private Kfz-Versicherungen fokussiert. Ein veröffentlichter Konsultationsvorschlag erweitert die Methodik nun auf Vertragsrück- und Projektversicherungen. Die Berechnung der versicherten Emissionen variiert je nach Versicherungssegment und erfordert unterschiedliche Datensätze.
Für Gewerbeversicherungen sind vor allem die Treibhausgasemissionen der versicherten Unternehmen entscheidend. Diese sollten idealerweise auf direkt berichteten und geprüften Daten basieren, können aber auch anhand der wirtschaftlichen oder physischen Aktivitäten des Unternehmens mittels durchschnittlicher Industrieintensitäten geschätzt werden. Dazu dienen finanzielle Kennzahlen wie der Jahresumsatz des Kunden und die eigene Versicherungsprämie als Basis, um die Emissionen anteilig dem eigenen Portfolio zuzuordnen. Bei Kfz-Versicherungen fließen fahrzeugspezifische Daten wie Typ, Modell, Baujahr, Fahrleistung und Versicherungsprämie in die Berechnung der Emissionen ein.
Herausforderungen bei der externen Datenerhebung
Eine präzise Berechnung der versicherten Emissionen hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit und Qualität der Daten ab. Es müssen sowohl interne als auch externe Daten erfasst und miteinander verknüpft werden, um eine korrekte Erhebung zu gewährleisten. Während externe Daten, wie Treibhausgasemissionen oder Jahresumsätze, teilweise aus öffentlichen Datenbanken stammen können, gibt es in vielen Fällen bei den versicherten Unternehmen noch keine transparenten und öffentlich zugänglichen Informationen über deren Emissionen. PCAF empfiehlt in solchen Fällen, auf Branchendurchschnitte zurückzugreifen, was jedoch mit gewissen Unsicherheiten und geringerer Transparenz verbunden ist. Da aktuell nur wenige Unternehmen ihre eigenen Emissionen direkt berichten, basieren diese Durchschnittswerte oft auf begrenzten Datengrundlagen, die nicht für alle Branchen repräsentativ sind. Zudem kann eine zunehmende Berichterstattung in den kommenden Jahren zu Schwankungen in den Durchschnittswerten führen, was die Vergleichbarkeit über Zeiträume hinweg erschwert.
Herausforderungen bei der internen Datenerhebung
Die Prozesse und Datenstrukturen im Underwriting wurden historisch nicht darauf ausgelegt, Kundeninformationen systematisch für die Berechnung versicherter Emissionen weiterzuverarbeiten. Infolgedessen sind dafür notwendige zentrale Datenpunkte wie eindeutige Unternehmenskennungen oder Industrieklassifikationen nicht durchgängig standardisiert, was die Konsistenz und Vergleichbarkeit der Emissionsberechnung erschwert. Zudem erfolgt die Datenerfassung oft dezentral durch verschiedene Underwriter, ohne dass ein einheitlicher Ansatz zur Erhebung der genannten Informationen besteht. Eine stärkere Standardisierung und Qualitätssicherung dieser Daten wäre erforderlich, um den Anforderungen an Emissionsberechnungen nach PCAF gerecht zu werden – ohne dabei den operativen Underwriting-Prozess übermäßig zu belasten.
Verknüpfung von externen Daten mit internen Versicherungspolicen
Eine zentrale Herausforderung ist die Verknüpfung externer Emissionsdaten mit internen Versicherungspolicen. Eine belastbare interne Datenbasis ist dabei essenziell, um externe Informationen sinnvoll zu integrieren. Versicherer müssen daher ihre IT-Systeme und Datenstrukturen weiterentwickeln, um eine effiziente Verknüpfung zu ermöglichen. Gleichzeitig erschweren uneinheitliche Datenqualität und heterogene Systemlandschaften eine automatisierte Validierung. Während künftige KI-gestützte Ansätze die Effizienz und Genauigkeit verbessern könnten, ist kurzfristig eine gezielte Optimierung der internen Datenerhebung und eine enge Zusammenarbeit mit externen Datenanbietern erforderlich.
Unsicherheiten bei Emissionsreduktionszielen
Die Festlegung angemessener Emissionsreduktionsziele stellt Versicherer vor eine Herausforderung, da sowohl die externe als auch die interne Datenqualität häufig noch nicht ausreichend robust ist. Ziele müssen auf einer belastbaren Datenbasis beruhen, gleichzeitig aber eine sinnvolle Abdeckung des Portfolios gewährleisten und strategisch ambitioniert, aber umsetzbar sein. Zudem müssen sie steuerbar bleiben, was eine kontinuierliche Verbesserung der internen Datengrundlage und eine zunehmende Verlässlichkeit externer Emissionsdaten erfordert. Da die Datenverfügbarkeit und -qualität sich oft erst parallel zur Zielsetzung entwickeln, ist eine flexible und adaptive Herangehensweise notwendig. Idealerweise sollten sie bereits im Einklang mit langfristigen Klimazielen wie Net Zero und dem EU-1,5-Grad-Ziel stehen, doch die bestehenden Datenlücken und Unsicherheiten machen eine präzise Ausrichtung darauf derzeit noch kaum umsetzbar.
Neben der Datenbasis stellt sich den Versicherern die Frage, wie sie konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung festlegen sollen. Einige Versicherer haben ihre Reduktionsziele in Hinblick auf die Scope 3-Emissionen bereits veröffentlicht. Maßnahmen sind z.B. der aktive Austausch mit den größten Kunden für mehr Transparenz über deren Emissionen, der Ausschluss von Öl & Gas Geschäft bei neuen Verträgen, die Förderung der Nutzung elektrischer Fahrzeuge durch spezielle Versicherungsprodukte und Kundenaustausch, sowie die Einführung kilometerbasierter Produktangebote, um Anreize für weniger Fahrten zu schaffen.
Chancen für Versicherer
Trotz der Herausforderungen bietet die Einführung von Transitionsplänen und die Berechnung der versicherten Emissionen erhebliche Chancen für Versicherer. Unternehmen, die sich frühzeitig ambitionierte, aber realistische Ziele setzen und einen glaubwürdigen Transitionsplan erarbeiten, können ihre strategische Position stärken und ihre Glaubwürdigkeit im Markt sowie gegenüber Stakeholdern erhöhen. Versicherer, die bereits jetzt ihre Datenbasis aufbauen und ihre Prozesse anpassen, verschaffen sich einen klaren Vorsprung. Darüber hinaus eröffnet die verbesserte Datenverfügbarkeit nicht nur Möglichkeiten zur Emissionsberechnung, sondern auch für weitergehende Portfolioanalysen, etwa zur Risikobewertung oder Identifikation neuer Geschäftsstrategien. Versicherer können hier auf moderne Datenmanagement-Tools setzen und ihre Zusammenarbeit mit externen Datenanbietern intensivieren, um ihre Klimaziele zu erreichen und aktiv zur Klimaneutralität beizutragen.
Ein hilfreiches Tool in diesem Zusammenhang ist das „PwC Associated Emissions Calculation and Management Tool“, das die Datenqualität verbessern und bei strategischen Entscheidungen, wie etwa der Festlegung von Net-Zero-Zielen oder der Durchführung von Szenarioanalysen zur Dekarbonisierung, helfen kann.
Fazit
Der PCAF-Standard bietet eine wichtige Grundlage für die Berechnung versicherter Emissionen, doch die Umsetzung bleibt eine Herausforderung. Die Vielzahl an Datenquellen, unterschiedliche Datenqualität und die Verknüpfung externer und interner Daten machen den Prozess komplex. Gleichzeitig liegt hier eine große Chance: Mit der richtigen Herangehensweise können Versicherer erstmals fundierte, transparente Daten gewinnen und gezielte Maßnahmen zur Emissionsreduktion ergreifen.
Mit einer kontinuierlichen Verbesserung der Datenqualität und dem Einsatz moderner Datenmanagement-Tools können Versicherer ihre Klimaziele realistischer und gezielter umsetzen. Dabei ist es entscheidend, die richtigen Ansatzpunkte für Emissionsreduktionen zu identifizieren und flexibel auf Marktveränderungen sowie regulatorische Anforderungen zu reagieren. Auch wenn der Weg komplex ist, bietet er langfristig große Chancen für eine nachhaltige Ausrichtung der Branche.
Weiterführende Links:
- Blogbeitrag: Regulatorische Anforderungen an Net-Zero-Transitionspläne: CSRD, CRR, CSDDD und EBA-Leitlinien zum ESG-Risikomanagement
- Blogbeitrag: Konsultation zur Erweiterung des PCAF-Standards (Part C)
- Blogbeitrag: Das PwC Associated Emissions Calculation and Management Tool zur Berechnung finanzierter und versicherungsbezogener Treibhausgasemissionen
Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote. |
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