Datengetriebenes Kundenmanagement | Teil 3: 360-Grad Kundenblick

Kundenzentrierung spielt auch für Banken eine immer größere Rolle; die Kundenschnittstelle wird aber nicht mit ausreichend Informationen ausgestattet.

In den ersten beiden Teilen unserer Blog-Serie haben wir uns Aspekte der Datenerhebung sowie der anschließenden Segmentierung angeschaut. An diesen Überlegungen wollen wir in unserem abschließenden Beitrag anknüpfen und uns auf die Schnittstelle von der Bank zum Kunden (dargestellt unter (3) des Schaubilds) orientieren.

Unabhängig davon, ob es sich um eine digitale, durch künstliche Intelligenz (KI) geführte Konversation, den telefonischen Kontakt über ein Callcenter oder die persönliche Beratung durch feste Ansprechpersonen handelt: jeder Kontaktpunkt mit dem Kunden wirkt auf die Länge und den Erfolg der Kundenbeziehung. Je besser sich Kunden verstanden fühlen und auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird, also die tatsächliche Kundenberatung im Vordergrund steht, desto nachhaltiger und erfolgreicher ist die Beziehung.

Bei jedem Kundenkontakt müssen demnach zielgerichtete Informationen zur Verfügung stehen, die dabei helfen dem Kunden das Gefühl zu geben, im Mittelpunkt des Handelns zu stehen. Gleichzeitig ist es jedoch auch von enormer Bedeutung, ein gesundes Mittelmaß in der Umsetzung zu finden – eine individuelle Ansprache und Behandlung aller Kunden kann die Effizienz der Bank auch lähmen. Es ist ebenso wichtig zu verstehen, für welche Kunden individuelle Lösungen geschaffen werden sollten, und bei welchen Kunden eine proaktive Ansprache überhaupt erfolgversprechend ist.

Anhand welcher Informationen können diese Erkenntnisse gewonnen werden?

Die bestmögliche Ansprache zum bestmöglichen Zeitpunkt ist nicht anhand eines einzelnen Datenfelds identifizierbar, sondern leitet sich aus einem ganzheitlichen Kundenverständnis, also dem 360-Grad-Blick über den Kunden, ab. Hierzu müssen alle relevanten Kundeninformationen konsolidiert (bspw. in Form eines Kundendashboards) vorliegen, wobei es sich sowohl um verarbeitete als auch nicht-verarbeitete Daten handelt (an dieser Stelle wird der Gedanke eines strategischen Kundendatenmanagements ersichtlich, da bereits bei der Datenerhebung u.a. in Form der Zustimmungen die Möglichkeiten zur Erlangung eines 360-Grad-Blicks beeinflusst werden).

Der eindimensionale Blick auf den Status Quo der finanziellen Verhältnisse stellt für die Beratung keine ausreichende individuelle Basis mehr dar. Vielmehr ist eine Anreicherung um Aspekte wie bspw.

  • die aktuelle Lebensphase (z.B. Familienplanung)
  • persönliche Neigungen (z.B. ESG-Präferenzen)
  • persönliche Verflechtungen (z.B. Verwandtschaft zu wohlhabenden Kunden) oder
  • die Einschätzung zur aktuellen Zufriedenheit des Kunden

wichtig, um eine zugeschnittene Beratung zu ermöglichen.

Inwieweit im Rahmen der zugeschnittenen Beratung auch individuelle Produkt- und Serviceangebote ausgesprochen werden sollten – bzw. ob überhaupt eine proaktive Kundenansprache erfolgen sollte – ergibt sich durch die Einbeziehung des Kundenpotenzials. Der Gedanke hierbei ist, dass nicht nur vergangenheits- und gegenwartsbezogene Informationen in die Betrachtung einfließen, sondern auch die künftige Entwicklung des Kunden antizipiert und in den Kontext der finanziellen und nichtfinanziellen Ziele der Bank gesetzt wird.

Faktoren zur Ermittlung des Kundenpotenzials

Zur Ermittlung des Potenzials eines Kunden für die Bank ist immer eine institutsspezifische Kalibrierung erforderlich, was mit einem stark subjektiven Charakter verbunden ist. Dementsprechend breit ist auch das Spektrum an Informationen, die in Betracht gezogen werden können:

  • Quantitative Informationen, bspw. Transaktionsdaten
  • Qualitative Informationen, bspw. Net Promoter Scores
  • Predictive Analytics, bspw. Produktaffinitäten

Insbesondere auch vor dem Hintergrund der immer breiter werdenden Masse an verfügbaren Informationen sollten zur Potenzialeinschätzung, wie in nachfolgender Illustration aufgezeigt, Kennzahlen-Gruppen definiert werden. Auf Basis dieser Gruppen können unter Analyse der verfügbaren Daten konkrete Kennzahlen festgelegt und hinsichtlich ihrer Bedeutung in der Potenzialanalyse gewichtet werden. Zudem ist es dadurch möglich, einzelne Kundensegmente spezifischer zu behandeln (bspw. durch unterschiedliche Kennzahlen für Privat- und Firmenkunden).

Durch diese umfassende Betrachtungsweise kann sichergestellt werden, dass in der Interpretation der Ergebnisse die finanziellen und nicht-finanziellen Ziele der Bank berücksichtigt werden, um entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Hat eine Bank bspw. das Ziel der Reduzierung der RWAs, weisen Kunden mit hohem RWA-Anteil für diese Bank ein verhältnismäßig geringes Potenzial auf. Ebenso lassen sich zwei ansonsten identische Kunden in ihrem Potenzial differenzieren, wenn einer der beiden Kunden einem Marktsegment angehört, welches außerhalb der strategischen Zielgruppe für die Bank liegt.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die umfassende Datenaufnahme, -analyse und -auswertung von entscheidender Bedeutung zur Gestaltung und Optimierung von Kundenbeziehungen sind. Die zunehmende Forderung nach maßgeschneiderten Lösungen und individualisierter Ansprachen erfordert einen vollumfänglichen Blick auf die Kundendaten, um in der Interaktion und Bewertung alle benötigten Informationen vorliegen zu haben.

Welche Kundeninformationen stellen Sie Ihren Kundenberater:innen bereit? In welcher Art und Weise ermitteln Sie die Kundenpotenziale? Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen zur Erlangung des 360-Grad Kundenblicks diskutieren. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen!

Lesen Sie auch die anderen Teile der Serie:

Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote.

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Birgitte Ellingsen

Birgitte Ellingsen

Director
Frankfurt am Main

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