BaFin konsultiert novelliertes Merkblatt zur Externen Bail-in-Implementierung

Das Abwicklungsquartett der BaFin - nach der Novellierung der MaAbwicklungsfähigkeit, MaBail-in und MaStrukturelle Abwicklungsinstrumente folgt jetzt auch die Konsultation zum Merkblatt für die externe Bail-in Implementierung!

Die BaFin hat am 23. April 2024 das Merkblatt zur Externen Bail-in Implementierung überarbeitet und zur Konsultation gestellt, um die Richtlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zur „Veröffentlichung des Herabschreibungs- und Umwandlungs- sowie des Bail-in-Implementierungsmechanismus“ (EBA/GL/2023/01) vollständig umzusetzen.

Das Merkblatt sieht Erweiterungen in Bezug auf die technische Implementierung und Überprüfung bestehender Bail-in-Prozesse vor. Darüber hinaus müssen die Institute eine technische Grundlage für eine “Heraufschreibung” (neu) schaffen, sowie die im Rahmen des Bail-in vorgesehenen Prozessschritte teilweise maßgeblich erweitern.

Eine ganzheitliche Überprüfung der Bail-in Implementierung stellt die Qualität und Resilienz der getroffenen Vorkehrungen, Prozessbeschreibungen, Anweisungen und auch deren Umsetzung sicher.

In diesem Blogbeitrag geben wir Ihnen einen Überblick, welche Konkretisierungen für Institute besonders im Fokus stehen sollten:

Konkretisierungen zur Bewertung 2

Bevor die Abwicklungsbehörde eine Abwicklungsanordnung erlässt, muss diese sicherstellen, dass eine Bewertung der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens vorgenommen wird1.  Die Bewertung 12 dient dabei zunächst als Grundlage für die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung oder eine Herabschreibung und/oder Umwandlung relevanter Kapitalinstrumente („WDCCI“) erfüllt sind. Die Bewertung 23  bildet schließlich die Entscheidungsgrundlage über die Wahl und die Ausgestaltung der Abwicklungsstrategie (z.B. über die Höhe einer eventuellen Herabschreibung und/oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten).

Sofern am Abwicklungswochenende der Bail-in auf Basis einer vorläufigen Bewertung 2 angeordnet wurde, können sich Anpassungsbedarfe durch eine abschließende Bewertung 2 (nach Implementierung des Bail-in) ergeben4.  Dies ist beispielsweise der Fall, wenn im Rahmen der abschließenden Bewertung 2 ein höherer Nettovermögenswert ermittelt wird. Sofern die abschließende Bewertung höher ausfällt, wird die Abwicklungsbehörde eine sog. Heraufschreibung anordnen (vgl. § 99 Absatz 3 SAG) und die Forderungen der Gläubiger und der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente “wieder heraufschreiben”5.  Des Weiteren hat die Abwicklungsbehörde die Befugnis, in der erforderlichen Höhe die Einziehung von Anteilen oder die Löschung anderer Instrumente des harten Kernkapitals rückgängig zu machen, wenn die Voraussetzungen6 dafür erfüllt sind.

Erweiterter Fokus auf strukturierte Schuldtitel in Stücknotierung sowie auf Geldmarktinstrumente

Im Merkblatt wurde die Übersicht zu den berücksichtigungsfähigen Instrumenten erweitert. Es wurde eine stärkere Differenzierung zwischen Instrumenten und deren Besonderheiten im Rahmen der Herabschreibung aufgenommen (bspw. prozentnotiert, stücknotiert, Strukturierung). Darüber hinaus werden nunmehr Geldmarktinstrumente i.S.d. §2 Abs. 2 WpHG prozessual berücksichtigt. Die technischen Szenarien, d.h. die Beschreibung der durch den Zentralverwahrer durchzuführenden technischen Implementierung des Bail-in, wurden entsprechend konkretisiert, um diese Erweiterungen zu reflektieren.

(Möglicher) Einsatz eines Sonderverwalters i.S.d. §87 SAG auf Anordnung der Abwicklungsbehörde

Zu einer der (Begleit-)Befugnisse der Abwicklungsbehörde zählt die gesonderte Bestellung eines Sonderverwalters (SV) i.S.d. §87 SAG. Damit verbunden kann die Behörde die Geschäftsleitung und das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan des Instituts für bis zu einem Jahr (verlängerbar auf zwei Jahre) durch einen Sonderverwalter (SV) ersetzen. Der SV arbeitet unter der Aufsicht der Abwicklungsbehörde und muss deren Anordnungen befolgen. Er ist verpflichtet, die Abwicklungsziele zu verfolgen und die von der Abwicklungsbehörde festgelegten Maßnahmen im Rahmen seiner Befugnisse umzusetzen. Die Abwicklungsbehörde kann die Rechte, Aufgaben (i.S.d. §45c Abs.2 KWG) und Befugnisse des SV‘s jederzeit und ohne Angabe von Gründen erweitern bzw. einschränken. Zu seinen Aufgaben zählen u.a. die Sicherstellung der Umsetzung aller relevanter Teilschritte im Rahmen der externen Bail-in Implementierung sowie Erstellung und ggf. Umsetzung des Restrukturierungsplans am Ende des Abwicklungsverfahrens.

Spezifizierungen der Begleitdokumente an den Zentralverwahrer und Abbildung einer rechtlich unverbindlichen und nicht abschließenden Mustervorlage einer Abwicklungsanordnung

In der erweiterten Version wurden die vorwiegend durch das Institut zu erstellenden Unterlagen zur Vorbereitung der externen Implementierung des Bail-ins spezifiziert. Die Vorlagen zur Übermittlung der relevanten Informationen an die Finanzmarktinfrastruktur (Inhalte der technischen Richtlinien und „detaillierten Listen“ für die unterschiedlichen Szenarien) wurden dabei um weitere Angaben ergänzt. Ziel ist es, die Konkretisierungen der berücksichtigungsfähigen Instrumente auch hier zu integrieren. Im Anhang neu aufgenommen wurde eine umfangreiche Mustervorlage einer Abwicklungsanordnung.

Fazit

Die Konkretisierungen im Merkblatt ermöglichen eine effizientere und effektivere Umsetzung der Bail-in Implementierung. Die Neuerungen zur technischen Implementierung der Heraufschreibung stellen hingegen einen potenziell ergänzenden Aufwand für die Institute dar. Bereits im Rahmen der Abwicklungsplanung konzipierte Prozesse müssen ggf. angepasst bzw. ergänzt werden, um neue Anforderungen wie bspw. die Erstellung von Anweisungsschreiben, oder auch die Abbildung der Heraufschreibung in den Systemen für die relevanten Instrumente zu operationalisieren.

In der aktuellen Konsultation gibt die Aufsicht bereits konkrete Hinweise für weitere Überarbeitungen des Merkblatts - im Fokus stehen v.a. Themen wie Bail-in Verbindlichkeiten, die dem Recht eines Drittstaates unterliegen, sowie weitere Spezifizierungen der Heraufschreibung von Verbindlichkeiten.

Gerne unterstützen wir Sie mit unserer umfassenden Erfahrung im Kontext der Abwicklungsplanung bei der effizienten Umsetzung der aufsichtlichen Anforderungen. Sprechen Sie uns an!

Verpassen Sie außerdem nicht unsere Blogreihe zur MaAbwicklungsfähigkeit, in der wir näher auf die einzelnen Dimensionen zur Herstellung der Abwicklungsfähigkeit eingehen. 


1Vgl. Artikel 20 Absatz 1 SRM-VO bzw. § 69 Absatz 1 SAG.
2Vgl. Artikel 20 Absatz 5 Buchstabe a SRM-VO bzw. § 71 Absatz 1 Nummer 1 SAG; Zur Bewertung, ob die Abwicklungsvoraussetzungen oder die Voraussetzungen für die Herabschreibung und/oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt sind, wird eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts bzw. des gruppenangehörigen Unternehmens im Anwendungsbereich der SRM-VO benötigt. 
3 Vgl. Artikel 20 Absatz 5 Buchstabe b bis g SRM-VO bzw. § 71 Absatz 1 Nummer 2 bis 8 SAG; Die Bewertung 2 beruht auf fairen, vorsichtigen und realistischen Annahmen und beurteilt im Wesentlichen unterschiedliche Szenarien für die Durchführung verschiedener möglicher Abwicklungsmaßnahmen. Im Unterschied zur Bewertung 1 basiert die Bewertung 2 auf wirtschaftlichen Werten und nicht auf Buchwerten (siehe auch Erwägungsgrund 7 der DelVO (EU) 2018/345).
4 Vgl. Artikel 20 Absatz 11 SRM-VO (§ 75 Absatz 1 SAG); vgl. auch Kapitel 4.5 des Rundschreibens 06/2023 (MaAbwicklungsbewertung). 
5 Vgl. Artikel 20 Absatz 12 Buchstabe a SRM-VO bzw. § 75 Absatz 4 Nummer 1 SAG.
6 Gem. § 75 Absatz 4 SAG.

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