Zwischen Staatsverschuldung und Energiewende: der Weg zum Energiemarkt der Zukunft

Waldbrände, Hitzewellen, hohe Energiepreise und Ängste um Versorgungssicherheit – unsere aktuelle Herangehensweise der Energieerzeugung und -nutzung ist langfristig weder nachhaltig noch umweltschonend.

Ganz im Gegenteil, führen wir aktuelle Verhaltensmuster und Methoden der Energieerzeugung fort, gefährden wir die natürliche Lebensgrundlage für uns und folgende Generationen.

Der immense Ressourcenverbrauch würde zu hohen CO2-Emissionen führen, die zu dem ohnehin schnell voranschreitenden Klimawandel beitragen würden. Eine Folge, die nicht nur unsere Lebensqualität als Endverbraucher:innen, sondern auch das zukünftige Wachstum der deutschen Wirtschaft und der im Inland ansässigen Energieversorgungsunternehmen gefährden könnte. Die Wirtschaftlichkeit wird besonders durch den ausbleibenden Bezug von günstigem Gas/Öl aus Russland, die fehlende Diversifizierung bei der Gasbeschaffung und geopolitische Unsicherheiten gefährdet. Durch die Preisbildung mit dem Merit Order System, in dem Gaskraftwerke oft als letzter Preissetzer agieren, sind Strompreise auf ein Rekordniveau gestiegen. Dies führt insbesondere bei der deutschen Industrie zu wirtschaftlichen Nachteilen; manche versuchen durch Import von energieintensiven Produkten und Materialien aus Regionen mit niedrigeren Energiepreisen entgegenzuwirken.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sieht die Bundesregierung unter anderem drei Maßnahmen vor:

Das Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) agiert als sogenannter wirtschaftlicher Abwehrschirm. Hier können Unternehmen, die besonders von hohen Energiekosten betroffen sind, einen Zuschuss zu ihren Erdgas- und Stromkosten beantragen, welcher auf eine Höhe von 50 Millionen Euro je Unternehmen gedeckelt ist. Hiermit sollen existenzbedrohende Situationen durch hohe Energiepreise für energieintensive Unternehmen vermieden werden.

Die Energiepreisbremse, die Letztverbraucher aus der Industrie und Privathaushalte vor der hohen Belastung aufgrund der aktuellen Energiemarktpreise schützen soll. Für Privathaushalte gibt es die Gas- und Wärmepreisbremse, die mit einem Abwehrschirm der Bundesregierung finanziert wird und Unternehmen sollen durch eine Gaspreisbremse mit einer günstigeren Basisversorgung von den stark gestiegenen Energiekosten entlastet werden. Die Industrie übt jedoch Kritik an der Energiepreisbremse, weil diese pro Unternehmen zu niedrig ausfällt. Auch auf EU-Ebene gibt es Diskussionen über einen Gaspreisdeckel mit einer Preisgrenze von 275 Euro pro Megawattstunde, welche nur unter bestimmten Bedingungen ausgelöst und nur Großkunden betreffen würde. Aber es gibt in den Mitgliedsstaaten verschiedene Ansichten, wie dieser grundlegend umgesetzt werden soll. Ob der Gaspreisdeckel die strukturellen Probleme des Gasmarktes löst, ist ebenfalls umstritten.

Und zuletzt die Mehrerlösabschöpfung, welche die Strompreisbremse der Industrie in Teilen finanziert. Sie betrifft Stromerzeugung aus Braunkohle, Kernenergie, Abfall, Mineralöl und erneuerbaren Energien, wobei Speicher, Steinkohle, Erdgas, Biomethan und weitere Gase davon ausgenommen sind. Auch kleinere Anlagen bis zu 1 Megawatt sind nicht betroffen. Es werden 90 Prozent der Zufallserlöse oberhalb einer festgelegten Obergrenze abgeschöpft. Um trotzdem einen Anreiz für effizientes Verhalten am Markt zu haben, werden die übrigen 10 Prozent beim Erzeuger bleiben. Es wird eine Herausforderung für die Stromerzeuger und Energieversorger, mit den daraus resultierenden zusätzlichen Aufgaben umzugehen und sich mit den zu erwartenden kurzen Fristen rechtzeitig darauf vorzubereiten. Fraglich ist auch, ob eine Mehrerlösabschöpfung den deutschen Strommarkt tiefgründig verzerrt.

Die detaillierte Ausgestaltung vieler regulatorischer Änderungen bedarf noch Abstimmungen, die wohl bis zum Ende des Jahres andauern werden und nicht nur die Entspannung der aktuellen Lage innerhalb Deutschlands, sondern die Weiterentwicklung alternativer Energieressourcen weiterhin verzögern werden. Sehen wir uns nun die aktuelle Energiemarktsituation an, steht eines fest: Mittel- und langfristig ist eine Balance zu finden, die ein solches Spannungsfeld, wie es aktuell vorliegt, einschränkt und im Idealfall dessen Auswirkungen auf das Mindeste reduziert.

Auch in der aktuellen energiepolitischen Lage sollte das energiewirtschaftliche Zieldreieck – auch die Umweltverträglichkeit - nicht außer Acht gelassen werden. (Darstellung PwC)

Deutschland wie auch Europa werden im globalen Markt nur wettbewerbsfähig sein, wenn auch die Energiekosten wettbewerbsfähig sind. Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich sowie für eine Beschleunigung des Erneuerbaren Energien-Ausbaus ist es unabdingbar, attraktive Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Unternehmen zu schaffen, dass diese entsprechende Investitionen tätigen - und damit einen Teil der Energiewende mitfinanzieren. Dies ist umso wichtiger, da sich langfristig gesehen die Energiepreise zwar auf einem Niveau unterhalb der aktuellen Preise, jedoch deutlich über den Referenzpreisen von 2021 einfinden werden, wie unter anderem auch eine PwC-Analyse zeigt. Die berechneten Szenarien sagen aber ebenfalls aus, dass bei einem höheren Ausbau der Erneuerbaren Energien die Preisentwicklung niedriger verläuft als bei Szenarien mit einem geringeren Erneuerbaren-Anteil. Auch unter dem Aspekt des Ausbaus von Erneuerbaren ist das aktuelle Merit Order Modell ungeeignet und schafft kein attraktives Umfeld für Investitionen in grüne Energie.

Dies bedeutet, dass eine Anpassung des Energiemarktdesigns so gestaltet sein muss, dass ein investitionsfreundliches und stabiles Umfeld geschaffen wird. Die Ausrichtung hinsichtlich der Dimensionen Marktflexibilität vs. Regulatorik, Handhabung Prosumer, Investitionsbereitschaft in und Preisgestaltung von Erneuerbare Energieerzeugung, Technologieumsetzung/IT und Umsetzung Wasserstoffhochlauf sind komplex und erfordern kreative Lösungsansätze, insbesondere auch in der heutigen Zeit des Umbruchs. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen energetischer Autarkie, staatlicher Unterstützung und grenzüberschreitenden Energiemarktbeziehungen unterstützen die Entwicklung.

Aber es ist auch die Chance, Altlasten und Gewohnheiten hinter sich zu lassen und möglichst schnell mutige Schritte nach vorne zu gehen. Nur ein langfristig erfolgreicher Umstieg auf erneuerbare Energien lässt uns die globalen Klimaziele noch erreichen und unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten.

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Folker Trepte

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Partner, Leiter Energiewirtschaft
München

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