Umweltziele 3 bis 6: EU veröffentlicht Vorschläge für technische Bewertungskriterien zu den vier weiteren Umweltzielen der EU-Taxonomie
Entwürfe zur öffentlichen Konsultation gestellt, Erstanwendung bereits für das laufende Geschäftsjahr vorgesehen.
Kurz vor Ostern veröffentlicht die Europäische Kommission den Entwurf für den lang erwarteten delegierten Rechtsakt zur Festlegung technischer Bewertungskriterien für die vier weiteren Umweltziele. Bereits für das Geschäftsjahr 2023 ist eine Berichterstattung über die Taxonomiefähigkeit der Ziele 3 bis 6 erforderlich. Eine Berichterstattung über deren Taxonomiekonformität ist erstmals für 2024 vorgesehen. Bei den klimabezogenen Umweltzielen bleibt es bei der Berichterstattung über Taxonomiefähigkeit und -konformität. Daneben soll der Klimarechtsakt geändert und um weitere Tätigkeiten ergänzt werden.
Kein Durchatmen für die Praxis
Unmittelbar nach Abschluss bzw. im Endspurt der Berichtssaison über das Geschäftsjahr 2022, in dem Unternehmen der Realwirtschaft („Nicht-Finanzunternehmen“) erstmals über die Taxonomiekonformität („Taxonomy-alignment“) zu berichten hatten, veröffentlichte die Europäische Kommission nun ihren Entwurf für den sogenannten Umweltrechtsakt. Mit diesem delegierten Rechtsakt legt die Europäische Kommission die technischen Bewertungskriterien für Wirtschaftstätigkeiten fest, die einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der vier anderen Umweltziele leisten können.
Diese Ziele umfassen:
- die nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
- den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
- die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
- und den Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
Sie finden sämtliche Dokumente, d.h. die Entwürfe inkl. der damit verbundenen Anhänge auf der Website der Europäischen Kommission hier. Dort finden Sie auch die Unterlagen zur Teilnahme an der öffentlichen Konsultation der Vorschläge.
Die neuen technischen Bewertungskriterien und damit auch die neu festgelegten Wirtschaftstätigkeiten sollen bereits im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung zu berücksichtigen sein, die im Jahr 2024 veröffentlicht wird. D.h. bereits über das aktuell laufende Geschäftsjahr 2023 (bei kalendergleichem Geschäftsjahr) soll die Taxonomiefähigkeit für sämtliche sechs Umweltziele zu berichten sein. Für die beiden klimabezogenen Umweltziele ist weiterhin über die Taxonomiekonformität zu berichten. Die bislang im delegierten Rechtsakt zu den Berichtspflichten (Artikel 8 Abs. 5) vorgesehene Übergangsphase von zwölf Monaten nach Geltungsbeginn des Umweltrechtsaktes soll daher gestrichen werden. Zumindest beschränken sich die Berichtspflichten über die vier weiteren Umweltziele analog zur Einführung der ersten beiden Umweltziele für ein Jahr zunächst auf die Taxonomiefähigkeit. Die Erfahrung aus dem Umgang mit diesen Zielen zeigte allerdings, dass auch die Ermittlung der Taxonomiefähigkeit bereits mit erheblichem Aufwand verbunden ist.
Weitere Vorschläge
Im Rahmen des Entwurfs für den Umweltrechtsakt werden „nebenbei“ Änderungen am delegierten Rechtsakt zu den Berichtspflichten nach Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung vorgeschlagen, die nicht im Zusammenhang mit den neuen Wirtschaftstätigkeiten stehen. Neben einigen redaktionellen Korrekturen schlägt die Europäische Kommission Änderungen an den verpflichtenden Meldebögen vor. Dabei verpasst sie bislang leider die Chance deren Anwendung anhand eines konkreten Zahlenbeispiels zu veranschaulichen.
Darüber hinaus veröffentlichte die Europäische Kommission einen weiteren Entwurf für einen delegierten Rechtsakt zur Änderung und Erweiterung des Klimarechtsaktes, sprich dem Rechtsakt, der die technischen Bewertungskriterien für die beiden klimabezogenen Umweltziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel enthält. Dieser Entwurf enthält u.a. nun Tätigkeiten für die Herstellung von Komponenten im Automobil- und Mobilitätsbereich sowie verschiedene Tätigkeiten im Bereich der Luftfahrt. Daneben werden die Kriterien für zahlreiche bestehende Tätigkeiten modifiziert.
Nächste Schritte und Ihre Einflussmöglichkeiten
Die Frist zur Teilnahme an der öffentlichen Konsultation beträgt vier Wochen, d.h. Antworten sind bis zum 3. Mai 2023 über die Website der Europäischen Kommission einzureichen. Die finalen delegierten Rechtsakte sollen im Juni 2023 erlassen werden, gefolgt von der üblichen „Scrutiny period“ von in der Regel (mind.) zwei Monaten, in der das Europäische Parlament und der Rat der EU die delegierten Rechtsakte in Gänze zurückweisen können. Im Anschluss an diese Einspruchsfrist tritt der delegierte Rechtsakt in Kraft und gilt ab dem 1. Januar 2024.
Die technischen Bewertungskriterien stehen im Zentrum der Taxonomiekonformitätsprüfung durch die berichtenden Unternehmen. Ich kann von den neuen Tätigkeiten betroffenen Unternehmen nur ans Herz legen, sich im (technischen) Detail mit diesen Kriterien zu befassen und sich an der Konsultation zu beteiligen, um der Europäischen Kommission entsprechendes Feedback zukommen zu lassen. Die Erfahrung aus den ersten Berichtsperioden zeigte, dass der Wortlaut der Rechtsakte bei der Umsetzung der Anforderungen in der Praxis regelmäßig zu gravierenden Auslegungsfragen führt. Im Rahmen der Konsultation haben Sie die Möglichkeit, auf entsprechende Schwachstellen hinzuweisen.
Hier nochmal der wesentliche Link zu den Dokumenten:
Weiterführende Links:
- Ist der Mittelstand bereit für die ESG-Transformation?
- PwC-Studie 2023: ESG-Strategie und -Reporting im Mittelstand
- Pathways to Paris: Transformationstool für ein klimaneutrales Deutschland
- ESG Steering, Reporting und Assurance
- Interview mit Rainer Kroker: „ESG muss in allen Unternehmensbereichen verankert werden“
- Interview zur CSRD: „Eine neue Ära in der Berichterstattung über Nachhaltigkeit beginnt“