Ein Vorgehen für die Implementierung und Operationalisierung von ESG Data Governance
Was sind die Besonderheiten von ESG-Daten? Wie können ESG-Daten ganzheitlich gesteuert und eine robuste ESG Data Governance etabliert werden? Interessiert? Eine Antwort finden Sie in unserem Blogbeitrag.
In Folge der zunehmenden europäischen und internationalen Nachhaltigkeitsregulierung steigen die Anforderungen an die Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten (ESG-Daten) innerhalb und außerhalb des Finanzsektors immer weiter an. Nur wer über die benötigten ESG-Daten verfügt – entweder durch eigene Erhebung und/oder Zukauf oder eine belastbare IT-Infrastruktur und angemessene ESG Data Governance – kann die internen und externen Reporting Anforderungen erfüllen sowie etwaige Risiken identifizieren und steuern. Die Herausforderungen bestehen insbesondere darin, die ESG-Daten zu erheben und in die Geschäftsprozesse zu integrieren. Vor allem die noch fehlenden ESG->Datenverantwortlichen erschweren hierbei die Integration.
In diesem Zusammenhang wird eine ganzheitliche Umsetzung von ESG Data Governance zu einem strategischen Ziel. Sie gewährleistet nicht nur die korrekte Erfassung, sondern auch die effektive Verwaltung, den Schutz und die ethisch verantwortungsbewusste Nutzung von ESG-Daten. Dank einer umfassenden ESG Data Governance können nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllt, sondern auch die gesammelten Daten als verlässliche Grundlage für strategische Entscheidungen und nachhaltige Berichterstattung verwendet werden. Die Unternehmen unterstreichen dadurch ihre Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft und können somit das Vertrauen ihrer Stakeholder gewinnen.
Die Schlüsselaspekte der Anwendung von ESG Data Governance umfassen sowohl die Sicherstellung der Datenqualität als auch die Schaffung eines Rahmens für transparente Berichterstattung. In einer Zeit, in der ESG nicht nur als Kennzahl, sondern als zentraler Bestandteil unternehmerischer DNA betrachtet wird, erweist sich die Implementierung von Data Governance als notwendiger Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen und verantwortungsbewussten Unternehmenssteuerung.
Was sind ESG-Daten und warum sind sie wichtig?
ESG-Daten sind in der heutigen Unternehmenslandschaft von entscheidender Bedeutung. Sie erfassen eine breite Palette von Aspekten der Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung – darunter Umweltauswirkungen, soziale Verantwortung und die Qualität der Unternehmensführung. Diese Daten können sowohl aus internen wie externen Quellen stammen. Interne Daten beziehen sich auf Informationen, die Unternehmen über ihre eigenen Aktivitäten und Prozesse sammeln, während externe Daten von unabhängigen Quellen, wie externen Datenprovidern, Unternehmensberichten etc., stammen.
ESG-Daten erfüllen eine Vielzahl von Zwecken, sowohl für das Unternehmen selbst als auch für ihre Stakeholder. Ein Hauptnutzen liegt mit Sicherheit in der Nachhaltigkeitsberichtserstattung, wo Unternehmen diese Daten verwenden, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen und aussagekräftige Nachhaltigkeitsreportings zu erstellen mit denen Investor:innen, Stakeholder und die Öffentlichkeit über ihre ESG-Performance informiert werden. Darüber hinaus dienen ESG-Daten für die Produktgestaltung, zur Steuerung der Unternehmensaktivitäten, Messung konkreter Nachhaltigkeitsziele und Überwachung des Fortschritts der Nachhaltigkeitstransformation.
Die Steuerung von ESG-Daten ist wichtig, da sie das Vertrauen der Stakeholder gewinnt und den Erfolg eines Unternehmens in einer zunehmend nachhaltig ausgerichteten Welt beeinflusst. Eine effektive Datenverwaltung ermöglicht die korrekte Erfassung, Bewertung und Berichterstattung von Nachhaltigkeitsinformationen, wodurch Risiken minimiert und Chancen genutzt werden können. Insgesamt sind ESG-Daten ein wertvolles Instrument für Unternehmen, um nachhaltige und verantwortungsvolle Geschäftspraktiken zu fördern und gleichzeitig langfristigen Unternehmenserfolg zu gewährleisten.
Welche Herausforderungen und Abhängigkeiten ergeben sich bei ESG-Daten?
Die Beschaffung von ESG-Daten stellt Unternehmen vor erheblichen Herausforderungen. Zusätzlich kann die Qualität von ESG-Daten stark variieren. Sie können unvollständig, veraltet oder fehlerhaft sein, was die Gewährleistung einer konsistenten Datenqualität erschwert.
Ein weiteres Hindernis liegt in der Vielfalt von ESG-Datenquellen und -Formate. Die Integration dieser Daten in eine einheitliche Struktur ist meist komplex und erfordert beträchtlichen Aufwand. Zugleich ist ein effizienter Zugriff auf ESG-Daten notwendig, um sicherzustellen, dass die relevanten Parteien jederzeit auf die benötigten Informationen unter Beachtung von Datenschutz- und Sicherheitsrichtlinien zugreifen können. Dies erfordert nicht nur eine kontinuierliche Verfügbarkeit von ESG-Daten, sondern auch die Einrichtung effektiver Beschaffungsprozesse – insbesondere, wenn Daten extern bezogen werden. Die kontinuierliche Überwachung und Validierung sind ebenfalls unerlässlich – vor allem wegen der hohen Volatilität von ESG-Daten. Um die aufsichtsrechtlichen Anforderungen des EZB-Leitfadens zu Klima- und Umweltrisiken und der 7. MaRisk Novelle gerecht zu werden, müssen Unternehmen Datenqualitätsprozesse etablieren, um die Integrität, Genauigkeit, Aktualität, Vollständigkeit und dadurch die Zuverlässigkeit >von ESG-Daten zu gewährleisten. Diese Anforderungen spiegeln die Prinzipien von BCBS 239 wider, die eine robuste Datenverwaltung und genaue Berichterstattung erfordern. Sie stellen sicher, dass Banken über eine angemessene Dateninfrastruktur verfügen, um ESG-Risiken und -Chancen zu identifizieren, zu messen und zu überwachen. Die Einhaltung dieser Prinzipien ermöglicht zuverlässige und konsistente ESG-Daten, was zu einer angemessenen Bewertung und effektiveren Risikosteuerung führt.
Hinsichtlich der externen Abhängigkeiten sind Unternehmen im Sustainability-Kontext in hohem Maße von ESG-Datenanbietern, regulatorischen Anforderungen und den Erwartungen ihrer Stakeholder abhängig. Änderungen von externen Faktoren haben erhebliche Auswirkungen auf die Beschaffung und Verwaltung von ESG-Daten und erfordern daher eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit seitens der Unternehmen.
Vorgehen zur Einführung von ESG Data Governance
Die effektive Umsetzung von ESG Data Governance erfordert eine klare Ausrichtung auf die ESG-Datenstrategie, die Erfüllung von ESG-Datenanforderungen, eine robuste ESG-Datenverwaltung und die klare Festlegung von ESG Data Ownership. Diese Schlüsselaspekte spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der hohen Integrität, Qualität und Transparenz von ESG-Daten.
Wir haben vier Phasen identifiziert, wie Data Governance als Bindeglied zwischen Unternehmenszielen, Stakeholder-Erwartungen und ESG-Datenpraktiken fungieren kann. Diese ganzheitliche Herangehensweise ist nicht nur als eine technologische Notwendigkeit zu betrachten, sondern als ein strategischer Schritt, um ESG-Daten als Instrument für langfristigen Erfolg und transparente Stakeholder-Kommunikation zu nutzen. Von der Definition der Datenstrategie bis zur klaren Zuweisung von Verantwortlichkeiten – die ganzheitliche Umsetzung von Data Governance für ESG-Daten steht im Zentrum einer verantwortungsbewussten und nachhaltigen Unternehmensführung.
- Entwicklung einer umfassenden ESG-Datenstrategie: In dieser Phase wird eine Datenstrategie entwickelt, die sich an den Unternehmenszielen und Sustainability-Prinzipien orientiert. Dabei werden Stakeholder-Bedürfnisse, rechtliche Anforderungen und langfristige Unternehmensziele berücksichtigt. Außerdem werden klare Ziele, Prioritäten und Meilensteine definiert, um sicherzustellen, dass die Datenstrategie integrativ und unterstützend wirkt.
- Erfüllung der ESG-Datenanforderungen: Der Fokus liegt darauf, spezifische ESG-Datenanforderungen für die unterschiedlichen Use Cases zu identifizieren, um den ESG-Datenbedarf zu ermitteln. Die Einbindung verschiedener Abteilungen und Interessengruppen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle ESG-Datenanforderungen komplett erfasst werden.
- Implementierung einer effektiven ESG-Datenverwaltung: Diese Phase konzentriert sich auf die Festlegung einer neuen Strategie für die Datenerfassung sowie auf die Neuausrichtung und -organisation des Datenverwaltungsmodells. Dies umfasst die Implementierung einer robusten Datenarchitektur, die entweder zentral oder dezentral aufgebaut werden kann und die Umsetzung von Prozessen zur Datenaufbereitung, -integration und -validierung enthält. Ein nützliches Tool zur Implementierung kann ein ESG-Datenkatalog sein. Ein ESG-Datenkatalog kann als zentrale Informationsquelle dienen, die Transparenz und Datenqualität verbessert, Datenschutz gewährleistet und die Effizienz der Datenverwaltung erhöht, sowie dazu beitragen, redundante Datenverarbeitungsaktivitäten zu eliminieren.
- Klare Festlegung von ESG Data Ownership: In dieser letzten Phase erfolgt die klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten für die Datenerfassung, -verarbeitung und -berichterstattung im Sustainability-Kontext. Data Governance definiert klare Prozesse für diese Verantwortlichkeiten und fördert die Einbindung verschiedener Abteilungen und Rollen. Die klare Definition von Data Ownership stärkt nicht nur die Verantwortung, sondern legt auch die Rechenschaftspflicht für die ESG-Performance des Unternehmens klar fest.
Durch die strukturierte Umsetzung dieser Phasen mittels effizienter Data Governance wird ein ganzheitlicher Rahmen geschaffen, der ESG-Daten nicht nur als Pflichterfüllung betrachtet, sondern als strategisches Instrument für nachhaltigen Erfolg und transparente Stakeholder-Kommunikation nutzt. Jede Phase baut auf der vorherigen auf und gewährleistet eine erfolgreiche Integration von ESG-Daten in die Unternehmenspraxis.
Operationalisierung von ESG Data Governance
ESG Data Governance soll die komplette Datenverarbeitungskette abdecken – angefangen von den Quellsystemen bis hin zum Reporting. Hierfür sind Verantwortlichkeiten der betroffenen Bereiche für die einzelnen Phasen der ESG-Datenverarbeitung inkl. der Datenbereitstellung, Vorverarbeitung, Auswertung und Berichtserstellung festzulegen. Dies kann je bankfachliche Datenentität in der Geschäftspartner-, Instrument- oder Sicherheitenentität erfolgen.
Die in der Verarbeitung von ESG-Daten involvierten Bereiche haben unterschiedliche Rollen und Aufgaben je Datenverarbeitungsschritt. Dies hängt davon ab, wer die ESG-Daten von den externen Datenprovidern und Kunden einholt und erhebt, wer sie im juristischen Datenbestand ablegt und wer die Anforderungen an ESG-Daten stellt und diese anschließend nutzt. Auf dieser Basis können die involvierten Bereiche bspw. die Rolle eines Datenkonsumenten oder Data Owners übernehmen. Die Rollen und Aufgaben für ESG-Daten sollen, falls vorhanden, in Anlehnung an das bestehende Data-Governance-Rollenmodell definiert werden.
Anschließend sind die ESG-Datenverantwortlichkeiten in die schriftlich fixierte Ordnung sowie ggf. vorhandene Dokumentation von Datenlieferstrecken (bspw. Data Dictionary) zu integrieren.
Wenn Sie das Thema weiter vertiefen wollen, melden Sie sich gerne bei uns.
Weiterführende Links:
- Climate scenarios analyses: challenges and outlook from the FSB-NGFS joint report
- ESG Disclosures in Banking: Challenges, Implications, and the Road Ahead
- PwC-Studie 2023: Offenlegung von ESG-Risiken bei Europas Kreditinstituten häufig noch unzureichend – Formatfehler und unvollständige Angaben erschweren Risikobewertung
- Interview: „ESG muss in allen Unternehmensbereichen verankert werden“
- Liberate Data - Empower Autonomy: The alternative to data monopolies
- ESG Data Governance im Finanzwesen
Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote. |
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