Geplante Änderungen am Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) – Was kommt auf Finanzdienstleister zu?

Ein Ausblick auf geplante Änderungen an dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz durch den Referenten-Entwurf zum CSRD-Umsetzungsgesetz sowie durch Umsetzung der europäischen Lieferkettenrichtlinie CSDDD in deutsches Recht.

Mit dem CSRD-Umsetzungsgesetz, das im Referentenentwurf vorliegt, sowie der europäischen Lieferkettenrichtlinie, CSDDD, stehen Änderungen des nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) an.  

Was bedeutet das konkret für die betroffenen Finanzdienstleister bezüglich der Umsetzung von Sorgfaltspflichten, insbesondere im Hinblick auf dieBerichterstattung? 

Welche Fragen sind in diesem Zusammenhang noch ungeklärt? 

In Deutschland ist Anfang 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“) in Kraft getreten. Dieses war zunächst von Unternehmen ab 3.000 Mitarbeiter:innen anzuwenden. Seit diesem Jahr fallen auch Unternehmen mit 1.000 Mitarbeiter:innen in den Anwendungsbereich.  

Das LkSG normiert menschenrechtliche und umweltbezogene geschützte Rechtsgüter sowie Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette. Ziel ist es, die entsprechenden Rechtsgüter zu schützen und damit verbundene Risiken zu mitigieren. 

Die Sorgfaltspflichten umfassen u.a. eine jährliche Berichterstattung, um für Transparenz in der Lieferkette zu sorgen. Der LkSG-Bericht ist spätestens vier Monate nach Abschluss des jeweiligen Geschäftsjahres auf der eigenen Internetseite zu veröffentlichen und an die zuständige Behörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“), zu versenden.  

Im Rahmen des Berichtes sind strukturiert Fragen vom BAFA vorgegeben. Diese auf die unterschiedlichen Sorgfaltspflichten des LkSG ein. Es sind Angaben zu folgenden Themenbereichen vorzunehmen: 

  • Überwachung des Risikomanagements, Grundsatzerklärung über die Menschenrechtsstrategie sowie Verankerung der Menschenrechtsstrategie innerhalb der eigenen Organisation
  • Risikoanalyse und eingeleitete Präventionsmaßnahmen
  • Verletzungen und eingeleitete Abhilfemaßnahmen sowie  
  • Beschwerdeverfahren und Überprüfung des Risikomanagements. 

Erste Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Referenten-Entwurf zum CSRD-Umsetzungsgesetz 

Mit dem am 22. März 2024 veröffentlichten Referentenentwurf zum Corporate Sustainability Reporting (CSRD)- Umsetzungsgesetz liegt ein Entwurf für eine erste Änderung des deutschen Lieferkettengesetzes vor.  

Diese Änderung bezieht sich ausschließlich auf die Sorgfaltspflicht der Berichterstattung. Die Umsetzung der restlichen Sorgfaltspflichten bleibt hiervon unberührt. 

Die CSRD verpflichtet die Mitgliedstaaten bis zum 06. Juli 2024 zur Einführung und Prüfung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung. 

Zur Vermeidung doppelter bzw. gleichgelagerter Berichtspflichten wird in § 10 Abs.5 und 6 der LkSG-Entwurfsfassung („LkSG-E“) eine Ersetzungsbefugnis geregelt. 

Hiernach dürfen Unternehmen, die entweder aufgrund der oder freiwillig ihren Lagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht erweitern, den Nachhaltigkeitsbericht, anstelle des LkSG-Bericht veröffentlichen und beim BAFA einzureichen. Dies ist nur dann möglich, wenn der Nachhaltigkeitsbericht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Insbesondere muss der Nachhaltigkeitsbericht durch einen Prüfer geprüft worden sein.  

Folglich stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich der LkSG-Bericht und der Nachhaltigkeitsbericht unterscheiden. 

Fristsetzung: 

  • Gemäß dem Referentenentwurf zum CSRD-Umsetzungsgesetz muss, im Gegensatz zu der Fristsetzung bei einem „normalen“ LkSG-Bericht (4 Monate nach Geschäftsjahresende), der Nachhaltigkeitsbericht spätestens ein Jahr nach Beendigung des Geschäftsjahres eingereicht bzw. veröffentlicht werden. 
  • Um Unternehmen genügend Zeit für eine Entscheidung im Hinblick auf die Ersetzungsbefugnis zu geben, sieht der Referentenentwurf vor, die Fälligkeit der Berichte für das Geschäftsjahr 2023 auf den 31. Dezember 2024 zu verschieben – dies bezieht sich sowohl auf die LkSG-Berichterstattung als auch auf den Nachhaltigkeitsbericht. 
  • Parallel dazu hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die Frist zur Abgabe und Veröffentlichung von Berichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bereits bis Ende 2024 verlängert. Es wird das Vorliegen und die Veröffentlichung der Berichte erstmalig im Januar 2025 prüfen. Laut BAFA werden mögliche Fristüberschreitungen bei der Übermittlung und Veröffentlichung des Berichts für die erste Berichtsabgabe nicht sanktioniert, sofern der Bericht zum 31.12.2024 beim BAFA vorliegt und veröffentlicht wurde. 

Externe Prüfung und Prüfung durch das BAFA: 

  • Der Nachhaltigkeitsbericht unterliegt im Gegensatz zu dem LkSG-Bericht einer externen Prüfung. Dem BAFA ist es bei einem Nachhaltigkeitsbericht verwehrt, diesen aus inhaltlichen Gründen zurückzuweisen oder Nachbesserungen am Bericht zu verlangen. Die risikobasierten Kontrollbefugnisse nach §§ 14 ff. LkSG bestehen jedoch unverändert fort. So kann das BAFA auf Basis der Informationen aus einem Bericht prüfen, ob ein Unternehmen seinen LkSG-Pflichten nach den §§ 3 bis 9 LkSG nachkommt. 
  • Unklar ist, ob und wie sich die Prüfung des BAFA und die Prüfung desexternen Prüfers im Hinblick auf Methodik und Tiefe unterscheiden. 

Inhalt der Berichte: 

  • Offen bleibt darüber hinaus die Frage der inhaltlichen Überschneidung des Nachhaltigkeitsberichtes und des LkSG-Berichtes.
  • Die Berichtsanforderungen der CSRD gelten ab dem Geschäftsjahr 2024, also für Berichte ab dem Jahr 2025.
  • Es existieren themenspezifische Überschneidungen zwischen dem LkSG-Bericht und dem Nachhaltigkeitsbericht i.S.d. CSRD im Hinblick auf LkSG-Risiken und dazugehörigen Maßnahmen, die insbesondere im Rahmen der folgenden ESRS-Standards der CSRD Berücksichtigung finden:
    • Verschmutzung (E2)
    • Eigene Belegschaft (S1)
    • Arbeiter:innen in der Wertschöpfungskette (S2)
    • Betroffene Gemeinschaften (S3)
    • Unternehmenspolitik (G1)
  • Die Inhalte der beiden Regularien lassen sich inhaltlich und vom Detaillierungsgrad jedoch nicht 1:1 überleiten. So werden im Rahmen der ESRS-Standards, z.T. weniger Detailinformationen/ spezifische Fragen mit Bezug zu den Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette abgefragt als im LkSG-Berichtsfragebogen des BAFA. Ferner unterscheiden sich die verwendeten Begrifflichkeiten des LkSG und der CSRD. So entspricht die Definition des „Risiko“-Begriffs des LkSG nicht dem Risiko-Begriff der CSRD. 
  • In der CSRD ist darüber hinaus ein "Wesentlichkeitsfilter" vorgesehen. Somit ist es u.U. möglich, dass der Nachhaltigkeitsbericht z.B. ESRS S1 „eigene Belegschaft“ als wesentlich definiert, andere Themen mit Bezug zur Lieferkette; z.B. ESRS S2: „Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette“ hingegen als unwesentlich eingewertet werden und damit nicht Teil des Berichts sind.
  • Daraus ergibt sich folgende ungeklärte Fragestellung:
    Haben Finanzdienstleister, die „nur“ einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, einen Vorteil gegenüber Unternehmen, die einen LkSG-Bericht erstellen, da sie an weniger spezifische Detailvorgaben gebunden sind, oder sind die BAFA-Fragen im Rahmen der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts zu integrieren und zu beantworten? 

Ausblick weiterer Änderungen am LkSG durch die CSDDD 

Die nächsten Jahre werden im Hinblick auf die Umsetzung der Verpflichtungen aus dem LkSG nicht langweilig. Dafür sorgt die EU-Lieferkettenrichtlinie, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Am 24. Mai 2024 stimmte der Rat der Europäischen Union dem Kompromisstext zur CSDDD zu, nachdem bereits das Europäische Parlament am 24. April 2024 dieser Fassung zugestimmt hatte. 

Die CSDDD wird voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten und ist zwei Jahre nach Inkrafttreten in deutsches Recht zu überführen. Die CSDDD wird in Deutschland voraussichtlich durch Anpassung des LkSG umgesetzt. 

Die Regelungen der CSDDD sind von betroffenen regulierten Finanzinstituten gestaffelt nach Unternehmensgröße ab 3 Jahren nach Inkrafttreten anzuwenden.  

Es ergeben sich folgende zentrale Änderungen im Vergleich zur derzeitigen Fassung des LkSG: 

Anpassung des Anwendungsbereichs und Koppelung an Netto-Gesamtumsatz  

  • Der Anwendungsbereich des LkSG wird durch die CSDDD eingeschränkt, sodass Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter:innen und einem Netto-Gesamtumsatz von mehr als 450m € in den Anwendungsbereich fallen. 
  • Das LkSG gilt derzeit für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter:innen unabhängig von der Umsatzgröße.
  • Im Gegensatz zum LkSG bezieht sich die CSDDD auch auf Nicht-EU-Unternehmen, sofern diese einen Umsatz von 450m€ in der EU erwirtschaften. 

Ausweitung der zu schützenden Rechtsgüter und damit einhergehenden negativen Auswirkungen 

  • Im Rahmen der CSDDD werden insbesondere weitere umweltbezogene zu schützende Rechtsgüter erfasst, die vom LkSG bisher nicht abgedeckt sind (z.B. Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf die biologische Vielfalt). Darüber hinaus wird der Schutzbereich des LkSG auch für Menschenrechte erweitert (z.B. Recht auf Leben und Sicherheit, Verbot von willkürlichen oder unrechtmäßigen Eingriffen in die Privatsphäre). 

Weitere Fassung der Lieferkette (sog. „Aktivitätenkette“ gem. CSDDD) und Sorgfaltspflichten 

  • Die Sorgfaltspflichten sind grds. analog zum LkSG ausgestaltet.
  • Gemäß CSDDD besteht jedoch zusätzlich die Verpflichtung zur Erstellung und Umsetzung von Transitionsplänen zur Erreichung des 1,5 Grad-Klimaziels angelehnt an das Pariser Abkommen.
  • Im Weiteren sind mittelbare Zulieferer bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten voll einzubeziehen. Beim LkSG gilt die Pflicht zur Durchführung der Risikoanalyse, Einleiten von Maßnahmen und Wirksamkeitskontrolle nur im Hinblick auf substantiierte Kenntnis von Risiken oder konkreten Vorfällen bei mittelbaren Zulieferern.
  • Die Sorgfaltspflichten erstrecken sich bei Finanzdienstleistern auch im Rahmen der CSDDD nicht auf die nachgelagerte (downstream) Lieferkette. 

Berichterstattung  

  • Spätestens 12 Monate nach Geschäftsjahr ist ein CSDDD-Bericht zu erstellen und veröffentlichen. 
  • Das LkSG sieht eine Frist von 4 Monaten nach Geschäftsjahrende für die Erstellung und Veröffentlichung vor.
  • Der Inhalt des CSDDD-Berichtes ist im Gegensatz zum -Bericht bislang noch nicht konkretisiert worden. 
  • Sofern ein CSRD-Bericht veröffentlicht wird, ist kein separater CSDDD abzugeben. 

Zivilrechtliche Haftung und Bußgelder i.H.v. bis zu 5% des weltweiten Umsatzes: 

  • Durch die CSDDD wird eine zivilrechtliche Haftung eingeführt sowie ein Bußgeld i.H.v. bis zu 5 % (Höchstgrenze).
  • Im LkSG ist hingegen keine zivilrechtliche Haftung vorgesehen.
  • Etwaige Bußgelder sind im Rahmen des LkSG gedeckelt worden bei 8m€ oder 2% des durchschnittlichen Jahresumsatzes des Unternehmens. 

Fazit 

Das CSRD-Umsetzungsgesetz befindet sich derzeit noch im Entwurfsstadium. Durch die darin vorgesehene Ersetzungsbefugnis des LkSG-Berichts im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts existieren bislang ungeklärte Fragestellungen, insbesondere im Hinblick auf inhaltliche Überschneidungen der beiden Berichte. Auf die Umsetzung der übrigen Sorgfaltspflichten (Risikomanagement, Risikoanalyse, Maßnahmen, Beschwerdeverfahren, Wirksamkeitskontrollen) hat die vorgeschlagene Änderung keine Implikationen. 

Durch die CSDDD werden die Sorgfaltspflichten des LkSG erheblich erweitert. Besondere Relevanz hat dabei die Ausweitung der zu betrachtenden Lieferkette auf mittelbare Zulieferer (bisher nur anlassbezogene Durchführung der Sorgfaltspflichten erforderlich), sowie die Erstellung und Umsetzung von Transitionsplänen.  

Unternehmen sind angehalten, die Änderungen frühestmöglich zu antizipieren und entsprechende Vorkehrungen zur Umsetzung zu treffen.< 

Weiterführende Links: 

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