Finanzierte Emissionen unter PCAF: Warum Vergleichbarkeit zur Herausforderung wird
Aus unserer Blogreihe “Net-Zero-Transitionspläne”
In einer Zeit, in der die regulatorischen Anforderungen mit Blick auf Nachhaltigkeit und Transparenz zunehmen steigt der Druck auf Finanzinstitute.
Statt klarer Leitplanken sehen sich viele Institute mit einem regelrechten Flickenteppich konfrontiert, der für erhebliche Unsicherheit sorgt. Das jüngste Beispiel ist die volatile Lage rund um die CSRD: Vom Ausbleiben des Umsetzungsgesetzes bis hin zu kurzfristig vorgeschlagenen Omnibus-Verfahren, das eigentlich Vereinfachung bringen soll, bleibt die Rechtslage unklar und damit auch die Planbarkeit für betroffene Finanzinstitute.
Vor dem Hintergrund dieser regulatorischen Unsicherheit gewinnen einheitliche Rahmenwerke an Bedeutung, die Orientierung bieten und Transparenz schaffen sollen. In diesem Zusammenhang hat sich der PCAF-Standard mit einem vereinheitlichten Ansatz zur Ermittlung finanzierter Emissionen etabliert. Doch kann PCAF dafür sorgen, dass die entsprechenden Anforderungen auf eine vergleichbare Art und Weise erfüllt werden? Wie stark fallen methodische Unterschiede ins Gewicht?
Die Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) als globale Initiative, bietet einen Ansatz, der Finanzinstitute bei der Berechnung und Offenlegung ihrer finanzierten Treibhausgas (THG)-Emissionen unterstützt. Die Grundidee ist es, einen Standard zu schaffen, der ein einheitliches Vorgehen für die Berechnung von finanzierten Emissionen vorgibt und somit für standardisierte Offenlegungen sorgt. Dazu kategorisiert PCAF die Finanzgeschäfte in sieben Asset-Klassen, für die jeweils spezifische Berechnungsgrundlagen für die THG-Emissionen definiert sind. Der Standard wird u.a. im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder der Capital Requirements Regulation (CRR) bei der Offenlegung von ESG-Risiken als Berechnungsmethode regulatorisch gefordert und ist somit fest in der Europäischen Aufsicht verankert.
Herausforderungen des PCAF-Standards
Doch während auf der einen Seite das Versprechen von Transparenz und Vergleichbarkeit abgegeben wird, stellt sich auf der anderen Seite die Frage, ob PCAF hält, was es verspricht. Wird tatsächlich eine Vergleichbarkeit des Reportings von Finanzinstituten durch PCAF gewährleistet?
Unterschiedliche Datenqualität verzerrt die Ergebnisse
Die größte Herausforderung bei der Berechnung von finanzierten Emissionen ist die Verfügbarkeit der Emissionsdaten. Aus diesem Grund lässt PCAF verschiedene Datenqualitätsstufen zu, die innerhalb einer fünfstufigen Skala anzusiedeln sind. Doch genau hier befindet sich eine potenzielle Quelle für Inkonsistenzen zwischen den berichtenden Finanzinstituten. Während einige Finanzinstitute verifizierte Daten ihrer Kunden oder Portfolios für ihre Berechnungen nutzen können, müssen andere auf Sekundärquellen oder sogar Näherungs- und Proxy-Werte zurückgreifen. Diese Unterschiede werden gerade deshalb ermöglicht, weil PCAF eine Bandbreite an Datenqualitätsstufen zulässt, wodurch Finanzinstitute je nach Verfügbarkeit und Präzision ihrer Daten zu unterschiedlichen Berechnungsergebnissen kommen. Dieser Umstand wird dadurch verstärkt, dass Finanzinstitute nicht verpflichtet sind, bei der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse die verwendeten Datenqualitätsstufen nach PCAF im Rahmen der CSRD oder der CRR-Offenlegung von ESG-Risiken (Art. 449a CRR) zu veröffentlichen. Somit werden Finanzinstitute mit exakten verifizierten Daten mit Finanzinstituten mit Proxy-Werten verglichen, was die Intransparenz erhöht, und die Vergleichbarkeit einschränkt.
Zudem ergeben sich auch bei Daten innerhalb der gleichen Datenqualitätsstufe Differenzen zwischen den Finanzinstituten. Beispielsweise wenn Proxy-Werte von verschiedenen Datenprovidern stammen, die sich hinsichtlich ihrer Methodik, Aktualität und Genauigkeit unterscheiden. Dies führt dazu, dass selbst bei der Nutzung von Sekundärdaten, denen durch PCAF dieselbe Qualitätsstufe zugesprochen wird, keine einheitliche Basis für die Berechnungen vorliegt.
Außerdem stellt sich die Frage, wie aussagekräftig Emissionsberechnungen auf Basis von Proxy-Werten tatsächlich sind. Liegen keine präzisen Daten vor, wird der ausstehende Kreditbetrag („outstanding-amount“) zur einzigen Variable, die die tatsächlich finanzierten Emissionen eines Finanzinstituts widerspiegelt. Dies beeinträchtigt die Vergleichbarkeit und lässt wichtige Unterschiede zwischen den Finanzinstituten unberücksichtigt.
Hohe Flughöhe versteckt Unterschiede
Ein weiteres Hindernis für die Vergleichbarkeit ist die Aggregationsebene, auf der die Berichterstattung nach PCAF stattfindet. Während PCAF die Finanzinstitute dazu verpflichtet, ihre finanzierten Emissionen auf Ebene der vordefinierten Asset-Klassen zu berechnen und zu berichten, stellt z.B. die Darstellung nach NACE-Codes aus der Säule 3-Offenlegung eine erheblich granularere und aussagekräftigere Basis dar. Das Berichten auf Ebene der Asset-Klassen führt dazu, dass finanzierte Emissionen aus unterschiedlichen wirtschaftlichen Aktivitäten aggregiert werden, wodurch spezifische Unterschiede in den Emissionsprofilen einzelner Branchen oder Sektoren nicht ausreichend berücksichtigt werden. Beispielsweise werden dadurch Finanzinstitute, die in Kohlekraftwerke investieren, mit Finanzinstituten, die in Windanlagen investieren, verglichen, da beide Geschäfte in die Asset-Klasse “Projektfinanzierung” fallen. Ohne eine granulare Differenzierung durch z.B. NACE-Codes, entsteht ein verzerrtes Bild, dass die Vergleichbarkeit zwischen den Finanzinstituten weiter erschwert.
Eingegrenzter Geltungsbereich lässt kein vollständiges Bild zu
Auch der Geltungsbereich, den der PCAF-Standard vorgibt, mindert die Vergleichbarkeit. Der Standard definiert Geschäfte, die bei der Berechnung von finanzierten Emissionen zu berücksichtige sind („in-scope“) und Geschäfte, die nicht zu berücksichtigen sind („out-of-scope“). Zur zweiten Gruppe gehören z.B. Transaktionen ohne direkten Kapitalfluss, kurzfristige Geschäfte oder solche, bei denen das Finanzinstitut keine Eigentumsrechte hält. Ein Beispiel sind Rohstoffderivate, die von PCAF als „out-of-scope“ eingestuft und daher nicht berücksichtigt werden. Das Auslassen solcher Geschäfte sorgt dafür, dass nur eine Teilmenge der finanzierten Emissionen eines Finanzinstituts dargestellt wird. Dies führt zu einer verminderten Vergleichbarkeit, vor allem wenn das Institut besonders stark in Geschäften die „out-of-scope“ sind, investiert ist.
Fazit
Für Finanzinstitute kann die Nutzung des PCAF-Standards einen entscheidenden Schritt darstellen, um die Transparenz in Bezug auf finanzierte Emissionen zu erhöhen. Stakeholdern wie den eigenen Kunden, der Gesellschaft, den Geschäftspartner, Investoren und vielen weiteren, kann durch die Umsetzung des PCAF-Standards und die Berechnung der finanzierten Emissionen eine zusätzliche Perspektive sowie ein tieferer Einblick in das Portfolio ermöglicht werden, um die Emissionsintensität transitorischer Risiken gesamthaft bewerten zu können. Jedoch ist klar festzuhalten, dass auch mit einer Umsetzung des PCAF-Standards Inkonsistenzen zwischen berichtenden Finanzinstituten bestehen, was die Vergleichbarkeit erschwert. Der Umgang mit den Ausgangsdaten, die breit aufgestellten Asset-Klassen und das „out-scopen“ von bestimmten Geschäften spiegeln eine Methodik wider, die Raum für Inkonsistenzen zulässt. Wer PCAF als Maßstab nimmt, sollte sich bewusst sein: Einheitlichkeit ja – Vergleichbarkeit nur bedingt.
Weiterführende Links:
- Point of View: Portfolio-Alignment mit den Klimazielen
- Regulatorische Anforderungen an Net-Zero-Transitionspläne: CSRD, CRR, CSDDD und EBA-Leitlinien zum ESG-Risikomanagement
- Klimareporting I: Wie erheben Banken ihre Scope-3 Emissionen?
- Das PwC Associated Emissions Calculation and Management Tool zur Berechnung finanzierter und versicherungsbezogener Treibhausgasemissionen
Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote. |
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