Riester-Reform: Eine Chance für Finanzinstitute?
Mit dem heutigen Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 17. Dezember 2025 zum Referentenentwurf der Riester-Reform ist der Weg für die parlamentarische Beratung im Bundestag frei.
Die geplante Reform adressiert zentrale Schwächen der Riester-Rente, die bislang als bürokratisch, renditeschwach und wenig attraktiv galt und infolgedessen unter sinkenden Neuabschlüssen sowie steigenden Kündigungszahlen litt. Das rückläufige Marktinteresse hatte zuletzt auch zu einer zunehmenden Zurückhaltung der Finanzinstitute geführt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern die Reform einen strukturellen Wendepunkt markieren kann: Welche konkreten Anpassungen sind vorgesehen, welche Chancen eröffnen sich für Finanzinstitute und welche Herausforderungen sind bei der Umsetzung zu erwarten?
Aktualisierte Rahmenbedingungen: Teilnehmerkreis, Anlage, Förderung und Auszahlung
Die Reform der Riester-Rente geht mit einer grundlegenden Neuausrichtung der Rahmenbedingungen einher. Auf der Anlageseite wird der Fokus klar auf kapitalmarktorientierte Instrumente gelegt, flankiert von einer Anpassung der Förderlogik und einer höheren Flexibilität in der Auszahlphase. Die zentralen Anpassungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Anlageuniversum: Zulässig sind ETFs, Fonds und Anleihen; eine Garantieverpflichtung entfällt
- Kostenbegrenzung: Deckelung der Gesamtkosten auf 1,5 %
- Förderlogik:
- Mindestbeitrag: 120 € p. a.
- 30 % Förderung bis 1.200 € Einzahlung (ab 2029: 35%)
- 20 % Förderung für Einzahlungen von 1.200 € bis 1.800 €
- Zusatzförderung:
- Kinderzulage bis zu 300 € pro Kind und Jahr
- Einmalige Sonderprämie von 200 € für Berufsanfänger unter 25 Jahren
- Auszahlung: Wahl zwischen Auszahlung über Auszahlplan bis mindesten zum 85. Lebensjahr oder lebenslange Verrentung
Das Altersvorsorgedepot gibt es ausschließlich für gesetzlich Pflichtversicherte.
Steuerliche Behandlung und Verfügbarkeit des Kapitals
Aus steuerlicher Sicht gilt: Kapitalgewinne bleiben während der Ansparphase steuerfrei, die Besteuerung erfolgt vollständig nachgelagert in der Auszahlungsphase. Gleichzeitig wird eine jederzeitige Kapitalverfügbarkeit ermöglicht, die jedoch grundsätzlich prämienschädlich ist und zur Rückzahlung von Zulagen, Steuervorteilen sowie zur Nachbesteuerung der Erträge führt. Eine wichtige Ausnahme bildet die Entnahme für selbstgenutztes Wohneigentum, die prämienunschädlich ausgestaltet ist. Darüber hinaus ist eine Vererbung der Ansprüche vorgesehen, entweder prämienunschädlich durch Übertragung in einen Vorsorgevertrag der Erben oder alternativ prämienschädlich als Auszahlung. Anbieterwechsel sind jederzeit möglich, ebenso ein Regime-Wechsel, etwa von einem klassischen Riester-Produkt in ein neues Altersvorsorgedepot.
Chancen für Finanzinstitute entlang der Wertschöpfungskette
Die Reform eröffnet Finanzinstituten neue strategische Handlungsspielräume. Für Banken kann sie den Wiedereinstieg in geförderte Vorsorgeprodukte bedeuten, insbesondere durch fondsgebundene Produkte ohne zwingenden Versicherungsmantel und mit ergänzenden digitalen Differenzierungsstrategien. Banken ohne eigene Produktlösungen können auf Kooperationen mit Partnern wie Asset Manager zurückgreifen. Asset Manager profitieren dabei von einer steigenden Nachfrage nach renditeorientierten Anlageprodukten wie ETFs, Fonds und Mischfonds sowie von zusätzlichen Ertragsquellen durch die Verwaltung von Förder- und Depotvolumina. Zudem könnten Anleger, die nach besseren Renditen suchen, bestehende Riesteranlagen in die neuen Depotlösungen übertragen, was zusätzliche Marktpotenziale in Form verbesserter Margen eröffnet. Versicherungen stehen vor der Herausforderung, klassische Garantieprodukte neu zu positionieren, erhalten jedoch zugleich die Chance, hybride Modelle mit optionalen Garantien oder Zusatzleistungen zu entwickeln und neue Kundengruppen zu erschließen. Neobroker wiederum können durch schlanke, kostengünstige und digitale Angebote insbesondere junge Zielgruppen adressieren und sich über Transparenz und Nutzerfreundlichkeit differenzieren, etwa in Kooperation mit Banken oder Asset Managern.
Herausforderungen bei der Umsetzung der Reform
Trotz der erweiterten Chancen ist die operative Umsetzung der Reform mit Herausforderungen verbunden. Ein zentrales Thema ist die Migration bestehender Altverträge, sowohl aus dem eigenen Bestand als auch von Drittanbietern. Parallel dazu sollte geprüft werden, wie die Neuerungen in den bestehenden Altersvorsorge-Beratungsansatz integriert werden können, wodurch bei Bedarf bestehende Prozesse angepasst werden müssen. Auf Produkt- und Prozessebene sind neue Depot- und Abwicklungslogiken zu entwickeln und bestehende Systeme anzupassen. Hinzu kommen regulatorische Anforderungen rund um die staatliche Förderung, insbesondere Zertifizierungsprozesse, Förderbeantragung und Förderprüfung. Flankierend sind umfassende Kommunikationsmaßnahmen erforderlich, sowohl intern durch Schulung der Mitarbeitenden als auch extern gegenüber Kunden und weiteren Stakeholdern.
Fazit
Die Riester-Reform markiert einen strategischen Wendepunkt für geförderte Altersvorsorgeprodukte in Deutschland. Durch renditestarke Produkte, entfallende Garantiepflicht und flexible Auszahlungsoptionen sollen Attraktivität und Marktrelevanz deutlich gesteigert werden. Für Finanzinstitute eröffnen sich neue Chancen entlang der Wertschöpfungskette, zugleich erfordern operative und regulatorische Anpassungen sorgfältige Planung und Umsetzung. Die Reform schafft Transparenz und Flexibilität, macht aber deutlich, dass strategisches Handeln, rechtzeitige Positionierung und eine effiziente Prozessgestaltung entscheidend sind, um die Potenziale vollständig zu realisieren.
Weiterführende Links:
- Blog: Portfolio-Alignment mit den Klimazielen: Benchmarking 2025
- Blog: Freiwilliger VSME-Standard im Kontext von Omnibus – eine sinnvolle Alternative?
- Blog: Die Europäische Kommission legt überarbeitete Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) vor
- Blog: EBA Guidelines on Environmental Scenario Analysis: Was Banken jetzt wissen und tun müssen
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