PCAF veröffentlicht aktualisierten Standard – was dieser für Versicherer bedeutet (Fokus: Part C – Insurance-Associated Emissions)
Mit Projektversicherungen und Vertragsrückversicherung erweitert PCAF den Insurance-Associated Emissions (IAE)-Scope – wir erklären die neuen Methoden und ordnen ihre praktische Umsetzung ein.
Mit dem Anfang Dezember veröffentlichten Update des Part C des PCAF-Standards wird der Anwendungsbereich zur Ermittlung der IAE um Vertragsrückversicherung und Projektversicherungen erweitert. Die neuen Methoden knüpfen an den bestehenden Ansatz für das kommerzielle Geschäft an. Für die Vertragsrückversicherung liefert der Standard erstmals eine vergleichbare und konsistente Berechnungslogik. Für die Projektversicherung zielt der Standard darauf ab, auf die tatsächlichen Emissionen des versicherten Objekts abzustellen. Die größte Herausforderung bleibt die fehlende oder heterogene Datenverfügbarkeit, die eine langfristig ausgelegte Implementierungsstrategie erfordert.
Auch wenn eine Berichterstattung nach PCAF Part C noch nicht verpflichtend ist, hat sich der Standard in der Emissionsermittlung, -steuerung und -berichterstattung für das Versicherungsgeschäft in den letzten Jahren etabliert. Daher sollten Versicherer sich mit den neuen Methoden auseinandersetzen und dies als Chance nutzen, die Datenverfügbarkeit und -granularität auszuweiten. Insbesondere Versicherer, die glaubwürdig auf ein Net-Zero-Ziel im Versicherungsgeschäft hinarbeiten, kommen nicht daran vorbei, sich mit diesen Anforderungen zu beschäftigen und diese stufenweise einzuführen.
PCAF (Part C) erweitert den Scope für die Ermittlung von Insurance-Associated Emissions (IAEs) um Projektversicherung und Vertragsrückversicherung
Am 2. Dezember 2025 hat die Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) ein umfassendes Update ihres Global Greenhouse Gas Accounting and Reporting Standard für den Finanzsektor veröffentlicht. Das Update umfasst sowohl Erweiterungen für Financed Emissions (Part A) als auch wesentliche Neuerungen zu Insurance-Associated Emissions (Part C, IAE). Die neuen Methoden sind theoretisch direkt anwendbar, auch wenn PCAF seinen Anwendern hier entsprechende Zeit zur Implementierung einräumt.
Mit dem Update in Part C wird der Anwendungsbereich für Versicherungen deutlich erweitert. Neben bestehenden Methoden für Kfz und kommerzielles Geschäft kommen nun Projektversicherungen sowie Vertragsrückversicherungen hinzu. Beide Methoden waren Ende 2024 bereits Teil der öffentlichen Konsultation – der final veröffentlichte Standard bestätigt nun weitgehend die ursprünglichen Vorschläge. Der in der Konsultation vorgeschlagene Ansatz von netto IAE auf Basis der Nettoprämien bleibt den Versicherern als Zusatzangabe freigestellt und ist optional. Außerdem gibt es weiterhin keine Methodik für „Insurance-Associated Avoided or Removed Emissions“, aber es bleibt den Versicherern auch hier freigestellt entsprechende Werte auszuweisen, sofern dies separat erfolgt und mit entsprechenden qualitativen Ausführungen zu Methoden und Annahmen geschieht.
Grundsätzlich erfolgt die Ermittlung der IAE aus den zugrundeliegenden Emissionen des versicherten Objekts oder der versicherten Gegenpartei gewichtet mit einem Attributionsfaktor zur anteiligen Zurechnung der Emissionen an den (Rück-)Versicherer. Im PCAF-Standard (Part C) wird nun jeweils
- der Umfang für die anzuwendende Methode,
- die Ermittlung der zugrundeliegenden Emissionen, sowie
- die Herleitung des Attributionsfaktors
spezifiziert.
Bei Projektversicherungen muss zwischen projektspezifischer Versicherung und jährlichen Verträgen unterschieden werden.
Projektversicherungen begleiten große Bau- und Infrastrukturvorhaben und sichern typische Risiken während der Errichtungs- und frühen Betriebsphase ab. Zentrale Produkte sind Construction All Risk (CAR), Erection All Risk (EAR) und Inherent Defects Insurance (IDI), die sowohl Schäden während der Bauphase als auch bestimmte Mängel nach Fertigstellung abdecken. Wichtig ist hier, dass PCAF sich hier zunächst vor allem auf die Emissionen während der Bauphase konzentriert. Lifetime-Emissionen (z.B. Emissionen während der Nutzungsphase) können zusätzlich berechnet werden, müssen aber separat ausgewiesen werden – hier fehlt bislang ein robustes und konsistentes Methodengerüst.
PCAF unterscheidet nach zwei Arten der Projektversicherung: Projektspezifische Versicherungen und jährliche Verträge für Kunden, die diverse und oftmals nicht genauer präzisierte Projekte durchführen. Für beide Arten wurde jeweils ein eigener Ansatz zur Ermittlung der IAE entwickelt.
Projektspezifische Versicherungen: Ansatz, Limitationen & Chancen
Projektspezifische Policen versichern ein einzelnes, klar definiertes Projekt mit festem Versicherungswert und einer fixen Laufzeit. Da nicht das Unternehmen, sondern das konkrete Projekt versichert ist, sollen die zugehörigen Emissionen möglichst projektbezogen und realitätsnah ermittelt werden. Idealerweise veröffentlicht hier bspw. das Bauunternehmen projektbezogene Emissionen für die Konstruktionsphase, die dann herangezogen werden. Alternativ können aber ähnlich wie beim bereits etablierten Ansatz für kommerzielles Geschäft Approximationen der Projektemissionen (z.B. berichtete Emissionen eines vergleichbaren Projektes) oder auch als letzte Möglichkeit der Vereinfachung die Emissionen oder die Intensität des Versicherten (hier bspw. die Bau-Firma) herangezogen werden.
Als Attributionsfaktor wird hier die Gesamtprämie für das Projekt ins Verhältnis zum Gesamtwert des Projektes gesetzt.
Die projektspezifische Methode ist daten- und implementierungsintensiv, da sie oft Informationen erfordert, die für viele Projekte bislang kaum verfügbar oder nur schwer zugänglich sind, etwa genaue Bau- oder Aktivitätsdaten und verlässliche Emissionsfaktoren. Zudem kann die Qualität der Ergebnisse stark schwanken, insbesondere wenn Proxy-Daten genutzt werden. Durch den Ausschluss von eingebetteten Emissionen („embodied emissions“) und „life-cycle emissions“ werden große Teile der mit den Projekten verbundenen Emissionen und damit die langfristige positive Klimawirkung der Projekte unzureichend berücksichtigt (z. B. beim Bau von Windkraftanlagen).
Gleichzeitig schafft die Methode erstmals einen strukturierten und vergleichbaren Ansatz, um emissionsbezogene Hotspots großer Infrastrukturprojekte sichtbar zu machen und klimarelevante Entscheidungen zu unterstützen. Mit zunehmender Datenreife, Ausweitung der Erfassung auf die Nutzungsphase und besserer Verfügbarkeit projektspezifischer Informationen kann diese Methode erheblich dazu beitragen, Transparenz zu erhöhen und positive Klimaeffekte fundiert darzustellen.
Jährliche Verträge: Ansatz, Limitationen & Chancen
Jährliche Verträge im Projektversicherungsumfeld bieten einen allgemeinen Versicherungsschutz für projektbezogene Aktivitäten eines Unternehmens – unabhängig von den spezifischen Eigenschaften einzelner Projekte. Die Berechnung der zugehörigen Emissionen orientiert sich daher an den jährlichen Emissionen des versicherten Unternehmens und ist analog zur Methode für kommerzielles Geschäft.
Der Ansatz ermöglicht daher eine pragmatische und vergleichsweise einfache Implementierung, da er sich an der bestehenden Methode für kommerzielles Geschäft anlehnt und etablierte Datenquellen nutzt. Mit fortschreitender Datenqualität kann die Bewertung zunehmend präziser werden und wertvolle Einblicke in emissionsintensive Bereiche des versicherten Portfolios liefern. Da sich die Berechnung der IAEs allerdings auf die jährlichen Emissionen des versicherten Unternehmens stützt (und nicht auf die konkreten Projekte), besteht die Gefahr einer inhaltlichen Diskrepanz zwischen der Emissionsintensität des Kunden im Allgemeinen und den konkret durchgeführten Projekten.
Mit Methoden zur IAE-Ermittlung für die Vertragsrückversicherung wird die Abdeckung signifikant erweitert
Vertragsrückversicherung deckt ganze Portfolien statt einzelner Risiken ab – und ist damit strukturell ein wesentlicher Teil des Rückversicherungsgeschäfts. Entsprechend ist es hier auch sinnvoll, die versicherungsbezogenen Emissionen klar entlang der (Rück-)Versicherungswertschöpfungskette zu verteilen. Dabei orientiert sich PCAF am „follow-the-risk“-Prinzip: Rückversicherern werden Emissionen entsprechend dem Anteil zugerechnet, den sie am Risiko tragen. Daher ist der Attributionsfaktor aus Perspektive des Rückversicherers hier die eigene Rückversicherungsprämie im Verhältnis zur gesamten Erstversicherungsprämie für die dahinter liegenden Risiken. Für die Ermittlung der IAEs schlägt PCAF zwei Methoden vor, deren Anwendung maßgeblich von der jeweiligen Datenverfügbarkeit abhängt – diese wird in erster Linie durch den Erstversicherer bestimmt:
Methode A: Erstversicherer übermittelt dem Rückversicherer Emissionsdaten in notwendiger Granularität
Die von PCAF bevorzugte Methode sieht vor, dass der Erstversicherer bzw. Zedent dem Rückversicherer die entsprechenden IAE-Daten (inklusive Data Quality Score) für den Rückversicherungsvertrag übermittelt, sodass dieser anteilig seine „rückversicherten Emissionen“ (RIAE für ReInsurance-Associated Emissions), RIAE) mit entsprechendem Data Quality Score berechnen kann.
Dieser Ansatz ist stark von der Datenverfügbarkeit und -qualität des Zedenten abhängig, da dieser verlässliche, vertragsspezifische Emissionsdaten bereitstellen muss. Zudem kann es aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmethoden der Zedenten, dem allgemeinen Zeitverzug (vom Auftreten der Emissionen bis zum Bericht beim Rückversicherer) und potenzieller Divergenzen zwischen Top-down- und Bottom-up-Ansätzen zu eingeschränkter Vergleichbarkeit und Interpretierbarkeit der Ergebnisse kommen. Hinzu kommt, dass die Einflussmöglichkeiten des Rückversicherers auf die zugrunde liegenden Emissionen nochmals geringer ausfallen – faktisch besteht hier kaum eine Steuerungsmöglichkeit.
Allerdings: Gelingt die Datenbereitstellung der Erstversicherer / Zedenten, bietet Methode A eine breit anwendbare, effiziente und vergleichsweise unkomplizierte Möglichkeit, Vertragsrückversicherungs-Emissionen zu berechnen. Sie ermöglicht eine robuste Integration in bestehende Reporting-Prozesse, reduziert Doppelarbeit und unterstützt eine harmonisierte Emissionszuordnung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Methode B: Erstversicherer stellt Emissionsdaten nicht (in passender Granularität) zur Verfügung
Die Methode B stellt eine Alternative dar, wenn der Zedent keine oder nicht ausreichend granulare Daten liefert. Die Idee ist dann, dass der Rückversicherer die (R)IAEs selbst berechnet, indem er auf Basis der gelieferten Daten und / oder öffentlich verfügbaren Daten die Emissionsintensität des Vertrags bestimmt. Dazu nennt PCAF unterschiedliche Fallkonstellationen, die jeweils wiederum in unterschiedlichen Data Quality Scores resultieren und begründet werden müssen.
- IAEs geliefert, aber Granularität entspricht nicht der Rückversicherungsdeckung: Der Rückversicherer nutzt die gelieferten Werte und leitet daraus selbst passende Emissionsintensitäten für die relevanten Lines of Business oder Branchen ab, um die Treaty-Realität korrekt abzubilden.
- Keine IAEs vorhanden, Nutzung von Sektorintensitäten: In diesem Fall werden öffentlich verfügbare sektorale Emissionsintensitäten verwendet, die anschließend proportional auf die Zusammensetzung des Treaty-Portfolios angewendet werden.
- Keine vertragsspezifischen IAEs geleifert, daher Nutzung der gesamten IAE des Erstversicherers / Zedenten: Wenn keine spezifischere Aufschlüsselung existiert, kann der Rückversicherer auch die gesamte (aggregierte) IAE des Erstversicherers als Proxy heranziehen.
- Keine IAEs geleifert, daher Nutzung von Länder-Intensitäten: Als letzte Option können durchschnittliche länderspezifische Emissionsintensitäten genutzt werden, sofern dies die plausibelste Annäherung an das Treaty-Risiko darstellt.
Je nach gewählter Methode und Nutzung externer oder hochaggregierter Emissionsintensitäten können damit die tatsächlichen Emissionen des rückversicherten Portfolios nur eingeschränkt widergespiegelt werden und damit zu signifikanten Abweichungen gegenüber den realen Emissionen führen. Zudem erfordert diese Methode B oft eine komplexe Datenbeschaffung und -verarbeitung.
Methode B kann – trotz begrenzter Datenqualität – erste Anhaltspunkte dafür liefern, in welchen Branchen oder Regionen besonders emissionsintensive Risiken im Portfolio liegen. Diese Indikatoren sind nicht immer präzise, können aber als Ausgangspunkt dienen, um künftige Datenanforderungen und Verbesserungen der Methodik gezielt zu planen. Zudem ist der Rückversicherer hier wieder voll in Kontrolle über die gewählte Methode zur Berechnung der Emissionen.
Zusammenfassung: PCAF erweitert den Scope und die Tools, bekannte Herausforderungen in Bezug auf Datenqualität und Implementierungsaufwand bleiben jedoch.
Das Update erweitert den methodischen Rahmen für (Rück-)Versicherer deutlich und ermöglicht erstmals eine standardisierte Erfassung von Emissionen aus Projekt- und Vertragsrückversicherungen. Gleichzeitig bleibt fehlende oder heterogene Datenverfügbarkeit die größte Herausforderung und erfordert eine langfristig ausgelegte Implementierungsstrategie. Trotz dieser Limitationen schaffen die neuen Methoden erstmals vergleichbare und konsistente Berechnungslogiken, die überwiegend an den bestehenden Ansätzen für kommerzielles Geschäft anknüpfen und so eine schrittweise Integration erleichtern. Da sich die Methoden des PCAF-Standards in der Emissionsermittlung, -steuerung und -berichterstattung für das Versicherungsgeschäft bereits etabliert haben, empfehlen wir Versicherern, sich mit den neuen Methoden auseinander zu setzen und dies als Chance zu nutzen, die Datenverfügbarkeit und -granularität auszuweiten. Insbesondere Versicherer, die glaubwürdig auf ein Net-Zero-Ziel im Versicherungsgeschäft hinarbeiten, kommen nicht daran vorbei, sich mit diesen Anforderungen zu beschäftigen, diese stufenweise einzuführen, entsprechende Datenpfade aufzubauen und die gewonnenen Erkenntnisse wirkungsvoll in Steuerung und Reporting zu verankern.
Weiterführende Links
- Blog: PCAF Part A
- Blog: Freiwilliger VSME-Standard im Kontext von Omnibus – eine sinnvolle Alternative?
- Blog: Die EmpCo-Richtlinie – Wird ihre Bedeutung von Versicherern unterschätzt?
- Blog: Berichtspflichten im Wandel: Wie die EU-Entscheidungen die Effektivität des Risikomanagements im Klimawandel beeinflussen
- Blog: Vom Emissionsausgleich zum Marktmacher: Wie Banken und Versicherungen den Carbon Market prägen
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