Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Von Risikoanalyse bis ganzheitlicher Implementierung – das müssen Unternehmen jetzt beachten

Ab Januar 2023 greift das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Wie Unternehmen sich jetzt vorbereiten, um drastische Folgen zu verhindern.

Bestimmt ohne Kinderarbeit? Produktion ohne Umweltbelastung? Danach fragt ab Januar das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und ahndet Verstöße mit horrenden Summen. Wer zuverlässig nachhaltige Lieferketten gestaltet, kann jedoch Reputation als Wettbewerbsvorteil aus- und aufbauen. Auch mehr Resilienz wird sich so einstellen. Damit das gelingt, sind intern und extern bestimmte Schritte zu gehen.

Rund 80 Prozent des gesamten Welthandels basieren auf globalen Lieferketten. Was wirtschaftlich Vorteile bringt, ist häufig mit Kinder- und Zwangsarbeit, mangelndem Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie umweltbelastenden Praktiken verbunden. Das soll nicht so sein, ist jedoch trotzdem so: Ein Bericht der Bundesregierung vom Herbst 2021 besagt, dass rund 80 Prozent der in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihrer Sorgfaltspflicht hinsichtlich Lieferketten nur unzureichend nachkommen. Um kollektiv etwas gegen die beschriebenen Missstände zu tun, greift ab Januar 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Ab dann sind Unternehmen mit Sitz in Deutschland verpflichtet, Transparenz und Nachhaltigkeit in ihre Lieferketten zu bringen. Andernfalls drohen drastische Konsequenzen.

Lieferketten der Lieferanten ebenfalls relevant

Zunächst gilt das Gesetz für Unternehmen, die mehr als 3.000 Menschen beschäftigen, ein Jahr später auch für Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitenden. Sehr bald werden EU-weite Regelungen für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten folgen, eine entsprechende Richtlinie liegt bereits vor. Schließlich wird fast jedes Unternehmen dazu verpflichtet sein, seine Lieferketten kontinuierlich im Blick zu haben. Lieferkette meint dabei alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens – samt aller Schritte zur Herstellung und Leistungserbringung. Die Unternehmen haben dabei neben den eigenen auch die Abläufe bei direkten Partnern in den Blick zu nehmen, zum Beispiel bei Lieferanten und Logistikdienstleistern.

Hohe Bußgelder und Reputationsverlust

Verstöße haben enorme Folgen. So möchte der Gesetzgeber verhindern, dass Unternehmen lieber zahlen als Maßnahmen zu realisieren. Vorgesehen sind Bußgelder von bis zu 800.000 Euro. Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 400 Mio. Euro müssen Beträge von 2 Prozent ihres globalen Umsatzes fürchten, eine Obergrenze der Zahlungen existiert nicht. Ab einem Bußgeld von 175.000 Euro können Unternehmen zudem bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Zivilrechtliche Verfolgung spielt noch keine Rolle, ist allerdings von der EU bereits gefordert. Noch höher ist das Reputationsrisiko, denn die geforderte Transparenz wird den Verbraucher:innen tiefe Einblicke gewähren – und Verstöße lassen sich in den Sozialen Medien rasant verbreiten. Wer sich jedoch intensiv mit seinen Lieferketten und denen der Geschäfts- und Vertragspartner auseinandersetzt, kann wirtschaftlich punkten, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und die Resilienz des Unternehmens ausbauen.

Neue Strukturen und Verantwortlichkeiten

Januar 2023 ist sehr bald. Darum müssen sich Unternehmen jetzt vorbereiten. Zu Beginn empfiehlt sich eine Lückenanalyse, um Defizite zwischen den gesetzlichen Anforderungen und der gelebten Praxis zu identifizieren. Bei Hinweisen auf Risiken müssen diese dokumentiert, priorisiert und über sogenannte Präventions- und Abhilfemaßnahmen angegangen werden. Anschließend sind die Anforderungen in langfristig feste Strukturen zu überführen. Das erfordert neue Prozesse und Technologien, auch Verantwortlichkeiten werden sich ändern. War das Thema Menschenrechte bislang im Bereich Personal oder Compliance angesiedelt, sind in Zukunft zusätzlich Einkauf, Logistik und Vertrieb betroffen.

Technische Kompatibilität erforderlich

Bei der technischen Bewältigung zeichnen sich mehrere Herausforderungen ab: Ein digitales Tool muss einen Risiko-Funnel abbilden, mit dem sich Lieferanten entlang aller Lieferketten nach den schwerwiegendsten inhärenten und konkreten Risiken bewerten lassen. So ein Tool muss kompatibel mit bestehenden Lieferantenkollaborationssystemen sein. Unternehmen haben außerdem alle internen und externen Informationen miteinander zu verknüpfen und zu bewerten. Aus dieser Datenfülle sind schließlich die relevanten Informationen zu extrahieren und in eine konsistente, handhabbare, logische Bewertungsstruktur zu überführen. Eine menschen- oder umweltrechtliche Bewertung kann dabei nicht durch eine stabile finanzielle Situation kompensiert werden. Ein Low Score bei Kinderarbeit lässt sich beispielsweise nicht durch einen High Score bei Koalitionsfreiheit ausgleichen. Das bedeutet: Weg von der klassischen Balanced Scorecard, hin zu einer neuen Bewertungsmethodik, die vorhandene Dimensionen in die richtige Reihenfolge bringt.

Reaktion bei Verstößen vorbereiten

Werden Verstöße in der Wertschöpfungskette bekannt gilt umgehend zu prüfen, ob Abhilfemaßnahmen für solche Szenarien existieren und man eventuell auf einen Standardprozess ausweichen kann. Andernfalls müssen neue Maßnahmen oder Regeln her, um die Herausforderung so schnell wie möglich zu lösen. Solche Regelwerke müssen für alle Beteiligten transparent sein und klar vorgeben, was bei welcher Eskalationsstufe zu unternehmen ist. Entscheidend ist, dass Unternehmen durch Medienanalysen, makroökonomische Informationen oder Audits Risikovorfälle bestenfalls vermeiden.

Wir machen Sie fit für das LkSG!

Unser PwC-Whitepaper zum LkSG skizziert fünf Projektphasen für die Vorbereitung auf das LkSG. Mit unserer Workshop-Reihe und der damit verbundenen Community unterstützen wir Sie dabei, alle Sorgfaltspflichten des Gesetzes zu berücksichtigen.

Out now – das aktuelle BAFA-Schreiben

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat am 17. August 2022 die Handreichung zur Durchführung der nach dem LkSG erforderlichen Risikoanalyse vorgelegt.

Mehr zum Thema Sustainable Supply Chain und dem LkSG finden Sie außerdem auf unserer Webseite.

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