Referentenentwurf zur deutschen Umsetzung der CSRD veröffentlicht

Erster Überblick zu den Kernpunkten des Referentenentwurfs auf Basis einer vorläufigen Analyse (Änderungen vorbehalten). 

Das Bundesministerium der Justiz hat am Freitag, den 22. März 2024 seinen Entwurf dazu veröffentlicht, wie die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung aussehen soll. Den Referentenentwurf finden Sie hier. Nachfolgend gebe ich einen ersten Überblick zu den Kernpunkten des Referentenentwurfs auf Basis einer vorläufigen Analyse (Änderungen vorbehalten). 

Zum Hintergrund: Die im EU-Amtsblatt veröffentlichte CSR-Richtlinie (EU) 2022/2464 (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union ist bereits am 5. Januar 2023 in Kraft getreten. Jeder EU-Mitgliedstaat muss die CSRD innerhalb von 18 Monaten, d.h. bis zum 6. Juli 2024, in nationales Recht umsetzen, damit diese im betreffenden EU-Mitgliedstaat Rechtskraft entfaltet. Die CSRD legt das Minimum fest, über das der jeweilige nationale Gesetzgeber hinausgehen kann, und enthält aber auch Wahlrechte. Der am 22. März 2024 veröffentlichte Referentenentwurf für das CSRD-Umsetzungsgesetz (CSRD-UmsG) konkretisiert, wie der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung, unter anderem in Bezug auf den Anwendungsbereich, den Inhalt und die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, vorsieht. Derzeit scheint im Wesentlichen eine eins-zu-eins Umsetzung der CSRD geplant.

Die bisherigen Regelungen zur nicht-finanziellen Berichterstattung, die auf die Non-Financial Reporting Directive (NFRD, 2014/95/EU) zurückgehen, sind ebenfalls im HGB enthalten und werden durch das geplante CSRD-UmsG ersetzt. 

Erstanwendung und Anwendungsbereich

Mit dem geplanten CSRD-UmsG erfolgt die Ausweitung des Anwendungsbereichs - wie von der CSRD vorgesehen - zeitlich gestaffelt. Konkret sind u.a. folgende Änderungen des Einführungsgesetzes zum HGB (EGHGB) vorgesehen:

  • Die Pflicht zur Aufstellung eines Nachhaltigkeitsberichts für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, soll für große kapitalmarktorientierte (Mutter-)Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmer:innen im Jahresdurchschnitt, sowie für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen gelten. Diese Anwendergruppe ist auch bisher schon aufgrund der Regelungen der NFRD zur nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet. Für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen wird durch den Referentenentwurf jedoch für die Würdigung der Größenkriterien des § 267 HGB eine Definition der Umsatzerlöse in die bestehenden §§ 340a bzw. 341a HGB aufgenommen. 

Nach dem derzeitigen Wortlaut des Referentenentwurfs ist davon auszugehen, dass das Kriterium von mehr als 500 Arbeitnehmer:innen im Jahresdurchschnitt bereits im Jahr des Überschreitens (i.d.R. das Geschäftsjahr 2024) dazu führt, dass eine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung besteht. Ein expliziter Verweis auf das Erfüllen des Kriteriums in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren, so wie in § 267 HGB mit der Umschreibung der Größenkriterien, fehlt aktuell an dieser Stelle im EGHGB-E für die Erstanwendungsregelungen. 

  • Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2024 beginnen, kommen als Erstanwender alle großen Unternehmen und Mutterunternehmen bilanzrechtlich großer Gruppen – unabhängig von ihrer Kapitalmarktorientierung – hinzu. Für die bilanzrechtliche Bezeichnung “groß” sind die in § 267 HGB genannten Schwellenwerte entscheidend (mein Kollege berichtete über die inflationsbedingte Anhebung in seinem Blogbeitrag am letzten Freitag, 22. März). Demnach handelt es sich zukünftig (in der Regel) dann um ein großes Unternehmen bzw. Mutterunternehmen einer großen Gruppe, wenn zwei der drei Kriterien an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen überschritten werden: mehr als i) € 25 Mio. Bilanzsumme, ii) € 50 Mio. Umsatzerlöse, sowie iii) im Jahresdurchschnitt mehr als 250 Arbeitnehmer:innen.  
  • Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2025 beginnen, werden planmäßig auch kleine und mittelgroße Unternehmen (KMUs) berichtspflichtig, sofern diese kapitalmarktorientiert im Sinne des §264d HGB sind. Neben den KMUs werden ab diesem Zeitpunkt auch bestimmte kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute sowie sog. Versicherungs-Captives in die Berichtspflicht einbezogen. Zur Erleichterung können KMUs ihre Erstanwendung jedoch auf Geschäftsjahre verschieben, die nach dem 31.12.2027 beginnen, und den Umfang ihres Nachhaltigkeitsberichts einschränken. Die erforderlichen Angaben dafür werden in §289d HGB-E beschrieben. 
  • Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2027 beginnen, besteht dann erstmals für deutsche Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen von Konzernen, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. 

Unternehmen im Anwendungsbereich des Publizitätsgesetz (PublG) sind entsprechend den Regelungen des Referentenentwurfs wohl nicht dazu verpflichtet, ihren Lagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht gemäß § 289b HGB-E zu erweitern. 

Wie die CSRD sieht auch der Referentenentwurf zum CSRD-UmsG bestimmte Befreiungsmöglichkeiten von der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts vor, z.B. für nicht-kapitalmarktorientierte Tochterunternehmen, die in eine übergeordnete Konzernnachhaltigkeitsberichterstattung einbezogen sind. 

Inhalt und Format 

In der geänderten Fassung des HGB soll die Bezeichnung “Nachhaltigkeitsbericht” an die Stelle des Begriffs der "nichtfinanziellen Erklärung" treten (vgl. §§289b ff. HGB-E bzw. §§3515b ff. HGB-E). Dies soll verdeutlichen, dass nachhaltigkeitsbezogene Informationen grundsätzlich nicht weniger relevant als finanzielle Informationen für die Adressaten der Unternehmensberichterstattung sind, z.B. bei Investitionsentscheidungen. Zukünftig ist der Nachhaltigkeitsbericht ein integraler Bestandteil des Lageberichts (§ 289b Abs. 1 HGB-E). 

Im Hinblick auf die Struktur, den Inhalt und die Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung orientiert sich der Referentenentwurf ebenfalls sehr nah an der CSRD. Die geänderten Fassung des HGB verankert somit u.a. das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit (§289c HGB-E) (lesen Sie darüber mehr im Blogbeitrag meiner Kollegin) und schreibt die Berichterstattung gemäß europäischer Standards (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) vor. Über die Veröffentlichung der ESRS habe ich in meinem Blogbeitrag vom 22. Dezember 2023 berichtet. Zudem ist für den Nachhaltigkeitsbericht das einheitliche elektronische Berichtsformat (European Single Electronic Format, ESEF) zu verwenden.  

Verknüpfung zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz 

Unternehmen und Konzerne, die zukünftig einen Nachhaltigkeitsbericht nach §289b HGB-E - freiwillig oder verpflichtend - aufstellen, sollen an anderer Stelle entlastet werden. Konkret sieht der Referentenentwurf vor, diese von der zusätzlichen Berichtspflicht nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zu befreien (§ 10 LkSG-E), um dadurch eine doppelte Berichterstattung zu vermeiden.  

Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts

Mit der Umsetzung der CSRD wird auch eine Pflicht zur inhaltlichen Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts eingeführt, die übergangsweise - bis die EU-Kommission Prüfungsstandards bzgl. einer Prüfung mit hinreichender Sicherheit veröffentlicht hat - mit begrenzter Prüfungssicherheit und in Form eines separaten Prüfungsvermerks (einschließlich separaten Prüfungsberichts) erfolgen soll (§ 324i HGB-E). Eine aktuell viel diskutierte Frage lautet deshalb, wer den Nachhaltigkeitsbericht prüfen darf. 

Der europäische Gesetzgeber hat den EU-Mitgliedsstaaten zumindest vorläufig ein Wahlrecht darüber eingeräumt, ob die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts durch einen anderen unabhängigen Dritten als den gesetzlichen Abschlussprüfer des Jahres- bzw. Konzernabschlusses erfolgen kann (z.B. durch einen externen Erbringer von Bestätigungsleistungen). Nach dem veröffentlichten Referentenentwurf plant der deutsche Gesetzgeber offensichtlich nicht, von diesem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Der Referentenentwurf spezifiziert, dass die Prüfung durch eine:n Wirtschaftsprüfer:in oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erfolgen soll, wobei der Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts nicht zwingend der Abschlussprüfer sein muss (vgl. §324e Abs. 2 HGB-E). Gleichzeitig enthält der Referentenentwurf wichtige Änderungen in der Wirtschaftsprüferordnung, um die qualitativ hochwertige Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten zu gewährleisten. 

Stellungnahmen zum aktuellen Referentenentwurf werden bis zum 19. April 2024 entgegengenommen. Daher sind noch einige Änderungen an dem am Freitag veröffentlichten Referentenentwurf möglich. Über die weiteren Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung halte ich Sie wie gewohnt auf dem Laufenden.

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Peter Flick

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Frankfurt am Main

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