BVerwG bestätigt VG Stuttgart: Grundversorger bestimmt sich nach dem einzelnen Konzessionsgebiet
Das VG hatte ob der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und der fehlenden ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl die Berufung als auch die Sprungrevision zugelassen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 26. Oktober (Az. 8 C 2.21) die Entscheidung des VG Stuttgart vom 20. Oktober 2020 (Az. 18 K 1797/19 – wir berichteten) bestätigt. Dieses hatte entschieden, dass bei der Frage, auf welches Gebiet es bei der Zählung der Haushaltskunden bei der Feststellung des Grundversorgers nach § 36 Abs. 2 EnWG ankommt, das einzelne Konzessionsgebiet ausschlaggebend sei.
Die Klägerin, die ein zusammenhängendes Netz in einer Gemeinde auf der Grundlage von drei Konzessionsvertragen, die jeweils Teilgebiete dieser Gemeinde umfassten, betreibt, hatte bei der ihr obliegenden Feststellung des Grundversorgers nach § 36 Abs.2 Satz 2 EnWG die Haushaltskunden in allen Teilgebieten der Gemeinde aufaddiert und einen Grundversorger für das gesamte Gemeindegebiet benannt und gegenüber dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg als zuständiger Landesbehörde mitgeteilt. Nachdem ein Versorgungsunternehmen, dass in einem Teilgebiet für sich genommen die meisten Haushaltskunden versorgt hatte, hiergegen gegenüber dem Ministerium Einwände erhob, hob dieses nach Anhörung die Feststellung des Netzbetreibers auf und stellte durch Bescheid die Grundversorger für jedes Konzessionsgebiet in der betroffenen Gemeinde im Einzelnen fest.
Die hiergegen gerichtete Klage hattet das VG zurückgewiesen. Zwar sei § 36 Abs. 2 EnWG hinsichtlich des Netzgebiets, in dem jeweils gezählt werden müsse auslegungsbedürftig. Nach Ansicht des VG könne aber weder auf das gesamte Netzgebiet eines Netzbetreibers, das durchaus auch Landesgrenzen überschreiten könne, noch auf das jeweilige Gemeindegebiet, für das es im Einzelfall auch mehrere unterschiedliche Netzbetreiber bei mehreren Konzessionen geben könne, abgestellt werden. Der Wortlaut spreche vielmehr im Zusammenhang mit den §§ 3 Nr. 29c, 18 Abs. 1, 46 Abs. 2 EnWG für eine Übereinstimmung des Grundversorgungsgebiets mit dem Konzessionsgebiet.
Das VG hatte ob der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und der fehlenden ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl die Berufung als auch die Sprungrevision zugelassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die verwaltungsgerichtliche Auslegung des Begriffs des Netzgebiets der allgemeinen Versorgung nunmehr bestätigt. Dem Willen des Gesetzgebers zufolge sei der Grundversorger nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Sie ergäben sich im Hinblick auf die räumliche Abgrenzung aus der Systematik des Energiewirtschaftsgesetzes, das namentlich in seinen § 3 Nr. 29c und § 46 Abs. 2 Satz 1 eine Verknüpfung zwischen den Netzgebieten der allgemeinen Versorgung und den Konzessionsgebieten innerhalb einer Gemeinde herstelle.
Die nunmehr höchstrichterlich bestätigte Definition ist bisher bei der Feststellung des Grundversorgers nicht in allen Netzgebieten gängige Praxis und könnte daher einigen Netzbetreibern noch erheblichen Aufwand verursachen, insbesondere Regionalnetzbetreibern, die nunmehr für jedes Konzessionsgebiet einzeln einen Grundversorger ausweisen müssen. Eine Anschlussfrage, die sich hier stellt, ist die, ob Grundversorger in der Folge dann auch nicht zuständig für ein einheitliches Grundversorgungsgebiet, sondern eine Vielzahl von Grundversorgungsgebieten – abhängig von der Anzahl der versorgten Konzessionsgebiete – sind, für die sie ggf. separate Allgemeine Preis festlegen können (oder vielleicht sogar müssten?).
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Peter Mussaeus
Partner, Leiter Energierecht
Düsseldorf