Wasserstoffnetzentgeltverordnung beschlossen
Die neue Wasserstoffnetzentgeltverordnung („WasserstoffNEV“) regelt die Grundsätze der Netzkostenermittlung für die Betreiber von Wasserstoffnetzen ähnlich wie die Strom-/Gasnetzentgeltverordnung für die Betreiber von Strom- und Gasnetzen.
Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen. Die neue Wasserstoffnetzentgeltverordnung („WasserstoffNEV“) regelt die Grundsätze der Netzkostenermittlung für die Betreiber von Wasserstoffnetzen ähnlich wie die Strom-/Gasnetzentgeltverordnung für die Betreiber von Strom- und Gasnetzen. Nachfolgend möchten wir Sie über die Neuerungen und die Unterschiede zur Regulierung von Strom- und Gasnetzen informieren.
Mit der WasserstoffNEV werden erstmalig bundesweite Grundsätze zur Entgeltermittlung für die Betreiber von Wasserstoffnetzen festgelegt. Der WasserstoffNEV kommt dabei allerdings nur eine vorübergehende Regelungswirkung zu. Sie stellt eine Übergangs- bzw. Zwischenlösung dar, bis es gesamteuropäische Vorgaben zur Regulierung von Wasserstoffnetzen gibt.
Regulierung „light“
Wasserstoffnetze unterliegen keiner generellen Entgeltregulierung. Stattdessen können die Betreiber von Wasserstoffnetzen gemäß § 28j Abs. 3 EnWG gegenüber der Bundesnetzagentur erklären, dass ihre Netze einer Regulierung unterfallen sollen („Opt-in“). Die neue WasserstoffNEV findet nur für Betreiber von Wasserstoffnetzen Anwendung, sofern sie sich dieser freiwilligen Regulierung unterworfen haben. Für Wasserstoffnetze findet – anders als für Gasnetze – die Anreizregulierung aber keine Anwendung.
Während bei Strom- und Gasnetzen Obergrenzen für die Netzentgelte gebildet werden (Erlösobergrenzen), schreibt § 2 Abs. 1 WasserstoffNEV den Betreibern von Wasserstoffnetzen vielmehr zunächst eine Untergrenze vor. Der Wasserstoffnetzbetreiber muss mindestens den Betrag vereinnahmen, der zur Deckung der Netzkosten erforderlich ist. Dies entspricht faktisch einem Quersubventionierungsverbot, so dass Wasserstoffnetze nicht durch die Gasnetze mitfinanziert werden. Nach oben hin sind die Wasserstoffnetzentgelte auf die Höhe der ermittelten Netzkosten gedeckelt.
Im Gegensatz zu Strom- und Gasnetzen können Wasserstoffnetzbetreiber auch Teilnetze bilden und für jedes Teilnetz unterschiedliche Netzkosten und Entgelte ermitteln. Der Grundsatz „ein Netz, ein Entgelt“ gilt hier daher nicht.
Ermittlung der Netzkosten
Die Netzkosten im Bereich Wasserstoff werden analog zum Gassektor aus der Summe der aufwandsgleichen Kosten, der kalkulatorischen Abschreibungen, der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung und der kalkulatorischen Steuern abzüglich kostenmindernder Erlöse und Erträge gebildet.
Die Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung erfolgt analog zur Berechnung im Gasbereich unter Bestimmung des betriebsnotwendigen Vermögens abzüglich des Abzugskapitals. Als Abzugskapital zählen hierbei auch erhaltene Zuschüsse oder Fördermittel für den Aufbau der Wasserstoffversorgung. Die Eigenkapitalquote ist auch im Bereich Wasserstoff auf 40 % des betriebsnotwendigen Vermögens gedeckelt. Für diesen Anteil wird den Wasserstoffnetzbetreibern ein Zinssatz von 9 % für Neuanlagen und 7,73 % für Altanlagen garantiert. Diese Zinssätze gelten – vorbehaltlich einer europäischen Wasserstoffregulierung – bis zum 31. Dezember 2027. Diese Zinssätze erscheinen vor dem Hintergrund der geplanten Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die Betreiber von Strom- und Gasnetzen in der vierten Regulierungsperiode der Anreizregulierung auf den ersten Blick ungewöhnlich hoch. Für Neuanlagen ist dort derzeit ein Zinssatz von bis zu 5,07 % im Gespräch. Für den Wasserstoffbereich gleicht der im Vergleich hohe Zinssatz richtigerweise die deutlich erhöhten Risiken bei der Kapitalbeschaffung oder möglicherweise geringer Netz-nutzung des sich noch im Aufbau befindlichen Wasserstoffmarkts aus. Ab dem Jahr 2028 soll schließlich die Bundesnetzagentur den Eigenkapitalzinssatz ermitteln.
Plan-Ist-Kosten-Abgleich
Die Kalkulationsperioden, für die die Netzkosten und Entgelte ermittelt werden, dauern im Wasserstoffsektor jeweils ein volles Kalenderjahr im Vergleich zu den fünfjährigen Regulierungsperioden in der Anreizregulierung von Strom- und Gasnetzen. Bis zum 30. September eines Jahres sind die tatsächlichen Netzkosten der vorherigen Kalkulationsperiode zu ermitteln und von der Bundesnetzagentur genehmigen zu lassen.
Hat die Bundesnetzagentur eine Genehmigung nicht binnen drei Monaten erteilt, wird die Genehmigung gesetzlich fingiert und die kalkulierten Netzkosten gelten damit als genehmigt und sind so Grundlage der Entgeltbildung. Dies ist ein weiterer Unterschied zur Anreizregulierung, bei der behördliche Untätigkeit bislang nicht sanktioniert wird. In Summe betrachtet ist die Regulierung von Wasserstoffnetzen eine Kombination aus Regulierung im Vorhinein („ex ante“) sowie Regulierung im Nachhinein („ex post“), wohingegen die Regulierung von Strom- und Gasnetzen eine reine Ex-Ante-Regulierung darstellt.
Mit der freiwilligen Regulierung, für die die neue WasserstoffNEV Anwendung findet, hatte der Gesetzgeber intendiert, einen für die potentiellen Netzkunden planungssicheren Rechtsrahmen zu schaffen, so dass sich die Netzbetreiber der freiwilligen Regulierung bereits aus Eigeninteresse unterwerfen sollen. Abzuwarten bleibt, ob dieser Plan tatsächlich aufgeht. Die nicht zu verkennenden Ähnlichkeiten zur Regulierung von Gasnetzen könnte dies für viele Verteilnetzbetreiber durchaus zu einem interessanten neuen Geschäftsfeld machen. Wie auch in der Anreizregulierung weist die WasserstoffNEV jedoch zahlreiche Lücken auf, deren Schließung womöglich Aufgabe der Gerichte sein wird.
Kontakt

Folker Trepte
Partner, Leiter Energiewirtschaft
München

Peter Mussaeus
Partner, Leiter Energierecht
Düsseldorf