Die geplante Novellierung der Grund- und Ersatzversorgung: Verbot oder Genehmigung des Preissplittings?

Der Gesetzgeber greift die Diskussion um die Zulässigkeit des Preissplittings bei der geplanten Neugestaltung des Preisregimes und weiterer Regelungen der Grund- und Ersatzversorgung im aktuellen Referentenentwurf auf.

Nachdem in den vergangenen Monaten einige Energielieferanten ihren Kunden gekündigt hatten, weil sie aufgrund der hohen Energiepreise auf den Großhandelsmärkten die Energieversorgung nicht mehr aufrechterhalten konnten, gab es Diskussionen um das sog. Preissplitting. Dabei bezahlen Altkunden einen geringeren Tarif als Neukunden ab einem bestimmten Stichtag. Das Thema war bereits Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren, die jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen führten, sodass je nach Gericht die Praxis mal für zulässig (OLG Köln, Beschl. v. 02.03.2022, Az. 6 W 10/22) oder für unzulässig (LG Hannover, Urt. v. 03.03.2022, Az. 25 O 6/22) erachtet wurde. Das BMWK hat nun in einem Referentenentwurf (RefE) die Thematik aufgegriffen, um zukünftig für mehr Rechtssicherheit zu sorgen:

Dabei erfahren die grundlegenden Regeln für die Grund- und Ersatzverordnung (§§ 36, 38 EnWG) wesentliche Veränderungen. Wird einem Haushaltskunden durch den bisherigen Lieferanten gekündigt oder endet sein Liefervertrag auf andere Weise, fällt er zukünftig ausschließlich in das gesetzliche Schuldverhältnis der Ersatzversorgung. Erst nach drei Monaten soll er einen Anspruch auf Abschluss eines Grundversorgungsvertrages erhalten. Möchte der Haushaltskunde einen anderen Liefervertrag als den Grundversorgungsvertrag abschließen, kann er dies weiterhin jederzeit tun. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung den Fall aufnehmen, dass die Entnahmestelle eines Haushaltskunden nach Kündigung des Netznutzungsvertrags oder Bilanzkreisvertrages keinem Lieferverhältnis zugeordnet werden kann. Er geht außerdem davon aus, dass die meisten Haushaltskunden, die bislang nicht regulär in der Grundversorgung beliefert wurden, diese auch weiterhin nur als Zwischenlösung erachten. Die Ersatzversorgung sei als solche besser geeignet als der Grundversorgungsvertrag. Durch die dreimonatige Frist könne nicht konkludent aufgrund des bloßen Energiebezugs des Haushaltskunden geschlossen werden, dass er einen Grundversorgungsvertrag abschließen wolle. Natürlich könne aber auch vor Ablauf der drei Monatsfrist ein Grundversorgungsverhältnis zustande kommen, wenn beide Parteien dem ausdrücklich zustimmen.

Die Unterscheidung bei den Allgemeinen Bedingungen und Preisen nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Grundversorgungsvertrages soll verboten werden. Allerdings sollen Grundversorger anders als bisher in der Ersatzversorgung auch für Haushaltskunden einen anderen Preis verlangen können als in der Grundversorgung, um gestiegene Vertriebs- und Beschaffungskosten zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Instabilität des Strommarktes in den letzten Monaten soll so dem Problem der Grundversorger begegnet werden, kurzfristig unvorhersehbare Mengen an zusätzlicher Energie beschaffen zu müssen, weil einige Energielieferanten die Versorgung eingestellt hatten. Demnach dürfen die Allgemeinen Preise der Ersatzversorgung nun die Preise der Grundversorgung unter den folgenden Voraussetzungen übersteigen. Systematisch bedeutet dies eine preisliche Entkopplung der Grund- und Ersatzversorgung, die im Detail folgendermaßen ausgestaltet werden soll:

Für erhöhte Vertriebskosten und abweichende Beschaffungskostenanteile darf der Grundversorger im Rahmen der Ersatzversorgung künftig einen Aufschlag verlangen, den er aber. gesondert ausweisen muss. Der Versorgeranteil wird nun als den auf die Energiebelieferung entfallenden Preisanteil definiert, der sich rechnerisch nach Abzug der Umsatzsteuer und der Belastungen nach § 40 Abs. 3 EnWG ergibt. Damit umfasst der Versorgeranteil die Beschaffungs- und Betriebskosten. Die Beschaffungskosten der Ersatzversorgung dürfen beim Versorgeranteil allerdings kalkulatorisch nicht höher angesetzt werden, als sich die Beschaffungskosten für den Grundversorger im Fall einer kurzfristigen Beschaffung der erforderlichen Energiemengen über entsprechende Börsenprodukte ergeben würden. Dem Grundversorger steht es weiterhin frei, andere Beschaffungsoptionen zu wählen. Die Orientierung an den kurzfristigen Börsenprodukten, die auf den Monat bezogen kalkulierbar sind, wurde aufgrund der Vorhersehbarkeit und Transparenz gewählt.

Der Grundversorger kann die Allgemeinen Preise der Ersatzversorgung jeweils zum ersten Tag eines Kalendermonats neu ermitteln und anpassen, ohne eine Frist einhalten zu müssen. Für eine wirksame Änderung ist jedoch die Veröffentlichung auf der Internetseite erforderlich unter Ausweisung des Versorgeranteils, der Aufschlag für erhöhte Vertriebskosten sowie deren Änderung.

Zudem sollen Energielieferanten zukünftig die Beendigung ihrer Tätigkeit drei Monate im Voraus der Bundesnetzagentur (BNetzA) anzeigen sowie ihre Kunden bzw. Netzbetreiber informieren. Die BNetzA wiederum soll die Lieferanten veröffentlichen, die ihre Lieferbeendigung bei ihr angezeigt haben.

Schließlich wird das Regime der Grund- und Ersatzversorgung dem Kartellrecht unterstellt. Die Kartellbehörden können also zum Beispiel ein Preismissbrauchsverfahren veranlassen.

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