KI und digitale Zwillinge in der Energiewirtschaft - Teil 1
Warum sind diese Technologien in aller Munde und so zukunftsweisend, vor allem auch für die Energiewirtschaft und die Energiewende?
Die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI) und digitalen Zwillingen als wegweisende transformative und disruptive Technologien für die kommenden Jahrzehnte ist längst klar, und das nicht erst seit dem Boom von ChatGPT. Der Energiesektor kann jetzt die Chance ergreifen und KI als technologisches Werkzeug begreifen, das viele seiner dringendsten Herausforderungen zu lösen oder zumindest zu lindern imstande ist. Doch warum sind diese Technologien in aller Munde und so zukunftsweisend, vor allem auch für die Energiewirtschaft und die Energiewende?
Mit exponentiellem Wachstum verändern die KI-Technologien die Wirtschaft und damit auch die Art und Weise, wie wir arbeiten. Die Versprechungen sind verblüffend: höhere Produktivität, niedrigere Kosten, besseres Wissensmanagement, Unabhängigkeit von spezifisch ausgebildetem Personal, bessere Arbeitsbedingungen, geringere Risiken und ein neues Maß an Automatisierung. Digitale Zwillinge hingegen verwenden Unternehmensdaten für eine virtuelle Modellierung von Produkten, Prozessen und anderen Einheiten, um ein höheres Maß an Effizienz zu erreichen und schneller fundierte Entscheidungen treffen zu können. Darüber hinaus bilden digitale Zwillinge die Grundlage für die Integration vielversprechender KI-Lösungen.
Welche Vorteile versprechen digitale Zwillinge und KI in der Energiewirtschaft?
KI und digitale Zwillinge können eine entscheidende Rolle bei der anstehenden Transformation spielen. Sie bieten die Möglichkeit, die Energieerzeugung zu optimieren, weitere Effizienzen zu heben, erneuerbare Energiequellen zu integrieren und die Umweltbeeinträchtigungen durch die verbleibenden konventionellen Anlagen zu verringern. Durch verbesserte Effizienz, Einblicke in vorhandene und neue Daten sowie die Fähigkeit, mit einem komplexen, dezentralen Energiesystem umzugehen, bietet Künstliche Intelligenz viele Fähigkeiten, die jetzt gefragt sind, um unsere Wirtschaft nachhaltig zu stützen. Digitale Zwillinge liefern Unternehmen direkt wichtige Einblicke in bestehende Daten und verbessern so die Planung und Überwachung des Betriebs. Sie bieten beispielsweise eine virtuelle Darstellung physischer Anlagen, wie Kraftwerke, Windparks und Übertragungssysteme. Zudem liefern sie den KI-Systemen eine strukturierte Datenbasis, um effektive Ergebnisse zu generieren. Diese Vorteile bieten die beiden Technologien konkret:
Management der Komplexität
Das Energiesystem wird durch die Integration von erneuerbaren Energiequellen, veralteter oder begrenzter Netzinfrastruktur, Speichersystemen und Elektrofahrzeugen immer komplexer. Die Bewältigung dieser Komplexität erfordert mittlerweile Technologien wie KI und digitale Zwillinge. Mit ihnen haben Energieversorgungsunternehmen einen besseren Überblick über die notwendigen Daten, können Betriebsabläufe und -prozesse optimieren, die Netzstabilität gewährleisten und durch die Technologien als Basis ein effektives Energiemanagement ermöglichen.
Effizienzsteigerung und Kostensenkung
Eine effiziente Integration von digitalen Zwillingen und KI-Systemen führt hingegen sowohl für Energieversorger als auch für Verbraucher zu erheblichen finanziellen Vorteilen: Durch die Optimierung von Energieerzeugung, -übertragung und -verbrauch kann die Effizienz von Energiesystemen gesteigert werden, indem bspw. Verschwendungen reduziert, Ausfallzeiten minimiert und Wartungsprozesse verbessert werden.
Datennutzung
Informationen sind heutzutage so kostbar wie nie zuvor und Daten spielen auch in der Energiewirtschaft eine zunehmend wichtige Rolle. Digitale Zwillinge machen diese für Nutzer greifbar und überführen Werte aus einer Datenbank in nützliche und anschauliche Informationen. Künstliche Intelligenz kann für digitale Zwillinge und die dazugehörigen Daten die nächste Entwicklungsstufe darstellen: Indem sie Muster analysiert, Anomalien erkennt, Erkenntnisse für eine bessere Entscheidungsfindung gewinnt, und sie kann perspektivisch direkt, aus den in Echtzeit erfassten Daten der digitalen Zwillinge, die automatisierte Steuerung in der (physischen) Realität übernehmen. Unternehmen, die ihre KI-Transformation erfolgreich gestalten, können ihre Fähigkeiten zur Datenanalyse ausweiten, die steigende Anzahl verfügbarer Daten vollumfassend nutzen, und ihre Bemühungen in einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt umsetzen.
Gestaltung innovativer Produkte
Wir leben in einer zunehmend digitalisierten Welt, in der Endverbraucher hohe Ansprüche an Produkte stellen. Unternehmen, die sich KI-Technologien zu eigen machen, können sich durch innovative Lösungen, optimierte Dienstleistungen und verbesserte Kundenerfahrungen von der Konkurrenz abheben. Die Verbreitung von Smart Meters beispielsweise geht Hand in Hand mit wachsenden Möglichkeiten, KI-basierte Analyse-Lösungen für Endkunden zu schaffen, die ihnen helfen, ihren eigenen Energieverbrauch besser zu verwalten und vorauszusehen.
Was sind die Herausforderungen für die KI-Transformation, insbesondere im Energiesektor?
Trotz des offenkundigen Potenzials und der vermehrten Umsetzung von Daten- und KI-Projekten im Energiesektor bleiben einige Chancen wie beispielsweise die automatisierte Steuerung von (Orts-)Netzen, Kraftwerken und Speichern im Zusammenspiel mit signifikanten Verbrauchern derzeit weitestgehend ungenutzt. Gerade vor dem Hintergrund der Dezentralität des Ausbaus von Erzeugungs- und Speichertechnologien könnten KI-Technologien eine noch größere Rolle spielen. Dies liegt an drei Kernherausforderungen, die es für eine erfolgreiche Transformation intelligent zu meistern gilt:
Hohe Investitionskosten
Die Implementierung von digitalen Zwillingen und KI-Technologien im Energiesektor kann mit erheblichen Investitionskosten verbunden sein. Unter anderem sind eine gute technische Infrastruktur, Datenerfassungssysteme und Rechenressourcen erforderlich, um Anwendungsfälle überhaupt angehen zu können. Damit die erforderliche Rendite erzielt wird, müssen unter Beachtung von Restriktionen, wie der Verfügbarkeit einschlägiger IT-Fachkräfte oder umfangreicher Regulierung, die attraktivsten Anwendungsfälle gefunden werden.
Fachkräftemangel
Die KI-Transformation erfordert qualifizierte Arbeitskräfte, die sich mit den Technologien, der Datenanalyse und -visualisierung und dem spezifischen Fachwissen des jeweiligen Anwendungsbereichs auskennen. Daher ist die Überbrückung der aktuellen Qualifikationslücke durch Schulungsprogramme und Bildungsinitiativen, aber auch der Bezug externer Ressourcen zum Wissenstransfer entscheidend.
Regulatorische und politische Rahmenbedingungen
Die Einführung von KI im Energiesektor erfordert die Navigation innerhalb der regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen. Unternehmen müssen sich daher mit Themen wie Datenmanagement, Haftung, Transparenz oder ethischen Überlegungen befassen. Darüber hinaus werden viele kritische KI-Anwendungsfälle im Energiesektor zukünftig durch den umfangreichen EU AI Act reguliert werden, was zusätzliches Fingerspitzengefühl bei der KI-Entwicklung erfordert.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass sich durch die Vielzahl an positiven Effekten von KI und digitalen Zwillingen ein großes Potential für die gesamte Energiewirtschaft ergeben kann. Weiterhin bestehen aber auch große Herausforderungen in Bezug auf den tatsächlichen Einsatz in der Industrie, die es mit Hilfe einer ganzheitlichen Strategie und Governance anzugehen gilt. Im zweiten Teil unserer Blogserie zu KI und digitalen Zwillingen geben wir Ihnen detaillierte Einblicke zu konkreten Anwendungsfällen innerhalb der Energiewirtschaft und skizzieren darüber hinaus einen Lösungsansatz für eben jene Herausforderungen.
Ansprechpartner:
Dr. Janis Kesten-Kühne
Kontakt
Peter Mussaeus
Partner, Leiter Energierecht
Düsseldorf