Finanzielle Beteiligung beim Windanlagenausbau
Seit Ende 2023 ist das BürgerEnergiegesetz (BürgerEnG) in Nordrhein-Westfalen in Kraft, das eine finanzielle Beteiligung von betroffenen Kommunen und natürlichen Personen vorsieht.
Um die Akzeptanz und Teilhabemöglichkeiten in den betroffenen Gemeinden zu erhöhen, gibt es vermehrt Ansätze, Pflichten zur finanziellen Beteiligung der betroffenen Kommunen und Anwohner landesgesetzlich festzuschreiben (vgl. z.B. § 1 BürgEnG NRW). Vorreiter war Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2016. Brandenburg und Nordrhein-Westfalen haben ebenfalls Beteiligungsgesetze verabschiedet; in Niedersachsen, im Saarland, in Sachsen-Anhalt und Thüringen sind entsprechende Gesetze jeweils in Planung. Andere Bundesländer sehen den Bundesgesetzgeber in der Pflicht und befürworten eine einheitliche bundesweite Regelung.
Der Landtag hat am 15.12.2023 den nochmals erheblich veränderten Entwurf vom 12.12.2023 der schwarz-grünen Landesregierung (Drs. 18/7396) verabschiedet; die Verkündung erfolgte am 27.12.2023 im Gesetzesblatt. Somit müssen zukünftig alle nach § 4 Abs. 1 BImSchG genehmigungsbedürftigen Windenergieanlagen in NRW eine finanzielle Beteiligung zur Folge haben. Beteiligungsberechtigt sind natürliche Personen, die ihren Wohnsitz in der betroffenen Gemeinde haben, sowie die Standort-Gemeinde selbst. Nachbargemeinden sind nach den Vorgaben des § 6 Abs. 2 EEG ebenfalls beteiligungsberechtigt. Der Entwurf der Beteiligungsvereinbarung muss innerhalb eines Monats nach der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorliegen; die fertige Vereinbarung muss innerhalb eines Jahres nachgewiesen werden.
Nach § 7 BürgEnG ist der Vorhabenträger verpflichtet, der Standortgemeinde ein Angebot zur finanziellen Beteiligung der beteiligungsberechtigten Personen sowie der beteiligungsberechtigten Gemeinden am Ertrag des Vorhabens zu machen. Mögliche Arten einer Beteiligung sind beispielshaft in § 7 Abs. 3 BürgEnG aufgelistet; denkbar ist danach z.B. eine Beteiligung an der Projektgesellschaft des Vorhabens, der Kauf einer oder mehrerer Windenergieanlagen, eine finanzielle Beteiligung über Anlageprodukte, vergünstigte lokale Stromtarife und Sparprodukte, eine pauschale Zahlung an einen definierten Kreis von Anwohnerinnen und Anwohnern oder Gemeinden, die Finanzierung gemeinnütziger Stiftungen oder Vereine oder die finanzielle, gesellschaftsrechtliche oder anderweitige Beteiligung von Bürgerenergiegesellschaften, Genossenschaften, Gemeinden oder im überwiegenden Eigentum der beteiligungsberechtigten Gemeinden stehenden Unternehmen.
Fehlt eine Beteiligungsvereinbarung, enthält das BürgEnG einen gesetzlich geregelten Ausgleichsanspruch in Höhe von 0,8 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge.
Die beteiligungsberechtigte Gemeinde kann das im Rahmen der Beteiligung erworbene Geld sehr flexibel einsetzen; so ist z.B. ein Einsatz im Energie- und Klimabereich möglich, aber nicht verpflichtend. Ebenfalls denkbar ist es, dass Investitionen in ortsgebundene Infrastruktur oder kommunale Einrichtungen getätigt werden.
Dass eine solche Pflicht rechtens ist, hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Bürger– und Gemeindebeteiligungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern entschieden (Beschluss vom 23. März 2022, 1 BvR 1187/17). Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Pflicht zwar einen Eingriff in die in Art. 12 Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit festgestellt. Allerdings kann dieser Eingriff nach Auffassung des Gerichts durch „Gemeinwohlziele des Klimaschutzes, des Schutzes von Grundrechten vor Beeinträchtigungen durch den Klimawandel und der Sicherung der Stromversorgung“ gerechtfertigt werden.
Die jeweiligen Landesgesetze unterscheiden sich in ihren Pflichten und finanziellen Vorgaben teils erheblich:
Mecklenburg-Vorpommern: Das BüGembeteilG in Mecklenburg-Vorpommern sieht vor, dass Betreiber von Windparks diese nur durch eine eigene Projektgesellschaft betreiben dürfen und Anwohner/Anwohnerinnen sowie standortnahe Gemeinden Gesellschaftsanteile an dieser Gesellschaft erwerben können; der Kaufpreis eines Anteils darf nicht mehr als € 500 kosten. Alternativ können die Anwohner auch Sparprodukte erwerben und die Gemeinde ist durch die Zahlung einer Abgabe am Ertrag der Gesellschaft zu beteiligen.
Zu beachten ist hier, dass auch eine Ausnahme von den vorgeschriebenen Beteiligungsmodellen erlassen werden kann, wenn der Vorhabenträger ein eigenes Konzept vorlegt. In der Praxis ist diese Ausnahmeregelung zum Regelfall geworden, so dass die Kommunen regelmäßig durch Zahlung im Rahmen des § 6 EEG 2023 beteiligt wurden.
Nach § 11 BüGemBeteilG haben die Gemeinden die Mittel aus der Ausgleichsabgabe zur Steigerung der Akzeptanz für Windenergieanlagen bei ihren Einwohnern zu verwenden.
Brandenburg: Jeder Anlagenbetreiber muss anteilig an Gemeinden, die sich in einem Radius von drei Kilometern um die Anlage befinden, eine Sonderabgabe von 10.000 Euro zahlen. Die Gemeinden müssen die dadurch erhaltenen Mittel für Maßnahmen der Akzeptanzsteigerung der Windenergie vor Ort verwenden.
Im Rahmen einer Vereinbarung nach § 6 EEG steht den Anlagenbetreibern frei, entsprechende Verträge anzubieten und den Gemeinden frei, die Vertragsangebote der Anlagenbetreiber anzunehmen. Als betroffen gelten gemäß Abs. 2 S. 2 Gemeinden, deren Gemeindegebiet sich zumindest teilweise innerhalb eines um die Windenergieanlage gelegenen Umkreises von 2.500 Metern um die Turmmitte der Windenergieanlage befindet. Die Höhe des Betrags, den Betreiber von entsprechenden Windenergieanlage den betroffenen Kommunen anbieten können, ist auf insgesamt 0,2 Cent/kWh begrenzt. Die Leistung stellt eine einseitige Zuwendung ohne Gegenleistung dar.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Strukturierung Ihres Projektes, der erforderlichen rechtlichen Bewertung, der Durchführung der notwendigen Kommunikations- und Beteiligungsprozesse sowie bei der Erstellung erforderlicher Unterlagen wie z.B. des Beteiligungskonzeptes.
Ansprechpartner:
Dominik Martel, Rechtsanwalt
Kontakt
Peter Mussaeus
Partner, Leiter Energierecht
Düsseldorf