Proportionalität in den Anforderungen der BaFin an das Risikomanagement – kleine und sehr kleine Kreditinstitute
Die Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin) hat am 26. November 2024 eine Aufsichtsmitteilung zur Proportionalität der Anforderungen an das Risikomanagement für sehr kleine und kleine Kreditinstitute veröffentlicht.
In diesem Blogbeitrag haben wir die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengestellt.
Die BaFin führt mit ihrer Aufsichtsmitteilung eine einheitliche Definition für kleine und sehr kleine Kreditinstitute ein. Die Definition kleiner Institute folgt dabei der Definition für so genannte SNCIs („small and non-complex institution“) gemäß Artikel 4 Abs. 1 Nr. 145 CRR. Hierzu zählen Institute, die neben einigen weiteren Punkten v.a. die Anforderung erfüllen, dass der Gesamtwert ihrer Vermögenswerte bei der Betrachtung eines Vierjahresdurchschnitts maximal € 5,0 Mrd. beträgt. Für die Definition sehr kleiner Institute gilt ein Schwellenwert von € 1,0 Mrd., wobei hier die gleiche Berechnungsmethodik wie in Artikel 4 Abs. 1 Nr. 145 CRR angewendet wird.
Neben den neuen Erleichterungen für kleine und sehr kleine Institute betont die Aufsicht die darüberhinausgehenden Öffnungsklauseln und Erleichterungen für einzelne Institute, die sich bereits unmittelbar durch die MaRisk ergeben, z.B. die Öffnungsklausel für Institute mit maximal drei Geschäftsleitern nach AT 4.4.1 Tz. 4 MaRisk oder die Erleichterungen für Institute mit einem Kreditvolumen nach maximal € 100 Mio. nach BTO 1.1 Tz. 1 MaRisk.
Entsprechend der Aufsichtsmitteilung vom 26. November 2024 können kleine Institute nunmehr folgende, ab sofort geltende Erleichterungen in Anspruch nehmen:
- Eine niedrige Anzahl an schlank ausgestalteten Stresstests ist ausreichend – und diese können teilweise rollierend (d.h. nicht jedes Mal alle) aktualisiert werden.
- Beim Liquiditätsrisiko reicht eine Betrachtung des Stressszenarios mit den regelmäßig größten Auswirkungen.
- Inverse Stresstests, die einmal jährlich durchgeführt werden, können auf qualitative Analysen beschränkt werden – oder unter Umständen ganz entfallen.
- Für Marktschwankungskonzepte kann auf den Einkauf externer Daten verzichtet werden, wenn Institute in regionalen Märkten aktiv sind und durch eigene Transaktionen ausreichend Transparenz über die Entwicklung am Immobilienmarkt haben. In diesem Fall ist eine Überwachung der Preisentwicklung anhand selbst entwickelter Kennzahlen möglich.
- Zukünftig können kleine Institute ein zentrales gruppen- oder verbundinternes Auslagerungsmanagement nutzen; jedoch verbleibt die Verantwortung beim Institut.
- Aktualisierungen von Teilen des Gesamtrisikoberichts mit hoher Stabilität sind nicht mehr vierteljährlich erforderlich.
- Validierungsberichte der zentralen Dienstleister sind ausreichend, erfordern jedoch weiterhin einen institutsspezifischen Repräsentativitätsnachweis.
- Eine zweijährige Überprüfung der Strategie ist ausreichend; auf eine unterjährige Überwachung der Strategie / Kapitalplanung kann verzichtet werden, sofern ein zusätzlicher Kapitalpuffer von min. 2 Prozentpunkten vorgehalten wird.
Für sehr kleine Institute sieht die BaFin darüber hinaus v.a. in Bezug auf Stresstests und die Berechnung der Risikotragfähigkeit weitere Erleichterungen vor:
- Lediglich ein risikoartenübergreifender und ein risikoartenspezifischer Test für jede wesentliche Risikoart sind erforderlich (ggfs. genügen auch Sensitivitätsanalysen).
- Auf Stresstests für operationelle Risiken kann verzichtet werden, wenn adverse Szenarien bereits im Notfallmanagement gemäß AT 7.3 MaRisk berücksichtigt sind.
- Das LSI-Stressszenario kann als adverses Szenario genutzt werden.
- In Bezug auf die Risikotragfähigkeit sind Abzüge vom Risikodeckungspotenzial für schwer schätzbare Risiken (z.B. Puffer für Modellrisiken) möglich.
Darüber hinaus stellt die BaFin fest, dass zur Identifikation von wesentlichen Risken in der Risikoinventur auf einen Schwellenwert von 5% des ökonomischen Risikodeckungspotenzials zurückgegriffen werden kann. Dieser Schwellenwert kann auch für die Würdigung der Wesentlichkeit der aufsummierten Risiken genutzt werden, die einzeln betrachtet als unwesentlich eingestuft werden. Bemerkenswert hierbei ist, dass bei den Formulierungen in der Aufsichtsmitteilung nicht auf kleine oder sehr kleine Institute Bezug genommen wird. Dies scheint darauf hinzudeuten, dass diese Vereinfachung auch bei nicht kleinen Instituten als angemessen erachtet werden kann.
Die durch die BaFin eingeführten Erleichterungen sind somit vor allem vor dem Hintergrund der definierten Schwellenwerte für sehr kleine und kleine Institute zu betrachten. PwC hat in zahlreichen MaRisk-Projekten und Sonderprüfungen wertvolle und umfassende Erfahrungen gesammelt, die verdeutlichen, wie die Proportionalität und die so genannten „MaRisk-Öffnungsklauseln“ in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden können.
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